Zwölf Spieler auf dem Platz Wechselfehler der Bayern - Legt Freiburg Protest ein?

Stand: 04.04.2022 09:48 Uhr

Nach dem Wechselfehler des FC Bayern in Freiburg diskutieren Experten jetzt die Folgen. Klar ist bisher: Um die Spielwertung anzugreifen, müsste Freiburg bis Montagabend (04.04.) Protest einlegen.

Bleibt es nur eine kuriose Szene, oder wird die 86. Minute der Bundesligabegegnung beim SC Freiburg für den FC Bayern München Folgen haben? Für einige Sekunden standen die Bayern bei laufendem Spiel mit einem Spieler zu viel auf dem Feld.

Was war passiert? Bayern-Trainer Julian Nagelsmann hatte beim Spielstand von 3:1 für die Bayern einen Doppelwechsel ins Auge gefasst: Marcel Sabitzer und Niklas Süle sollten für Corentin Tolisso und Kingsley Coman aufs Feld. Doch während Tolisso wie geplant vom Feld ging, blieb Coman, dessen Rückennummer auf der von den Bayern hochgehaltenen Wechsel-Tafel auch nicht angezeigt worden war, noch für etwa 20 Sekunden auf dem Platz - obwohl die beiden Eingewechselten bereits in Aktion waren.

Freiburger hatten Schiri Dingert informiert

Referee Christian Dingert unterbrach das Spiel für mehrere Minuten, ehe er die Begegnung mit einem Schiedsrichter-Ball fortsetzen ließ. Offenkundig hatten die Freiburger Dingert auf den Regelverstoß aufmerksam gemacht. "Mir ist aufgefallen, dass Niki reinkommt und keiner rausgeht", sagte SC-Verteidiger Nico Schlotterbeck gegenüber der Sportschau.

"Ausgerechnet Dingert", werden einige Fußballkenner denken. Bereits im vergangenen August, als der VfL Wolfsburg im DFB-Pokal bei Preußen Münster (3:1) gespielt hatte, war der Pfälzer als Referee auf dem Platz. Die Wolfsburger schieden damals nach einer Auswechslung zuviel am grünen Tisch aus dem Wettbewerb aus.

"Nochmal in Ruhe anschauen"

Sabitzer traf in der Nachspielzeit noch zum 4:1-Endstand. "Ich müsste es auch noch mal in Ruhe anschauen", sagte Freiburgs Sportvorstand Jochen Saier. Am Spielfeldrand hatte es intensive Diskussionen zwischen den Bayern-Verantwortlichen und dem Schiedsrichter-Gespann gegeben.

Inwiefern der Vorfall Konsequenzen haben könnte, war zunächst unklar. "Das kann ich nicht beurteilen", sagte Saier. Referee Dingert sagte in der Sportschau: "Wir haben den Vorfall im Spielbericht vermerkt. Welche Folgen das haben wird, wird das Verfahren dann zeigen."

Regel drei, Absatz sieben oder Paragraf 17

Innerhalb der Fußballregeln des DFB befasst sich Regel drei, Absatz sieben mit zusätzlichen Personen auf dem Spielfeld: Wenn ein Teamoffizieller, ein Auswechselspieler, ein ausgewechselter oder des Feldes verwiesener Spieler oder eine Drittperson das Spielfeld betritt, muss der Schiedsrichter das Spiel nur unterbrechen, wenn eine solche Person ins Spiel eingreift, die Person vom Spielfeld weisen, nachdem das Spiel unterbrochen wurde und entsprechende Disziplinarmaßnahmen ergreifen.

Wird der überzählige Spieler als nicht spielberechtigt eingestuft, könnte aber auch Paragraf 17, Absatz vier der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB zur Anwendung kommen: War in einem Spiel ein Spieler nicht spiel- oder einsatzberechtigt, so ist das Spiel für die Mannschaft, die diesen Spieler schuldhaft eingesetzt hatte, mit 0:2 verloren und für den Gegner mit 2:0 gewonnen zu werten, es sei denn, das Spiel war nach dem Einsatz des nicht spiel- oder einsatzberechtigten Spielers noch nicht durch den Schiedsrichter fortgesetzt.

Nachreiner: "SC Freiburg müsste Protest einlegen"

Laut Anton Nachreiner, dem Vorsitzenden des Kontrollausschusses des DFB, würde das Gremium erst bei einem Einspruch des SC Freiburg Ermittlungen aufnehmen. "Der Kontrollausschuss ist nicht beteiligt, solange Freiburg keinen Einspruch einlegt", sagte Nachreiner. Wie der DFB dem SID bestätigte, läuft die Frist für einen Protest am Montag (04.04.) um Mitternacht ab.

"Ich verstehe es nicht mit diesem Einspruch einlegen", hatte Trainer Christian Streich am Samstag gesagt: "Ich gehe fest davon aus, dass wir keinen Einspruch einlegen sollen und müssen. Ich gehe fest davon aus, dass es ein Regelwerk gibt. Sonst sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet. In meinem Verständnis von Gerichtsbarkeit gibt es ein Regelwerk."

Fröhlich nimmt Schiedsrichter in die Pflicht

DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich äußert sich bisher nicht über die möglichen Konsequenzen der Szene, nimmt aber seine Referees in die Pflicht: "Es wäre gut gewesen, wenn man vor der Spielfortsetzung noch einmal einen Check gemacht hätte. Das wäre von Schiedsrichter-Seite das Optimale gewesen."

Schiedsrichter Felix Zwayer glaubt offenbar nicht an Konsequenzen für den FC Bayern. Der 40 Jahre alte Berliner war am Samstag als Video-Referee für die Bundesliga-Partie zuständig.

Zwayer redet drumherum

"Es ist aus meiner Sicht nicht mit der Situation zu vergleichen, wenn ein Spieler, der nicht im Spielbericht drin steht, am Spiel teilnimmt", sagte Zwayer im ZDF. "Tatsächlich ist es so, dass der Spieler, der zu viel auf dem Platz war, grundsätzlich ein spielberechtigter Spieler war, der zu einem Zeitpunkt auf dem Spielfeld stand, wo er nicht hätte stehen sollen", erklärte er. "Das ist in den Fußballregeln geregelt und nicht in den Statuten, wie damit umzugehen und zu verfahren ist."

Richtig daran ist, dass beide eingewechselten Bayern-Profis spielberechtige Spieler waren - aber einer von beiden war zum Zeitpunkt seines Einsatzes nicht einsatzberechtigt. Ob dieser Fehler nur 20 Sekunden oder mehrere Minuten dauert, kann nach dem Regelwerk eigentlich prinzipiell keinen Unterschied machen.

Der Schiedsrichter-Beobachter des Spiels, Knut Kircher, sieht die Schuld beim Unparteiischen und seinem Team. "Das ist ein Fauxpas des Schiedsrichter-Teams, der so nicht passieren darf, wenn man konzentriert die Spielleitung bis zum Ende durchbringt", sagte Kircher im Interview mit SWR Sport.