
Sorgen und Nöte der hessischen Amateur-Vereine Sorgen und Nöte im Amateur-Fußball: 28 Mannschaften auf einem Fußballplatz
Rund um das DFB -Pokalfinale treffen sich an diesem Wochenende in Berlin Vertreter des Amateur-Fußballs aus ganz Deutschland. Grund genug, einmal auf den Amateurfußball in Hessen zu schauen. Hessenschau.de hat zwei Vereine in Offenbach und Frankfurt besucht und zugehört.
Das Training bei der U17-Mädchen-Mannschaft von Kickers Offenbach läuft. Die Jugendlichen sind hochmotiviert, schließlich geht es bei ihnen derzeit um den Titel. Am Rande des Platzes steht Co-Trainer Alexander Zenker und schaut zu. Der 50-Jährige ist seit acht Jahren auch Mädchen-Jugendleiter beim OFC. Eines macht Zenker richtig traurig: "Du siehst hier Wochenende für Wochenende eine U17-Hessenliga-Mannschaft, die gerade um die Meisterschaft spielt und das interessiert praktisch keinen Menschen."
Die Leute würden sich am Wochenende lieber vor den Fernseher setzen und Bundesliga gucken, anstatt "mal auf den Bolzplatz zu gehen und ein schönes Amateur-Spiel zu gucken". Zudem finden sich immer weniger Fußballverrückte wie Zenker, die für ein kleines Taschengeld Woche für Woche ihre Freizeit opfern und bei drei Trainingseinheiten und einem Spiel am Platz stehen und nebenher noch vieles organisieren. Viele Vereine suchen monatelang nach einem Trainer.
Zu wenig Schiedsrichter und eine bittere Erkenntnis
Oder es fehlt - ganz konkret - am Wochenende der Mensch, der das Spiel pfeifen soll. "Wenn Du Glück hast, ist der Schiedsrichter da, aber vor allem in unteren Klassen kann es passieren, dass man am Samstagnachmittag hier steht und gar keiner da ist." Dann müsse man gucken, ob man das Spiel verschiebe oder einer vom Verein die Pfeife in die Hand nehme.
Und dann spricht Zenker zum Thema Schiedsrichter-Knappheit einen bitteren Satz aus: "Ich muss ganz ehrlich sagen, Schiedsrichter möchte ich nicht machen." Denn der 50-Jährige weiß, wie sehr auch junge Schiedsrichter schon bei Kinder- oder Jugendspielen angegangen werden. Von Trainern, vor allem aber von den Eltern der Kinder. Trotz aller Appelle.
In Städten fehlen vor allem Plätze, auf dem Land eher Trainer
Die Sorgen und Nöte der Amateur-Fußball-Clubs sind durchaus unterschiedlich. Während auf dem Land oder in kleinen Orten eher Trainer fehlen, haben die Clubs in den größeren Städten vor allem Platzprobleme. Das kennt auch Harald Seehausen. Er ist seit 20 Jahren Präsident des Frankfurter Stadtteil-Clubs SG Grün-Weiß Bornheim: "Wir haben so viele Anmeldungen von Kindern und Jugendlichen, wir haben insgesamt 28 Mannschaften und spielen auf einem einzigen Platz."
Ein Umstand, der kaum zu organisieren ist. Die Hoffnung, dass sich die Bornheimer einmal vergrößern können, ist gering, zu wertvoll ist Baugrund in Großstädten wie Frankfurt. An das Vereinsgelände grenzt die A661. Sollte die einmal durch einen großen Deckel eingehaust werden, könnten sie bei Grün-Weiß Bornheim auf einem Kunstrasen auf dem Deckel Fußball spielen, doch das ist aktuell noch ein Wunschtraum.
Zu viele Teams und zu wenig Rasen, dieser Satz birgt aber auch etwas Positives, denn er bedeutet, dass der Run auf den Fußballsport gerade bei jungen Menschen unverändert anhält. "Wir freuen uns sehr über die steigenden Zahlen im Jungen- und im Mädchenfußball. Vor allem bei den Mädchen gibt es immer mehr Mannschaften", freut sich Silke Sinning, die Präsidentin des Hessischen Fußballverbandes, auf hr-sport-Anfrage.
Erfolge bei der Suche nach Nachwuchs-Trainern
Bei Grün-Weiß Bornheim mit seinen 730 Fußballerinnen und Fußballern (darunter 410 Kinder- und Jugendliche) haben sie zwar keinen Platz, dafür gehen sie neue Wege, was das Ehrenamt und konkret die Suche nach Nachwuchs-Trainern betrifft. "Wir bilden im Augenblick hier 16 Jugendliche im Umgang mit Kindern aus. Das ist wichtig für die Zukunft", sagt Präsident Seehausen. Die Bornheimer halten zudem engen Kontakt zu weiterführenden Schulen, auch hier sollen junge Menschen gebunden werden.
"Wir bieten Trainer-Praktika für Schülerinnen und Schüler an und begleiten sie danach auf Schulungen des Hessischen Fußballverbandes", so Seehausen. Es gibt viele Ideen, wie der Amateur-Sport auch in Zukunft funktionieren kann. Und trotz aller Probleme und Sorgen werden fußballverrückte Menschen wie Bornheim-Präsident Seehausen und OFC-Jugendleiter Zenker weitermachen. "Am Ende des Tages ist es für mich das Größte, wenn die Mädels mit einem Lächeln vom Platz gehen", betont Zenker. Das ist seine Motivation.