Skandalreiche Karriere Amin Younes ist auf dem Markt - wer traut sich?

Stand: 27.07.2023 17:56 Uhr

Amin Younes ist mit 29 Jahren im besten Fußballeralter, achtfacher Nationalspieler und nach seiner am Donnerstag (27.07.2023) verkündeten Vertragsauflösung in Saudi-Arabien vereinslos. Eigentlich müsste jetzt für ihn der nächste, vielleicht auch letzte große Vertrag anstehen. Doch auch nach seinem lauten Abgang bei Eintracht Frankfurt kam es zu Konflikten und sein Gesundheitszustand ist fraglich.

Bei seinem jüngsten Verein FC Utrecht, wo er auf Leihbasis spielte, kam es im Dezember zum Eklat. Younes und sein Trainer Henk Fraser gerieten im Training nach Diskussionen um ein Tor aneinander. Fraser packte Younes dabei am Hals. Er habe ihm am Kragen packen wollen, sei aber abgerutscht, sagte Fraser später. Und zum Auslöser: "Ich fand seine Reaktion einfach respektlos. Das war in meinen Augen aufsässig."

Fraser kam mit einem Rücktritt seiner Entlassung zuvor, aber auch Younes kam nicht mehr in Tritt. Er bestritt nur noch sechs Spiele für Utrecht, verpasste die Schlussphase der Saison komplett - offiziell verletzt, Details sind nicht bekannt.

Al-Ettifaq: Henderson statt Younes

Nach Saudi-Arabien zurück kehrte Younes aber auch nicht, er löste den Vertrag bei Al-Ettifaq FC "in freundschaftlichem Einvernehmen" auf, wie er am Donnerstag in einem Instagram-Post verriet: "Wie den Medien derzeit täglich zu entnehmen ist, befindet sich der Verein, beziehungsweise die ganze Liga, aktuell in der kompletten Umstrukturierung und auch ich habe mich dazu entschieden, ab sofort wieder nach einem neuen Abenteuer zu suchen."

Al-Ettifaq rüstet derzeit wie auch andere saudische Klubs hochkarätig und extrem teuer auf. Der neue Trainer Steven Gerrard darf sich auf seinen ehemaligen Teamkollegen Jordan Henderson freuen. Der Kapitän vom FC Liverpool soll rund 800.000 Euro pro Woche verdienen, der Transfer wurde am Donnerstag bestätigt.

Langjähriger Jugend-Nationalspieler

Auch Younes dürfte in Saudi-Arabien ordentlich verdient haben, hat dort seine sportliche Karriere aber stark ausgebremst - nicht zum ersten Mal. Einst galt er als eines der hoffnungsvollsten deutschen Fußballtalente, gesegnet mit feiner Technik und der Qualität, im Mittelfeld entscheidende Szenen zu kreieren. Der Deutsch-Libanese war ab der U17 fester Bestandteil der Jugend-Nationalmannschaften, spielte sich bei der U21-EM 2015 ins Rampenlicht.

In Deutschland hatte er bei Borussia Mönchengladbach und auf Leihbasis beim 1. FC Kaiserslautern zwar Startschwierigkeiten, aber in den Niederlanden bei Ajax Amsterdam schaffte er den Durchbruch. Der Lohn: 2017 kam er zu seinen ersten fünf A-Länderspielen für Deutschland.

Einwechslung bei Ajax verweigert

Doch dann stoppten eine Verletzung und eine Disziplinlosigkeit seine Entwicklung. Im März 2018 verweigerte er seine Einwechslung bei Ajax und wurde in die zweite Mannschaft strafversetzt. "Das sind Dinge, die dir als Profifußballer niemals passieren dürfen", sagte Younes Ende 2022 in einem "Sport1"-Interview: "Ich bin halt emotional, in manchen Situationen vielleicht auch etwas zu emotional."

Auch bei der Suche nach einem neuen Verein kam es zu Problemen. SSC Neapel verkündete schon im Februar 2018 Younes' Verpflichtung. Doch dieser dementierte und unterschrieb einen Vertrag in Wolfsburg. Letztlich wurde dem VfL die Lage zu heikel und Younes landete doch noch in Neapel.  

Younes blüht in Frankfurt auf

Dort fehlte er lange wegen Achillessehnen-Problemen und kam anschließend unter Trainer Carlo Ancelotti selten zum Einsatz. Trotzdem gab ihm Eintracht Frankfurt eine Chance, holte ihn im Oktober 2020 auf Leihbasis in die Bundesliga.

Younes nutzte sie, brillierte im Mittelfeld und dribbelte sich zurück ins Nationalteam. In Frankfurt habe er seinen Hafen gefunden - dieses Zitat wird ihm heute noch vorgehalten. Denn erneut gab es Streit über mögliche Wechsel, Younes verweigerte das Training - und verschwendete zum zweiten Mal wegen einer Suspendierung ein halbes Jahr seiner Profikarriere. "Ich bin ein Typ mit Ecken und Kanten, der sich nicht alles gefallen lässt und irgendwann auch mal sagt: Okay, das mache ich nicht mehr mit", sagt Younes über sich.

Nur ein halbes Jahr in Saudi-Arabien

Der Wechsel nach Saudi-Arabien sollte ihm und seiner Familie ein bisschen mehr Ruhe bringen, sagte Younes. Er blieb sechs Monate. Mit der Leihe nach Utrecht wollte er sich wohl auch dem Bundestrainer in Erinnerung bringen, die WM in Katar stand an - und fand letztlich ohne ihn statt.

Aus dem möglichen Bundes-Spielmacher ist nun ein vereinsloser Spieler geworden, der seit Januar kein Spiel mehr von Beginn an bestritten hat. Die Manager und Trainer werden sich genau überlegen, ob eine Zusammenarbeit infrage kommt - mit all ihren Chancen und Risiken.