Kevin Trapp im Exklusiv-Interview Kevin Trapp im Exklusiv-Interview: "Es gibt keinen Grund, uns Grenzen zu setzen"
Nach überstandener Verletzung ist Kevin Trapp wieder fit. Im Exklusiv-Interview spricht der Kapitän von Eintracht Frankfurt über die Gründe für den starken Saisonstart, seinen Stellvertreter Kaua Santos - und seine Pläne für die Zukunft.
Fünf Pflichtspiele verpasste Eintracht-Keeper Kevin Trapp verletzt, nach der Länderspielpause steht er wieder im Tor. Im Interview spricht Trapp über seine Verletzungspause, Ersatzkeeper Kaua Santos und den starken Saisonstart.
hessenschau.de: Herr Trapp, das Wichtigste zuerst: Hat ihr Oberschenkel den Jubel beim späten 3:3 gegen den FC Bayern am Sonntag auf der Tribüne überstanden?
Ja, hat er. Es war ja sehr wild, sehr Eintracht-Frankfurt-like, so spät den Ausgleich zu erzielen. Vor allem daheim ist es ein geiles Gefühl, den Ausgleich vor der eigenen Kurve zu erzielen, womit dann das ganze Stadion explodiert. Aber ja, der Oberschenkel hat in dem Moment gehalten. Ich war ja eigentlich schon so gut wie fit, nur dieses Spiel kam eben ein oder zwei Tage zu früh.
hessenschau.de: Wie ist es denn, so ein Spiel auf der Tribüne zu verfolgen? Ist man da angespannter als auf dem Platz?
Ich auf jeden Fall. Ich bin auf der Tribüne angespannter als im Tor selbst. Im Tor bin ich voll auf die Aufgabe fokussiert, da ist man anders angespannt. Auf dem Platz kann ich ja mithelfen, auf der Tribüne hat man die Zügel nicht selbst in der Hand.
hessenschau.de: Aktuell ist die Länderspielpause, Sie sind ins Training zurückgekehrt. Wann sehen wir Sie wieder bei einem Spiel auf dem Platz?
Gegen Leverkusen. Die Entscheidung beim Bayern-Spiel war eine Vernunftentscheidung gegen die Emotionen. Wir haben gesagt, dass wir die Länderspielpause nutzen, um richtig zu trainieren und dann komplett fit zurückzukehren.
hessenschau.de: Ihr Vertreter Kaua Santos hat es nicht schlecht gemacht. Wie haben Sie seine Leistung gesehen?
Er hat das hervorragend gemacht. Gegen Besiktas hat er der Mannschaft geholfen, das Spiel zu gewinnen. Gegen München hat er die Mannschaft ständig im Spiel gehalten. Dass Kaua ein sehr großes Talent ist, wissen wir alle, und dass er super Voraussetzungen hat, um ein ganz großer Torwart zu werden, wissen auch alle. Deswegen hat mich das nicht überrascht.
hessenschau.de: Es geht in Frankfurt oft sehr schnell, dass Spieler von den Fans gefeiert werden. Nehmen Sie das auch wahr? Erhöht das den Druck? Oder ist es gut zu wissen, dass Qualität hinter einem ist?
Ich schaue mir nicht aktiv an, was geschrieben wird, man kann es aber natürlich nicht immer vermeiden. Der Fußball ist sehr schnelllebig, sowohl negativ als auch positiv. Es tut mir gut, wenn ich auf mich selbst konzentriere, weil nur dann kann ich meine eigene Leistung beeinflussen. Mit Kauã und Jens haben wir viel Qualität im Tor und das ist auch gut so!
hessenschau.de: Lassen Sie uns einen Blick auf die Nationalelf werfen. Manuel Neuer hat seine Karriere im DFB-Dress beendet und Marc-André ter Stegen ist verletzt. Wie sind ihre Ambitionen aktuell in der Nationalelf?
Ich werde zu dem Thema häufig gefragt, eigentlich zu häufig. Auch da gilt: Es geht um meine eigene Leistung, die muss ich zeigen. Und wenn ich die auf dem Platz bringe, habe ich meinen Teil dazu beigetragen. Ob ich dann eingeladen werde, entscheidet schlussendlich der Bundestrainer mit dem Torwarttrainer. Ich habe immer gesagt, dass es schön ist, Teil der Nationalelf zu sein. Für mich geht es jetzt aber erst einmal darum, zurück auf den Platz zu kommen. Ich mache mir selbst keinen Druck dabei, wenn ich meine Leistung bringe, kommt der Rest von alleine.
hessenschau.de: Aber es klingt schon durch, dass Sie eine Einladung nicht ablehnen würden. Bernd Leno hat ja beispielsweise gerade gesagt, dass er lieber in London bleiben und weiter bei seinem Club trainieren möchte.
