Vorfreude auf die Champions League: Die Fußballerinnen von Eintracht Frankfurt

Champions League der Frauen Münchener Mission und Frankfurter Traum

Stand: 14.11.2023 21:24 Uhr

Mal nicht der VfL Wolfsburg, sondern Bayern München und Eintracht Frankfurt vertreten den deutschen Frauenfußball in der Champions League. Die Vorfreude ist groß.

Der Begriff fällt immer wieder. "Kindheitstraum" heißt es meist, wenn die Spielerinnen der Eintracht berichten sollen, was es ihnen bedeutet, in der Champions-League-Gruppenphase zu spielen.

Vielleicht hat das an diesem Standort auch seine Berechtigung, denn nirgendwo kann die Historie so glaubhaft bespielt werden. Vor dem Auftaktspiel am Dienstagabend beim schwedischen Vertreter FC Rosengård, der mit einem 2:1-Sieg für die Eintracht endete, musste der Schwenk ja zwangsläufig zum Vorgängerverein 1. FFC Frankfurt gehen.

2015 hat Angela Merkel in Berlin zugeschaut

Denn als vor 22 Jahren der bis heute einzige Europapokalwettbewerb für Frauen aus der Taufe gehoben wurde – damals noch UEFA Women's Cup genannt -, reüssierte gleich der frisch gegründete Frauenfußballverein aus der Mainmetropole. Die Generation um die spätere Weltmeisterin Birgit Prinz holte 2002 gegen den schwedischen Meister Umea IK den ersten internationalen Titel nach Frankfurt. Sechs Jahre später strömte schon eine für damalige Verhältnisse außergewöhnliche Zahl von 27.640 Zuschauern ins alte Waldstadion, wo erneut Umea mit seiner Weltfußballerin Marta im Europapokalfinale unterlag.

Und 2015 saß Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin auf der Tribüne, als Taktikfuchs Colin Bell den Favoriten Paris St. Germain beim vierten FFC-Coup überrumpelte. Frankfurts Manager Siegfried Dietrich mischte in seinen Jubel am Römer bereits die Vorahnung, den letzten Champions-League-Triumph eines reinen Frauenfußballvereins miterlebt zu haben. Der Vordenker dürfte rückblickend Recht haben. Ohne die 2020 vollzogene Fusion mit der Eintracht wäre der Standort vermutlich wie der einstige Erzrivale Potsdam in der Versenkung verschwunden.

Heute sind die großen Marken prägend

Den Wettbewerb prägen die globalen Marken, die dafür einfach ein paar Millionen aus dem Männerfußball abzweigen. Die Benchmark bildet der FC Barcelona mit seinen spanischen Weltmeisterinnen und internationalen Topstars. Den Titelverteidiger empfängt die Eintracht gleich im zweiten Gruppenspiel (22. November).

Die Hoffnung auf eine neue Rekordkulisse ist nicht unberechtigt. Für die Eintracht-Bosse war es selbstverständlich, dass alle Heimspiele in der Arena ausgetragen werden. Warum haben bitte die Frauen im Frühjahr 2022 die Europa-League-Festspiele der Männer in Barcelona und Sevilla vor Ort verfolgen dürfen? Daraus sollte der Ansporn erwachsen, selbst "magische Nächte" zu kreieren.

Große Vorfreude bei Eintracht Frankfurt - trotz kleinem Kader

"Wir freuen uns alle riesig, weil wir jahrelang darauf hingearbeitet haben, in diesem Wettbewerb zu spielen", sagt Laura Freigang, die mit Torhüterin Stina Johannes, Sophia Kleinherne, Sara Doorsoun und Nicole Anyomi zu den aktuellen deutschen Nationalspielerinnen gehört, die im gewachsenen Gerüst der Hessen gesetzt sind. Das Problem der Eintracht: Dem Kader fehlt es für die unerbittliche Terminhatz der kommenden Wochen an Breite.

