Oliver Bias

Fußball Oliver Bias: Aus dem Erzgebirge in die philippinische Nationalmannschaft

Stand: 30.06.2023 12:54 Uhr

Mit 17 Jahren und 48 Tagen wurde Oliver Bias zum jüngsten je in einem Pflichtspiel eingesetzten Spieler von RB Leipzig. Vieles sprach für eine Profikarriere, doch es kam alles anders.

Jedes Jahr hoffen tausende Nachwuchskicker auf das große Los. Doch nur für die wenigsten geht der Traum von einer Profikarriere in Erfüllung. Das musste auch Oliver Bias erfahren.

Aufgewachsen in Johanngeorgenstadt im Erzgebirge wechselte er 2015 als vielversprechendes Offensivtalent in die Jugend von RB Leipzig. Drei Jahre später wurde er zum jüngsten Spieler, der jemals in einem Pflichtspiel für RB Leipzig auf dem Rasen stand: Im August 2018 absolvierte er neben gestandenen Akteuren wie Emil Forsberg und Willi Orban 26 Minuten in der Europa-League-Qualifikation gegen BK Häcken aus Norwegen (1:1). Es sollten seine einzigen Minuten für die Profis bleiben.

Oliver Bias (13, RBL)

Oliver Bias im Trikot von RB Leipzig. Für die U19 der Sachsen kam er in 43 Pflichtspielen zum Einsatz.

Wechsel zum FC Nitra: "Wir wurden nicht mehr bezahlt"

Nachdem sich für Bias keine langfristige Perspektive bei RB entwickelte, schloss sich der technisch begabte Flügelspieler über den Umweg Optik Rathenow im Januar 2021 dem ambitionierten Projekt beim FC Nitra an. Deutsche Investoren lockten Talente wie den ehemaligen Chemnitzer Kilian Pagliuca, Sinan Kurt (ehemals Bayern München) oder den jetzigen Drittligaprofi Eroll Zejnullahu in die Slowakei, um in Kooperation mit Bundesligisten als attraktive Anlaufstation und Ausbildungsverein für vielsprechende Talente zu dienen.

Doch der Plan scheiterte krachend. Nach nur wenigen Monaten häuften sich die Probleme mit den Eigentümern des Vereins. Der FC Nitra steuerte auf den Bankrott zu, die deutschen Investoren zogen sich zurück. "Wir wurden nicht mehr bezahlt", erinnert sich Bias an die damalige Zeit im Gespräch mit dem MDR. "Aber es war eine Erfahrung, aus der ich gelernt habe."

Plötzlich Nationalspieler der Philippinen

Der Enttäuschung im malerischen Nitra folgte ein gänzlich anderes Projekt. Bias ging auf die Philippinen, dem Geburtsland seiner Mutter. Dort schloss er sich dem Azkals Development Team an, einer Art Nachwuchsverein des philippinischen Fußballverbandes. Wenig später folgte die Einladung zur A-Nationalmannschaft. Im Juni 2021 stand er erstmals in einem Länderspiel auf dem Platz. Ein "außergewöhnliches Gefühl", strahlt Bias. "Ein Länderspiel ist eigentlich das Größte, was man erreichen."

Bias ist nicht der erste Deutsche, der für die philippinische Nationalmannschaft aufläuft. Bochums Gerrit Holtmann und Rostocks John-Patrick Strauß (ehemals Erzgebirge Aue) spielen ebenfalls für den Inselstaat im Westpazifik. Das wohl bekannteste Gesicht ist aber Stephan Schröck, ehemaliger Bundesligaspieler in Frankfurt und Hoffenheim. 57 Länderspiele absolvierte der mittlerweile 36-Jährige bereits für die Philippinen, seit 2019 trägt er die Kapitänsbinde. Für jüngere Spieler wie Bias ein Vorbild: "Was er geleistet hat, wie viel er aufgeopfert hat für die Nationalmannschaft – er hat meinen ganzen Respekt."  

Stephan Schröck im Kampf um den Ball.

Aushängeschild der philippinischen Nationalmannschaft: Stephan Schröck.

Nächste Station Indonesien?

Bias selbst steht aktuell bei elf Länderspielen. Auf den Straßen Manilas, der Hauptstadt der Philippinen, werde er noch nicht erkannt, scherzt er. Das liegt auch daran, dass der Fußball auf den Philippinen kein allzu großes Standing hat. Zumindest nicht in der Form wie in Europa. "Basketball ist hier die Sportart Nummer eins", erklärt Bias, "aber auch der Fußball wird langsam größer und größer." Wie es für ihn im Sommer weitergeht, ist noch offen. Eine Rückkehr nach Europa kommt (noch) nicht infrage. Vorerst will er in Südostasien bleiben. Angebote aus Indonesien sollen offenbar vorliegen.

jsc/mbe