Olivier Giroud köpft das Siegtor im WM-Viertelfinale gegen England

FIFA WM 2022 England stark - aber Giroud köpft Frankreich ins Halbfinale

Stand: 11.12.2022 19:54 Uhr

Das bessere Team ist ausgeschieden - England hat trotz einer starken Leistung gegen Frankreich das Halbfinale bei der Fußball-WM in Katar verpasst. Matchwinner beim 2:1 (1:0) für die Franzosen am Samstagabend (10.12.2022) war Oldie Olivier Giroud, Englands tragischer Held hieß Harry Kane.

Ob Englands Trainer Gareth Southgate nach dem enttäuschenden Aus weitermacht und seinen Vertrag bis 2024 erfüllt, blieb nach Abpfiff offen. "So ein Turnier kostet sehr viel Energie, ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht", sagte der 52-Jährige. "Ich will die richtige Entscheidung treffen - für das Team, für England, für den Verband."

England und Frankreich machen Spaß

Die Partie war hochspannend und bis zum Schlusspfiff völlig offen. Begonnen hatte sie mit einem zehnminütigem Abtasten im Mittelfeld, dann hatte Frankreich den ersten gefährlichen Abschluss: Ousmane Dembélé flankte von der rechten Seite in den Rücken von Olivier Giroud, der seinen Kopfball dennoch gut platzierte - Jordan Pickford war aber auf dem Posten. Das war fünf Minuten später absolut nicht der Fall.

Da eroberte der bei den Bayern oft kritisierte Dayot Upamecano am eigenen Strafraum den Ball gegen Bukayo Saka, und während die Engländer noch ein Foul reklamierten, fuhren die Franzosen den Konter. Über Kylian Mbappé, Dembélé und Antoine Griezmann landete der Ball bei Aurélien Tchouaméni, der ansatzlos aus 22 Metern abzog - und Pickford im langen Eck böse überraschte. Eine Mitschuld am Gegentor trug neben dem Torhüter auch Jude Bellingham, der den Schuss von Tchouaméni durchaus noch hätte blocken können.

Upamecano und Frankreich im Glück

Das Einsteigen von Upamecano vor dem 1:0 durchgehen zu lassen, war absolut vertretbar - aber in der 25. Minute hatte er pures Glück. Zentimeter vor oder sogar auf der Strafraumlinie räumte er Harry Kane ab, Schiedsrichter Wilton Sampaio aus Brasilien aber übersah das Foul und ließ weiterlaufen. Bei der nächsten Unterbrechung entschloss sich die VAR-Abteilung dann zu der Version, dass die Szene knapp außerhalb stattgefunden haben soll - deshalb gab es dann weder Elfmeter noch Freistoß.

Die Engländer hatten anschließend, vielleicht auch vor Wut über die aus ihrer Sicht gleich doppelte Benachteiligung, deutlich Oberwasser. Vor allem Kane drehte immer mehr auf. In seiner neuen Mix-Position aus Zehner und Neuner zog er in der 30. Minute gefährlich aus der Distanz ab - Hugo Lloris holte den Ball aus dem rechten Winkel.

Mbappé vergibt das 2:0

Frankreich zog sich bis zur Pause weit zurück und setzte nur noch auf Konter - doch einer davon hätte beinahe das 2:0 bedeutet. In der 39. Minute kam der ansonsten recht zurückhaltend agierende Mbappé am Elfmeterpunkt zum Abschluss, zielte aber eine Etage zu hoch.

Im zweiten Durchgang übernahmen sofort die Engländer wieder die Herrschaft über das Mittelfeld, aber erneut verhinderte Lloris den Ausgleich, als er in der 48. Minute einen fulminanten Bellingham-Kracher mit den Fingerspitzen über die Latte lenkte.

Kane und der besondere Elfmeter

Aber England blieb dran, machte weiter Druck - und nach 50 Minuten wurde das kollektive Bemühen belohnt. Saka dribbelte durch den Strafraum der Franzosen, Tchouaméni bot ihm beim Klärungsversuch das Bein an, Saka stürzte darüber. Für Harry Kane folgte ein besonderer Elfmeter. Zum einen fehlte ihm vor der Ausführung nur ein Treffer, um zu Wayne Rooney als Rekordschütze seines Landes aufzuschließen. Und im gegnerischen Gehäuse stand der Mann, dem er auch im Vereinstraining bei Tottenham immer die Strafstöße draufballert. Doch er schulterte beide Herausforderungen locker und knallte die Kugel unhaltbar für Lloris zum 1:1 ins linke Eck.

Für Frankreich war es offensichtlich schwierig, nun wieder den Modus zu wechseln. England hingegen blieb konsequent und hatte durch einen wuchtigen Kopfball von Harry Maguire (70. Minute), der noch den Außenpfosten streifte, und Saka (72.) nach einer Hereingabe von Luke Shaw gute Chancen, den zweiten Treffer nachzulegen.

Giroud im zweiten Versuch

Als alles auf die Führung der Engländer hindeutete, schlug Frankreich zu. Einen Schuss aus acht Metern von Giroud konnte Pickford zunächst noch abwehren (77.). Doch das reichte der Innenverteidigung der Briten nicht als Warnung: Eine Minute später konnte Griezmann von links unbedrängt flanken - und Giroud wuchtete die Kugel per Kopf zum 2:1 ins Netz.

Frankreichs Olivier Giroud mit Griezmann

Jubel über den Halbfinaleinzug: Frankreichs Olivier Giroud mit Griezmann

England machte aber unbeeindruckt weiter - und bekam die nächste Chance vom Elfmeterpunkt. Theo Hernández rammte dem eingewechselten Mason Mount ohne Aussicht auf einen Ballgewinn den Ellenbogen in den Rücken, der phasenweise total überforderte Sampaio ließ erneut weiterlaufen. Erst auf Intervention des VAR-Teams überprüfte er die Szene und gab den Strafstoß.

Kane versagen die Nerven

Natürlich nahm sich wieder Kapitän Kane die Kugel. Es hätte nun Länderspieltor Nummer 54 und damit Rang eins in der Rekordliste werden können - doch diesmal versagten ihm die Nerven. Beim Versuch, erneut die obere linke Ecke anzuvisieren, hämmerte er den Ball gut einen Meter über die Latte. Das englische Drama vom Elfmeterpunkt, das es in der Fußballhistorie dieses Landes schon so oft und zuletzt noch 2021 im EM-Finale gegen Italien gegeben hatte, fand damit ein weiteres tragisches Kapitel.

Die Franzosen hingegen kamen letztlich ohne jeden Glanz ins Halbfinale - sind in dieser Form aber am Mittwoch um 20 Uhr (Live-Ticker bei sportschau.de) gegen Marokko keineswegs der klare Favorit. Giroud wollte die Leistung seines Teams dann auch nicht überhöhen: "Wir haben solide dagegengehalten. Du musst immer im Leben bis zur letzten Sekunde an deine Chance glauben. Jetzt wollen wir natürlich das Maximale ereichen."