Das Sommer-Special mit Nathalie Armbruster
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Kombiniererin im Wintersport-Podcast "Was ist jetzt mit Nathalie los?" - Armbrusters fast perfekte Saison

Stand: 22.06.2023 15:09 Uhr

Doppel-Vizeweltmeisterin, Gesicht des deutschen Teams - und nebenbei noch Schule: Kombiniererin Nathalie Armbruster hat bewegte Monate hinter sich. Im Sommer-Special des Wintersport-Podcasts spricht die 17-Jährige über ihre herausragende Saison und gibt Einblick in ihr Sommertraining.

Sportschau: Nathalie Armbruster, spätestens seit deinem doppelten Vizeweltmeistertitel bist du aus deutscher Sicht das Gesicht der Nordischen Kombination bei den Frauen. Ist dir das bewusst?

Nathalie Armbruster: Es ist schon sehr, sehr komisch, wenn ich mich selbst im Fernseher sehe, wenn ich mir einige Rennen nochmal angucke und auch, wenn ich mich in den Interviews höre. Vor ein paar Jahren war das noch so weit weg. Jetzt ist es einfach total komisch, wenn ich mich da sehe, wo ich bis vor Kurzem noch die anderen verfolgt habe. Sonst war ich oft auf Autogrammjagd und habe die anderen angefeuert, es ist mir so gar nicht bewusst, dass ich jetzt das Gesicht der Nordischen Kombiniererinnen bin.

Sportschau: Du hast im Februar bei der WM Doppel-Silber in Planica geholt. Wann hast du realisiert, was dir da gelungen ist?

Armbruster: Ich habe tatsächlich im Moment des ersten Medaillengewinns zu mir selbst gesagt: 'Nathalie, du bist gerade Vize-Weltmeisterin geworden'. Aber man realisiert das noch nicht. Ich habe dafür nicht nur Tage, sondern Wochen gebraucht, dass das ganz angekommen ist.

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Sportschau: Nicht nur die WM verlief für dich erfolgreich, auch der gesamte Verlauf deiner ersten kompletten Saison als Kombiniererin war extrem positiv. Wie hast du die Zeit erlebt?

Armbruster: Schon als mir mitgeteilt wurde, dass ich in der Saison Teil der Nationalmannschaft sein werde, sind mir direkt die Tränen heruntergelaufen. Alle um mich herum haben sich gefragt: 'Was ist jetzt mit Nathalie los?'. Es lief dann schon im Sommer sehr gut.

Mein erstes Podest im Winter war dann wie ein Traum. Total magisch. Ich habe auch nicht gleich realisiert, dass ich damit deutsche Geschichte geschrieben habe – als erste Nordische Kombiniererin auf dem Weltcup-Podest. Ich dachte, das wäre eine einmalige Sache, aber die Saison ging so gut weiter. Ich war einfach total glücklich, diese Momente erleben zu dürfen.

Sportschau: Wir fahren gerade auf Skirollern und Inline-Skates mit über 40 km/h durch das Skistadion Kniebis in deiner Heimat.Wie oft trainierst du hier?

Armbruster: Dadurch, dass ich immer nur einmal am Tag trainieren kann, trainiere ich zwei- bis dreimal in der Woche Ausdauer und im Frühjahr gehen wir oft auch joggen. Im Sommer bin ich dann oft hier auf Skirollern unterwegs und im Winter dann auf Skiern. Da bin ich sehr froh, dass ich meine Ausdauer-Kilometer hier daheim machen kann.

Sportschau: Wie sieht das aus mit dem Skispringen? Wann geht ihr auf die Schanze?

Armbruster: Das mit dem Sprungtraining ist immer so eine Sache. Dafür muss ich zwei Stunden fahren, um dann auch mal auf der größeren Schanze springen zu können. Das ist dann schwierig mit der Schule, da öfter mal einen Nachmittag zu fehlen. Und klar: Meine Eltern müssen mich dann fahren oder ich fahre mit den anderen Sportlern mit.

