Die "One Love"-Kapitänsbinde am Arm von Nationalspieler Manuel Neuer
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FIFA WM 2022 Verbot der "One Love"-Binde - Machtdemonstration der FIFA

Stand: 21.11.2022 19:08 Uhr

Das Verbot der "One Love"-Kapitänsbinde vonseiten der FIFA wirft viel Kritik auf. Ein Kommentar von Sportschau-Reporter Holger Dahl

Es ist der schöne Schein, der uns bei dieser Fußball-Weltmeisterschaft blenden soll. Noch bei der Eröffnungsfeier wurden Inklusion, Diversität und Toleranz in den Mittelpunkt gerückt.

"Jeder ist bei der WM willkommen" – dieser Satz des mit einer Fehlbildungserkrankung des unteren Rumpfes geborenen WM-Botschafters Ghanim Al Muftah verkörpert diese Haltung. Eine Haltung, die aus Veranstaltersicht offenbar nur eine inhaltslose Worthülse ist.

Widerspruch zum Signal der Eröffnungsfeier

Zu diesem Zeitpunkt spitzten sich abseits des Flutlichts im Stadion längst die Diskussionen um die "One Love"-Kapitänsbinde zu, die ohnehin schon ein Kompromiss einer Variante in Regenbogenfarben war.

Die sieben Initiatoren der Aktion - darunter DFB, niederländischer und englischer Fußballverband, wollten offenbar trotz möglicher Sanktionen ihr Projekt durchziehen. Und damit zumindest ein kleines Zeichen gegen Homophobie, Antisemitismus, Rassismus und für Menschen- bzw. Frauenrechte setzen – ganz im Einklang mit der bunten Eröffnungsfeier.

Infantino spaltet die Fußballwelt

Daraus wird nichts – stattdessen gab es eine weitere Machtdemonstration der FIFA. Den europäischen Verbänden werden wegen ihres Projekts Sanktionen angedroht.

Drohende Geldstrafen waren für den DFB akzeptabel, persönlichen Strafen wie eine Gelbe Karte für Kapitän Manuel Neuer - oder sogar mehr - dann eben nicht. Mögliche sportliche Nachteile sind den Verbänden ein zu hoher Preis für ein Symbol menschlicher Werte.

Der Weg des geringeren Widerstandes

Am Ende kann niemand sagen, welche Konsequenzen der Einsatz der "One-Love"- Binde gehabt hätte.

Nach dem Rückzug kann es nur einen Weg geben, der Glaubwürdigkeit ermöglicht: Weitere Aktionen planen und natürlich auch durchführen – in Verbindung mit den anderen europäischen Verbänden - und damit den Widerspruch zwischen Schein und Sein immer wieder aufdecken.

Das ist das absolute Minimum und auch okay, wenn man wie die DFB-Delegation den sportlichen Fokus hat. Für immer mehr Menschen ist das verständlicherweise aber immer weniger möglich.

Das Verbot der "One Love"-Binde war nicht der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Bei vielen Fußballfans ist es das längst.