Frankfurts Technische Direktorin Katharina Kiel übte an anderer Stelle Kritik: "In Sachen Prämien gibt es eindeutig noch Luft nach oben, damit sie die Kosten an der Teilnahme nicht nur decken, sondern den Klubs darüber hinaus auch die Möglichkeit geben, Investitionen vorzunehmen."

Der FC Bayern startet auf dem Campus

Die in der Champions League der Frauen von der UEFA verteilten 24 Millionen Euro an Preisgeldern sind mit den Summen der Männer im selben Wettbewerb (2,002 Milliarden Euro) eben nicht zu vergleichen. In erster Linie auf sportliche Meriten ist der FC Bayern aus, der gegen AS Rom (Mittwoch 18.45 Uhr) beginnt. Danach geht es für den Meister gegen Paris St. Germain (23. November) und Ajax Amsterdam (14. Dezember) weiter. "Es ist die schwierigste Gruppe, daran gibt es keine Zweifel", sagt Bayern-Trainer Alexander Straus. Gleichwohl weiß der Norweger um die interne Vorgabe, mindestens das Viertelfinale zu erreichen.

Jovana Damnjanovic, Ines Belloumou und Giulia Gwinn feiern nach ihrem Sieg

Die Fußballerinnen vom FC Bayern München tragen ihre Spiele auf dem Bayern Campus aus.

Den Auftakt bestreitet der ungeschlagene Tabellenführer erst einmal auf dem Campus, denn jeder Umzug in die Arena will in München wegen der hohen Betriebskosten gut überlegt sein. Münchens sportliche Leiterin Bianca Rech, die den Gewinn der Champions League ein "mittelfristiges Ziel" nennt, meldet Änderungsbedarf am Modus an: "Dass das Format an die positive Entwicklung angepasst werden muss, steht außer Frage. Aus meiner Sicht müsste mehr Mannschaften die direkte Qualifikation in die Gruppenphase ermöglicht werden."

Der Qualifikationsmodus steht zur Debatte

Bisher ist das Prozedere so, dass sich die Vizemeister und Drittplatzierten aus den Topnationen bereits im Vorlauf eliminieren. Aus Italien scheiterte Juventus Turin im Elfmeterschießen an der Eintracht. Aus England hat es nur der FC Chelsea unter die besten 16 geschafft, Manchester United und Arsenal WFC blieben in der Qualifikation und den Playoffs hängen. Dass die am professionellsten vermarktete Liga Europas mit dem lukrativsten Fernsehmarkt nur einen Repräsentanten stellt, kann auch der UEFA nicht gefallen.

Zudem hat es bekanntermaßen mit dem in den Playoffs an Paris FC gescheiterten VfL Wolfsburg auch den erfolgreichsten deutschen Verein des letzten Jahrzehnts erwischt. VfL-Direktor Ralf Kellermann merkte im Fachmagazin "Kicker" an, dass zwar die Zahl der Vereine, "die Frauenfußball jetzt so puschen, wie wir es schon seit Jahren machen", in Deutschland und Europa rasant gewachsen sei, "der Pool an Spielerinnen ist aber nicht gewachsen".

Nadine Keßler kündigt Veränderungen an

Nadine Keßler, früher Weltfußballerin unter Kellermann beim VfL Wolfsburg, heute Frauenfußball-Direktorin bei der UEFA, hat immerhin einen "Revisionsprozess" angekündigt. Ihr Gegenargument klingt ja irgendwie auch einleuchtend: "Das Format der Gruppenphase ist so konzipiert, dass mindestens Klubs aus zehn verschiedenen Verbänden vertreten sind. Dabei handelte es sich um eine bewusste Entscheidung, um das Wachstum auf nationaler Ebene in mehr als nur wenigen Ländern, einigen Ligen, voranzutreiben."

Klubs, Ligen und Nationalverbände würden mittlerweile in einer Taskforce zusammenarbeiten. Angeblich liegen die Pläne in der Schublade, die weibliche Königsklasse auszuweiten oder einen zweiten Wettbewerb zu schaffen. Änderungen können wegen bestehender Vermarktungsverträge jedoch frühestens zur Saison 2025/2026 wirksam werden.