Joshua Kimmich (FC Bayern München) jubelt nach dem Tor zum 2:0 des FC Bayern München gegen den 1. FSV Mainz 05.

FC Bayern Joshua Kimmich: Vom Prügelknaben zum Rekord-Spielmacher

Stand: 20.05.2025 12:58 Uhr

Joshua Kimmich war von Thomas Tuchel degradiert und im Sommer auf die Streichliste gesetzt worden. Dann kam Vincent Kompany.

Von Raphael Weiss

Es wirkt fast schon absurd, blickt man heute zurück, unter welchen Zeichen diese Saison für Joshua Kimmich gestanden hat. Seit Jahren war Kimmich absoluter Leistungsträger beim FC Bayern, doch beim Rekordmeister war man unzufrieden. Zunächst hatte der damalige Trainer Thomas Tuchel sehr öffentlich demontiert, ihn die Fähigkeit abgesprochen, auf höchstem Niveau im defensiven Mittelfeld zu spielen - und ihn zurück auf die rechte Verteidigerposition beordert.

Kimmich im Sommer: Streichliste und Stammplatz-Diskussion

Im Sommer kursierte dann in den Medien eine angebliche Streichliste, auf der auch der Name von Kimmich vermerkt war. Anstatt sich hinter Kimmich zu stellen, gab Sportvorstand Max Eberl den Gerüchten Nahrung: "Kimmichs "große Verdienste für den FC Bayern" stünden außer Frage, so Eberl in einem Welt-Interview, "trotzdem muss jeder beim FC Bayern den Kampf um den Stammplatz annehmen." Kimmich, die klare Message, war vor seiner zehnten Saison beim FC Bayern nicht mehr unantastbar. Mehr noch: Er war angezählt.

Vincent Kompany bringt die Wende

Dann kam Vincent Kompany und überreichte Kimmich den Schlüssel für das gesamte Offensivspiel des FC Bayern München. Noch kein Trainer vertraute Kimmich so sehr, stattete ihn mit so vielen Freiheiten aus, machte ihn zu dieser zentralen Figur. 3.933 Mal berührte er in dieser Bundesligasaison den Ball. Kein anderer Spieler kam, seit diese Daten erfasst werden (2004) auch nur in die Nähe dieser Zahl. Der bisherige Rekord von Granit Xhaka (3.648) ist gebrochen.

Rekordzahlen und spielerische Freiheit

Kompany machte Kimmich zu einem Spielmacher, der sich tief fallen lässt und früh den Ball übernimmt, um so die Angriffe seines Teams zu lenken. Ob mit Arbeitstier Leon Goretzka oder Passmaschine Aleksandar Pavlovic, mit dem er im Ping-Pong-Spiel die Bälle nach vorne tragen konnte - beide Mittelfeldpartner waren dafür da, Kimmich den Rücken freizuhalten und ihn mehr Freiheiten zu geben, das Spiel zu lenken. Die tiefere Positionierung machte es Gegnern schwerer, auf Kimmich zu pressen. Und wenn sie es doch taten, schaffte es der spielstarke Mittelfeldspieler, sich in der Regel zu befreien und hatte durch die aufgerückten Verteidiger gute Anspielmöglichkeiten, da sich für Michael Olise, Jamal Musiala oder Harry Kane große Räume ergaben.

Wie gut dies aufging, kann man ebenfalls an Statistiken ablesen. Obwohl die Champions League-Saison für den FC Bayern im Viertelfinale beendet war, hat kein anderer Spieler ansatzweise so viele raumgewinnende Pässe gespielt (Quelle: fbref.com). Kimmich liegt mit 138 weit vor Barcelonas Pedri (114). Kein Spieler hat mehr Pässe im letzten Angriffsdrittel gespielt, keiner hat mehr Bälle in den Strafraum gebracht.

Verantwortung und Führungsqualitäten

Doch nicht nur spielerisch war Kimmich in dieser Saison unverzichtbar. Der 30-Jährige hat in einer schwierigen Saison Verantwortung übernommen. Die Wirren um seine Vertragsverlängerung - inklusive des zurückgezogenen Vertragsangebots durch den Aufsichtsrat des Vereins - merkte man ihm während der wichtigen Champions-League-Partien gegen Bayer Leverkusen nicht an. Nicht nur während der längeren verletzungsbedingten Abwesenheit von Manuel Neuer übernahm er die Kapitänsrolle auf und neben dem Platz.

Er trat als Mahner auf, rüttelte die Mannschaft nach einem schwachen Start in die Champions League mit ehrlichen Worten wach: "Wer der Meinung ist, dass wir ein Top-Team sind, der kann die Tabelle nicht lesen", sagte er nach der bitteren Niederlage gegen Feyenoord Rotterdam. Er ging mit vollem Einsatz voraus, machte mit 390,4 Kilometern die zweitmeiste Distanz aller Bundesliga-Spieler. Und er gab nach der Saison schon einmal die Marschroute für die kommende Spielzeit vor: "Wenn man sieht, wie wir in dieser Saison gespielt haben, würde ich als Spieler aus dieser Mannschaft und auch als externer Spieler Bock darauf haben, Teil hiervon zu sein."

Eberls Lob an Kimmich: "DNA des FC Bayern"

Bei der Vertragsverlängerung, für die sich der vor der Saison noch kritische Eberl vehement eingesetzt hatte, sagte der Sportvorstand: "Mentalität und Identität – dafür steht Joshua Kimmich. Er hat die DNA des FC Bayern seit Jahren verinnerlicht und verkörpert sie auf wie neben dem Spielfeld. Wo andere aufhören, fängt er erst an. Wir freuen uns sehr, dass er unserem Team weiter vorangehen wird." Was auch immer der Sommer beim FC Bayern bringt - Stammplatzdiskussionen um Joshua Kimmich wird es diesmal sicher keine geben.

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Quelle: Blickpunkt Sport 18.05.2025 - 13:15 Uhr