Wir fahren dann zwei Stunden zur Schanze. Da machen wir, wenn es gut läuft, sechs Sprünge, fahren dann wieder zwei Stunden nach Hause. Das ist ein riesiger zeitlicher Aufwand. Ansonsten sammle ich meine Sprünge auf den Lehrgängen bzw. bei den Wettkämpfen.

Sportschau: Dieses Langlaufstadion ist total idyllisch, fast romantisch. Aber so richtig romantisch ist das Training nicht wirklich oder?

Armbruster: Ich liebe es wirklich Skiroller zu fahren, viel mehr als joggen zu gehen, weil man auf den Skirollern nochmal mehr Geschwindigkeit drauf hat als auf den Ski. Das ist so meine Zeit, in der ich mal meine Gedanken komplett abschalten und den Stress ausblenden kann. Gerade hier, wo es so ruhig ist. Aber auch mit meiner Trainingsgruppe.

Aber natürlich, wenn es mal sehr hart ist und wir im Training über unsere Grenzen hinaus gehen, dann fange ich doch auch mal an zu jammern. Aber nach dem Training freut man sich dann wieder, dass man so hart trainiert hat – dann fühlt man sich einfach besser.

Sportschau: Du bist Vollzeit-Schülerin, Voll-Profi – wie schaltest du eigentlich ab?

Armbruster: Es ist relativ wenig Zeit, um mal nichts zu tun und zu relaxen. Aber gerade meine Eltern schauen darauf, dass ich mir auch meine Pausen nehme. Wenn ich mal eine halbe Stunde eine Zwangspause habe, dann lese ich gerne und unternehme natürlich auch total gerne etwas mit meinen Freunden, ich habe Haustiere daheim – einfach mal die Katze streicheln, das hilft dann auch.

Sportschau: Wie gehst du die neue Saison an?

Armbruster: Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich wieder von Null anfange, wie letztes Jahr. Wir Sportler sind von der Mentalität dann meistens doch so, dass man alles nochmal toppen möchte. Klar, ich weiß auch, dass es schwer sein wird. Die Leistungsdichte hat enorm zugenommen, die Weltcupspitze ist näher zusammen gerückt.

Ich hoffe, nochmal nach dem Gesamtweltcup auf dem Podest stehen zu können. Das ist ein absoluter Traum. Aber klar, ich habe noch so viel Zeit in meiner Karriere. Dadurch, dass ich nebenher noch die Schule habe und nicht so trainieren kann, wie die anderen, muss ich da auch gnädig mit mir selbst sein: Wenn es mal nicht ganz so läuft, stecke ich auch nicht den Kopf in den Sand.

Sportschau: Ein großer Traum von dir wäre mit Sicherheit eine Olympia Medaille. Über Olympia müssen wir ja sowieso noch sprechen …

Armbruster: Definitiv. Das war ein riesiger Kindheitstraum von mir, einmal bei Olympia dabei zu sein.

Sportschau: Du hast dich ja auch in deinen jungen Jahren klar positioniert und Protestaktionen gestartet, nachdem das IOC entschieden hat, keine Frauen-Wettbewerbe ins Programm der Spiele 2026 aufzunehmen. Was wünscht du dir für deine Sportart?

Armbruster: Natürlich würde ich mir wünschen, dass die Nordische Kombination für die Frauen schon 2026 olympisch wird, weil diese Entscheidung, die das IOC getroffen hat sportlich gesehen überhaupt nicht nachvollziehbar ist. Geld regiert die Welt – das muss man einfach sagen. Es geht mal wieder nur um die Einschaltquoten. Es ist einfach wahnsinnig traurig und so unfair. Eigentlich wurden alle Bedingungen, die das IOC gestellt hat, erfüllt. Es tut unglaublich weh, zu wissen, dass die Männer 2026 dabei sein dürfen und wir vor dem Fernseher sitzen werden und dabei zuschauen müssen.

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