FC Brügger Trainer Scott Parker steht am Spielfeldrand

Champions-League-Achtelfinale FC Brügge - Champions League zum Trost

Stand: 15.02.2023 12:20 Uhr

Der FC Brügge hat in der belgischen Liga satte 20 Punkte Rückstand auf die Spitze. Trost in der sonst trostlosen Saison gibt es in der Königsklasse - da kommt am Mittwoch (15.02.2023, 21 Uhr - Live-Ticker bei sportschau.de) Benfica Lissabon zum Achtelfinal-Hinspiel ins Jan-Breydel-Stadion.

Wie unzufrieden die Klubführung des 18-maligen belgischen Meisters mit der Entwicklung der Mannschaft ist, bewies ihre Entscheidung am 28. Dezember des vorigen Jahres. Da bekam Trainer Carl Hoefkens wegen zwölf Punkten Rückstand in der Meisterschaft und dem Pokal-Aus im Achtelfinale nach einem peinlichen 1:4 bei VV St. Truiden die Papiere. Es half Hoefkens nicht, dass er am 1. November nicht nur Vereinsgeschichte geschrieben und erstmals einen Verein aus Belgien in die K.o.-Phase der Champions League geführt hatte.

Fünfmal zu Null in der Königsklasse

Unter Hoefkens hatte Brügge in der Champions League eigentlich Unfassbares geleistet. In der Gruppenphase war das Team angesichts der Gegner FC Porto, Atlético Madrid und Bayer Leverkusen der krasse Außenseiter, doch in den sechs Partien holte die Mannschaft nicht nur herausragende elf Punkte, sondern blieb auch fünfmal ohne Gegentor.

Leverkusen schaffte es gleich zweimal nicht, Simon Mignolet im Tor zu überwinden, dazu gab es Fußballfeste wie das 4:0 in Porto und das 2:0 gegen Atlético. All das gelang, obwohl der Club Brugge Koninklijke Voetbalvereniging wie so oft in seiner Geschichte vor der Saison großartige Spieler verloren hatte. Vor allem das Offensiv-Juwel Charles De Ketelaere war nicht zu halten gewesen, von sehr vielen interessierten europäischen Top-Klubs bekam schließlich der AC Mailand gegen eine Ablösesumme von 32 Millionen Euro den Zuschlag.

Auch Nsoki und Openda sind weg

Brügge verlor neben De Ketelaere auch Innenverteidiger Stanley Nsoki für zwölf Millionen Euro an die TSG 1899 Hoffenheim, Mittelstürmer Lois Openda heuerte für neun Millionen Euro beim RC Lens an. Zuletzt ging mit Éder Balanta auch noch der einstige "kolumbianische Pitbull" auf Leihbasis zum FC Schalke.

Die hohen Einnahmen aus den Transfers von De Ketelaere und Co. steckte Sportdirektor Tom Caluwé zu einem großen Teil wieder in die Mannschaft, holte beispielsweise mit Roman Yaremchuk den ukrainischen Mittelstürmer von Königsklassen-Kontrahent Benfica Lissabon für satte 17 Millionen Euro. Zweistellig investierte Brügge auch in den nigerianischen Sechser Raphael Onyedika vom FC Midtjylland, das am besten angelegte Geld waren aber die fünf Millionen Euro für den spanischen Stürmer Ferran Jutglà aus der zweiten Mannschaft des FC Barcelona.

Ferran Jutglà fehlt im Angriff

Yaremchuk und Onyedika waren die beiden teuersten Spieler, die je den Weg in die 120.000-Einwohner-Hauptstadt Westflanderns gefunden hatten, sportlich fehlt aber bislang die Gegenleistung. Yaremchuk wurde in drei der sechs Chamions-League-Spiele nicht einmal eingewechselt, in der belgischen Liga war er achtmal Joker, stand achtmal in der Startelf und hat erst zwei Tore erzielt. Onyedika hat zwar einen Stammplatz, bringt aber der Abwehr keine Stabilität (30 Gegentore) und nach vorne gar nichts: null Tore, null Assists.

Ferran Jutglà hingegen hat in der Königsklasse vier Scorerpunkte gesammelt und liegt auch in der Liga bei acht Treffern und vier Vorlagen - die "Marca" bezeichnete es als schlimmen Fehler, dass Barca diesen Spieler und dann auch so billig abgegeben hatte. Aktuell fehlt Jutglà aber wegen einer Beckenverletzung, genau wie der dänische Top-Star Andreas Skov Olsen - der Zeitpunkt ihrer Rückkehr ist unbekannt.

Unter Parker alles noch schlimmer

Unbekannt ist den Anhängern des FC Brügge derzeit auch, wann Scott Parker die Kurve bekommt. Und ob er sie überhaupt bekommt. Während es der Sportlichen Leitung bei Hoefkens nicht ausreichte, dass er parallel zum Coup in der Champions League in der Liga immerhin 34 Punkte aus 18 Spielen geholt hatte, wurde es unter seinem Nachfolger dramatisch.

Der 42-jährige Engländer, der zuvor den FC Bournemouth (dort wurde ihm am Ende ein 0:9 gegen den FC Liverpool zum Verhängnis) und den FC Fulham trainiert hatte, gewann von seinen sieben Partien in der belgischen Liga bisher nur eine. Sein Punkteschnitt liegt bei für den Klub historisch schwachen 1,14 Zählern pro Spiel. Unter Hoefkens waren es 1,88 gewesen.

Roger Schmidt mit den üblichen Komplimenten

Als Ausweg aus der Krise und Stimmungsaufheller im Verein bei inzwischen 20 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter KRC Genk soll nun wieder die Champions League dienen. Vom Gegner gibt es die branchenüblichen Höflichkeitsfloskeln: Brügge habe "ein starkes und talentiertes Team", behauptet der deutsche Benfica-Coach Roger Schmid.

Immerhin hat Schmid ähnliche Probleme wie der belgische Klub vor der Saison: Lissabon verlor gerade mit Enzo Fernandez seinen Mittelfeld-Star. Allerdings fiel das Trostpflaster etwas üppiger aus als bei Brügge für De Ketelaere: Der argentinische Weltmeister war dem FC Chelsea 121 Millionen Euro wert.