Runningback Josh Jacobs von den Las Vegas Raiders

Saquon Barkley und Josh Jacobs Werden Running Backs in der NFL unfair behandelt?

Stand: 18.07.2023 14:03 Uhr

In der NFL gehen die Running Backs auf die Barrikaden. Vorwürfe von Ausbeutung und mangelndem Respekt stehen im Raum. Und natürlich geht es (auch) ums Geld.

Josh Jacobs und Saquon Barkley sind zwei der besten Running Backs in der NFL. Jacobs lief in der vergangenen Saison ligaweit die meisten Yards mit dem Ball in der Hand heraus, Barkley die viertmeisten. Bei beiden liefen zuletzt ihre günstigeren "Rookie-Verträge", die alle Spieler in den ersten Jahren der NFL bekommen, aus. Jacobs ist 25 Jahre alt, Barkley 26. Beide im besten Alter für einen Profisportler und bereit für den ersten richtig dicken Vertrag - sollte man meinen.

Franchise Tag - ein Jahr für gut 10 Millionen Dollar

Jacobs wurde im März von seinem Team, den Las Vegas Raiders, mit dem "Franchise Tag" bedacht. Genau wie Saquon Barkley von den New York Giants. Das bedeutet erst einmal, vereinfacht ausgedrückt, dass die Teams ihren Spielern ein Angebot machen, für ein weiteres Jahr beim Team zu bleiben. Das Gehalt legt sich je nach Position nach einem jährlich neu festgelegten Schlüssel fest. Für Running Backs liegt das Jahresgehalt in der 2023er-Saison bei 10,091 Millionen Dollar. Das ist eher das untere Ende der Positions-Skala. Wide Receiver, also Passempfänger, bekommen zum Beispiel über 19 Millionen Dollar für den "Franchise Tag", der übrigens von jedem Team nur an einen Spieler pro Saison vergeben werden kann.

Runningback Saquon Barkley von den New York Giants in Aktion

Bis zum Montag (17.07.2023) konnten die Spieler trotzdem versuchen, einen langfristigen Vertrag und/oder ein höheres Jahresgehalt mit den Teams auszuhandeln - und umgekehrt. Im Falle von Jacobs und Barkley gab es aber keine Einigung - offenbar wollten die Teams nicht das zahlen, was die Spieler forderten und/oder vor allem keine langfristigen Verträge anbieten.

Gleiches gilt übrigens für Positionskollege Tony Pollard bei den Dallas Cowboys, dessen Situation aber auch aufgrund einer schweren Verletzung eine etwas andere ist.

McCaffrey, Ekeler, Henry und Co. kritisieren via Twitter

Nun ist es nicht so, dass die gut zehn Millionen Dollar für Jacobs und Barkley ein schlechtes Durchschnittsgehalt für einen Running Back in der NFL wären. Nur sechs verdienen in den nächsten Jahren im Durchschnitt mehr. Topverdiener ist Christian McCaffrey mit etwa 16 Miliionen pro Jahr. Und trotzdem "explodierte" NFL-Twitter, als klar wurde, dass Jacobs und Barkley keinen hochdotierten langfristigen Vertrag bekommen würden. Die besten Running Backs der Liga gingen auf die Barrikaden.

McCaffrey nannte den Vorgang "kriminell". Derrick Henry von den Tennessee Titans meinte: "Dann nehmt die Position halt aus dem Spiel heraus. Die Spieler arbeiten hart und geben alles für ihr Team und dann interessiert es einfach nicht. Ich stehe jedem Running Back in dem Kampf für einen verdienten Lohn bei."

Ekeler: Running Backs als "Wegwerfmaterial"?

Austin Ekeler von den Los Angeles Chargers stieß ins gleiche Horn: "Jeder weiß, dass es ohne einen Top-Running-Back schwierig ist, erfolgreich zu sein. Und dann tun sie so, als wären wir nur Dinge, die man einfach wegwerfen kann. Ich supporte jeden Running Back in seinen Bemühungen, einen guten Vertrag zu bekommen." Was Ekeler und Henry damit meinen: Barkley, Jacobs und Pollard müssen den Franchise Tag natürlich nicht unterschreiben. Sie können sich auch entscheiden, die Saison, oder Teile davon, auszusetzen und auf Geld zu verzichten.

Viele Verletzungen als Running Back

Die Beweggründe für die Teams, verdienten Top-Running Backs keine großen Verträge anbieten zu wollen, haben wohl vor allem mit zwei Faktoren zu tun. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat sich die NFL nach und nach immer mehr in eine passlastige Richtung entwickelt. Das Laufspiel ist weiterhin wichtig, aber schon lange nicht mehr das primäre Mittel, mit dem die Teams das Feld überbrücken.

Josh Jacobs von der Texas Raiders wird von LAs Russ Yeast  umgerissen

Vor allem aber: Running-Back-Körper werden besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Wenn Verteidiger deutlich jenseits der 100 Kilogramm mit voller Geschwindigkeit für Tacklings einschlagen - und das passiert niemandem im Spiel so häufig wie Running Backs, die eben selbst mit dem Ball immer auch in voller Geschwindigkeit unterwegs sind - nimmt das auch den trainiertesten Körper nach und nach mit. 340-mal lief beispielsweise Jacobs in der vergangenen Saison für die Raiders mit dem Ball in der Hand los - und die meisten Versuche enden dann eben mit einem Tackling. Da sind die, die sie zuvor beim Laufen an sich abprallen lassen, noch gar nicht mit berücksichtigt.

Und weil Running Backs eben auch sehr von ihren körperlichen Fähigkeiten wie Geschwindigkeit, Kraft und Wendigkeit abhängig sind, können Verletzungen da schnell auch zu einem Leistungsabfall führen. Schneller als auf anderen Positionen. Das haben einige Beispiele der jüngeren Vergangenheit gezeigt.

New York Giants  Saquon Barkle liegt verletzt auf dem Boden

Großes "Sparpotenzial"

Dementsprechend scheuen sich die Teams nun also offenbar, die ganz großen Summen für "ältere" Spieler auszugeben, wenn im Draft junge, frische Talente zu bekommen sind, die deutlich weniger Geld kosten und die vermeintlichen "Auslaufmodelle" ersetzen können. Wählt man zum Beispiel in der zweiten von sieben Draft-Runden einen neuen Running Back aus, wie beispielsweise die Seattle Seahawks dieses Jahr mit Zach Charbonnet, bekommt man einen talentierten Youngster für nur 1,7 Mio Dollar pro Saison.

In einer durchkommerzialisierten Liga wie der NFL sind solche "Kosten-Nutzen-Rechnungen" natürlich prinzipiell keine große Überraschung. Die Antwort einer großen einflussreichen Gruppe via Social Media ist nun aber ein Fingerzeig, dass die Spieler sich ihrer Reichweite, Mündigkeit und ihres medialen Werts mittlerweile durchaus bewusst sind. Und auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich scheint, dass Barkley und Jacobs eine ganze Saison aussetzen, müssen die Liga- und Team-Verantwortlichen die explosive Situation dennoch sehr genau beobachten.