Janina Hettich-Walz wird von Vanessa Voigt und Selina Grotian für ihre Silbermedaille gefeiert

Silber bei der Biathlon-WM Eine Medaille fürs ganze Team 

Stand: 13.02.2024 22:14 Uhr

Janina Hettich-Walz beschert dem deutschen Biathlon-Team die erste WM-Medaille in Nove Mesto. Doch das Einzel der Frauen liefert noch viel mehr als nur die sensationelle Silbermedaille der Schwarzwälderin. Viel wichtiger ist der so dringend benötigte Beweis: Es geht doch!

Von Uri Zahavi, Nove Mesto

Märchen sind per Definition "im Volk überlieferte Erzählungen, in denen übernatürliche Kräfte und Gestalten in das Leben der Menschen eingreifen". Ein beliebtes Merkmal des Märchens ist das Happy End. Natürlich flogen beim Einzel der Frauen im tschechischen Nove Mesto weder Drachen noch Elfen durch die Arena, Wundersames ereignete sich trotzdem. Als Janina Hettich-Walz die Ziellinie überquerte, war ihr der positive Schock ins Gesicht geschrieben. Ungläubig schlug sie die Hände vor dem Gesicht zusammen. Wie sie später berichtete, konnte sie in diesem Moment noch überhaupt nicht realisieren, dass sie gerade das Rennen ihres Lebens absolviert hatte. 

Hettich-Walz - "Keine Ahnung, wie ich das geschafft habe"

Sportschau Wintersport, 13.02.2024 16:29 Uhr

Erstes Podium der Karriere

15 Kilometer lang quälte sich die 27-Jährige über die seifige und anstrengende Strecke von Nove Mesto. Ihre Laufzeit war gut, aber nicht überragend. Am Schießstand jedoch zeigte sie eine Weltklasse-Leistung. Sie schoss gleichmäßig, sie blieb ruhig und vor allen Dingen: Sie traf. Scheibe um Scheibe wurde von Schwarz zu Weiß. Vor der letzten Serie war Hettich-Walz klar, dass sie nach 15 Treffern sehr gut im Rennen lag. "Ich habe versucht, auszublenden, um was es geht", berichtet die 27-Jährige: "Ich wollte durchatmen und den Fokus bei mir behalten. Ich bin so glücklich und stolz auf mich, dass ich das geschafft habe." Sie traf auch die verbliebenen fünf Schuss und legte so die Grundlage für die Erfüllung eines "Lebenstraums", wie sie ihre erste WM-Medaille nannte. Es war das erste Podium überhaupt für die Schwarzwälderin - und dann direkt bei einer Weltmeisterschaft: Fast schon zu kitschig, um wahr zu sein. 

"In der Niederlage wächst man zusammen"

Doch es sollte an diesem märchenhaften Abend im tschechischen Wald viel mehr als nur die erste WM-Medaille für den deutschen Skiverband bei diesen Weltspielen geben. Es wurde der so dringend benötigte Beweis: Es geht doch. Nach fünf enttäuschenden Wettkämpfen zum Auftakt war heiß diskutiert worden - über das schlechte Material, die Schwäche am Schießstand und überhaupt würden die Deutschen momentan nur hinterherlaufen. "Ich glaube, das ist eine Medaille fürs ganze Team", ordnet Hettich-Walz den Überraschungserfolg ein. Mit Debütantin Selina Grotian (4.) und Vanessa Voigt (5.) landeten zusätzlich zwei weitere deutsche Frauen in den Top 5. "Ich denke, das ist enorm wichtig", unterstreicht Frauen-Cheftrainer Kristian Mehringer die Bedeutung der starken Team-Leistung: "Wir haben schon an uns geglaubt. Und heute haben wir mal die Antwort gegeben.

Nach zwei schweren Jahren der größte Erfolg der Karriere

Zurück zu Janina Hettich-Walz. Als die Sensations-Silber-Medaille feststand, bahnte sich die Vizeweltmeisterin in der Mixed-Zone strahlend den Weg von Interview zu Interview. Schweden, Norweger, Franzosen - auf einmal wollten allesamt mit ihr reden. "Unbelievable" war bei ohrenbetäubender Lautstärke in der Arena mehrfach von ihren Lippen abzulesen. Unglaublich. "Die letzten zwei Jahre waren nicht einfach für mich", blickte Hettich-Walz zurück. Noch in der vergangenen Saison gehörte sie phasenweise nicht einmal zum Weltcup-Team und musste im zweitklassigen IBU-Cup starten. Im aktuellen Winter sicherte sie sich erst in einem Ausscheidungsrennen im norwegischen Sjusjoen das Ticket für den A-Kader. "Dieses Jahr war ich wieder stabiler. Ich habe den Glauben an mich gefunden.

Eines der beliebtesten Merkmale eines Märchens ist das Happy End. Nachdem Hettich-Walz bei der Siegerehrung die Silbermedaille um den Hals gehängt bekam, versammelte sich die Delegation des DSV zum Gruppenfoto auf dem Sieger-Podest. Das erste Mal bei dieser WM war die Welt in Ordnung. Nun könnte dieses Happy End zum "Happy Start" werden. Bei den Weltspielen ist nämlich gerade erst Halbzeit. Es bleiben sechs Rennen Zeit für weitere märchenhafte deutsche Erfolge.