Ich kenne die Kommunikation zwischen Bernd und dem DFB nicht, aber am Ende ist das Bernds Entscheidung. Für mich geht es jetzt darum, wieder auf den Platz zurückzukehren, mit der Mannschaft erfolgreich zu sein und meinen Teil dazu beizutragen. Wenn der Bundestrainer der Meinung ist, dass ich es verdient habe, dabei zu sein, dann natürlich sehr gerne. Teil der DFB-Elf zu sein ist etwas Besonderes. Die Stimmung scheint sehr gut zu sein, vor allem auch während der EM. Und wenn ich meinen Teil am Erfolg beitragen kann, auf oder neben dem Platz, dann natürlich gerne.
hessenschau.de: Okay, genug von der Nationalmannschaft. Zurück zur Eintracht. Was macht diese Mannschaft aktuell so stark?
Wir haben einen wirklich guten Teamspirit. Mein Gefühl ist, dass die Stimmung deutlich besser ist als noch vor einem halben Jahr. Wir haben dazu mit Hugo und Omar Ausnahme-Stürmer vorne drin. Der Schlüssel für mich, warum wir die Spiele gewonnen oder zumindest nicht verloren haben, ist aber die Abwehr. Wir haben unglaublich souverän und männlich verteidigt mit wenig Schnörkel. Wir hatten richtig Lust darauf zu verteidigen, das hat man gemerkt. Auch gegen die Bayern. Das ist gerade der Schlüssel des Erfolgs. Aber auch da gibt es noch Sachen, die wir verbessern können.
hessenschau.de: Wenn Sie schon die Abwehr ansprechen, wie wichtig sind denn da die beiden Neuzugänge Rasmus Kristensen und Arthur Theate?
Für mich waren das sehr wichtige Transfers. Beide spielen sehr erwachsenen Fußball. Bei beiden hat man das Gefühl, dass sie sich voll reinhauen. Sie bringen die Mentalität, die wir hinten brauchen, und haben die Qualität im Team wirklich gesteigert.
hessenschau.de: Wo kann es denn hingehen mit der Eintracht in dieser Saison?
Jetzt geht es wieder los mit der Träumerei (lächelt). Nochmal: Wir machen das bislang wirklich gut und haben viel Qualität. Natürlich gibt es keinen Grund, uns irgendwelche Grenzen zu setzen. Wir müssen trotzdem schauen, dass wir immer weiter an uns arbeiten, und dürfen nicht glauben, dass es einfach so weiterläuft. Wir wollen uns weiterentwickeln und verbessern. Aber ja, wir haben einen sehr guten Kader, der viel erreichen kann.
hessenschau.de: Sie haben jetzt oft erwähnt, dass es noch einiges zu verbessern gibt. Das fällt in dieser Spielzeit schon auf, dass auch nach Siegen oft das angesprochen wird, was nicht perfekt lief. Ist das auch etwas Neues, dass man - auch im Erfolgsfall - den Finger in die Wunde legt?
Klar. Denn es gibt ja auch genügend, was man verbessern kann. Sehen Sie sich die Tore in Kiel an oder die Gegentreffer nach Ecken gegen die Bayern. Natürlich machen wir viel richtig, trotzdem haben wir immer mal wieder Phasen im Spiel, in denen wir nicht die Dinge umsetzen, die wir in anderen Phasen des Spiels richtig gemacht haben. Wir wollen eben da hinkommen, dass wir über 90 Minuten das alles umsetzen. Wir können uns das Leben noch leichter machen.
hessenschau.de: Noch einmal zurück zu Ihnen: Ihr Vertrag läuft noch bis 2026. Haben Sie schon eine Idee, was danach passiert?
Nein, noch nicht.
hessenschau.de: Gibt es noch etwas, das Sie mit der Eintracht erleben möchten? Wäre eine zweite Teilnahme in der Champions League da vielleicht etwas?
Wir wollen das Maximale an Erfolg haben. Das ist Fakt. Das Schlimmste ist, am Ende dazustehen und etwas zu bereuen, weil man nicht genügend dafür gearbeitet hat. Wenn man andere Teams wie Union oder den VfB sieht, sieht man ja, dass es mit harter Arbeit und dem nötigen Glück machbar ist. Natürlich gibt es mit Bayern, Dortmund, Leipzig und Leverkusen normalerweise vier Teams, die da oben festsitzen. Es gibt aber Beispiele, dass das eben nicht immer so ist, dass eines dieser Teams schwächelt oder andere Mannschaften einfach sehr stark sind. Und ich finde, wir können uns hohe und ambitionierte Ziele setzen. Dieses Selbstvertrauen dürfen wir auch haben. Am Ende geht es darum, jede Woche Leistung zu bringen und unser Potenzial abzurufen.
hessenschau.de: Können Sie sich denn vorstellen, Ihre Karriere in Frankfurt zu beenden? Oder reizt Sie noch einmal eine andere Aufgabe?
Ich habe mir da wirklich noch keine Gedanken gemacht. Es gibt einige Optionen für die Zukunft. Entweder die Karriere hier zu beenden oder vielleicht doch noch einmal woanders hinzugehen. Das wäre dann aber etwas außerhalb Deutschlands. Das ist aber für mich wirklich noch sehr weit weg und spielt jetzt in meinem Kopf gar keine Rolle.
Das Gespräch führte Mark Weidenfeller