
Aufarbeitung der Geschichte 1. FC Nürnberg - die Schatten des Nationalsozialismus
Während der NS-Zeit ist der 1. FC Nürnberg regimetreu. Jüdische Mitglieder werden ausgeschlossen. Heute bemüht sich der Verein, dieses Kapitel aufzuarbeiten.
Am vergangenen Mittwoch, den 30. April, ließ der 1. FC Nürnberg gemeinsam mit dem Verein "Geschichte für alle e.V." zwei goldene Steine in der Nürnberger Peter Heinleinstraße 48 verlegen. Auf den Steinen eingraviert und nun für alle sicht- und lesbar, die an dem grauen Haus mit den grünen Balkonen vorbeigehen, stehen die Namen des jüdischen Kaufmanns Bruno Einstein und seiner Frau Anna Margarete Einstein.
Die Nürnberger Eheleute waren zwei von ungefähr 500.000 Menschen, die wegen der Unterdrückung, der Verbrechen und der Schikanen des NS-Regimes und seiner Anhänger Deutschland in den 30er-Jahren verließen. Einstein floh nach Frankreich, wo er sich später den Widerstandskämpfern anschloss und schließlich den Einsatz gegen das Besatzerregime im Dezember 1943 mit seinem Leben bezahlte. Anna Margarete Einstein überlebte, kehrte Anfang 1968 nach Nürnberg zurück, wo sie 1971 verstarb.
Ausschluss jüdischer Mitglieder: 1. FC Nürnberg agiert besonders schnell
Für die Verantwortlichen des 1. FC Nürnberg ist der 30. April zu einem besonderen Datum geworden. Jedes Jahr verlegt der Verein Stolpersteine, um an das dunkelste Kapitel in der 125-jährigen Geschichte des 1. FC Nürnberg zu erinnern und die Aufarbeitung dieser Zeit voranzutreiben. "Genauso wie viel Freud Teil des 1. FC Nürnberg war, so wollen wir jeden daran erinnern, dass nicht alles richtig war, was der 1. FC Nürnberg da so getan hat. Da wollen wir auch um Vergebung bitten", erklärte Niels Rossow, Vorstand für Strategie und Marketing des 1. FC Nürnberg, gegenüber dem BR.
Der 30. April 1933 war das Datum, an dem 143 Mitglieder des 1. FCN einen Brief von dem Verein bekamen, dem sie angehörten. Die Botschaft: Wir wollen euch nicht mehr. Alle großen Fußballvereine, so sah es das NS-Regime schon kurz nach Adolf Hitlers Machtergreifung vor, schlossen ihre jüdischen Mitglieder aus. Nur wenige aber taten dies so schnell und effizient wie der FCN. Nur einen Tag nach dem Beschluss bei der Mitgliederversammlung wurden die Briefe verschickt.
Große Bemühungen zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit
Der 1. FC Nürnberg war sportlich der erfolgreichste Verein als in den 30er-Jahren die Nationalsozialisten erst die Stimmung, die Gesinnung und das Zusammenleben in Deutschland vergifteten und schließlich, nach der Machtergreifung, ihr unmenschliches, verbrecherisches Regime etablierten. Und Nürnberg war als Stadt eng mit der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP) verwoben. Hier war die Machtzentrale, der Reichsparteitag, auf dessen Gelände große Paraden stattfanden und die "Nürnberger Gesetze" entstanden, die die Grundlage für die Judenverfolgung und den Holocaust waren, der sechs Millionen Juden das Leben kostete.
Keine zwei Kilometer vom Reichsparteitagsgelände entfernt liegt das Max-Morlock-Stadion. Zu der örtlichen Nähe entwickelte sich auch eine ideologische. Der Historiker des 1. FC Nürnberg entdeckte im November 2020 die Mitgliederkarteien aus der Zeit des NS-Regimes. Dieser Fund ermöglichte dem Verein, die Aufklärung dieser Zeit voranzutreiben. Etwas, das lange keine Priorität genossen hatte, oder gar unerwünscht war. Anders lässt sich kaum erklären, dass Karl Müller - bekennendes NSDAP-Mitglied, treibende Kraft hinter dem rasanten Rauswurf jüdischer Vereinsmitglieder und Präsident des FCN von 1935 bis 1945 - in den 60er-Jahren erneut Präsident beim Club wurde.
Jenő Konrád - Trainer floh nach antisemitischer Hetzkampagne
Der 1. FC Nürnberg ist sich seiner Verantwortung längst bewusst. Die Stolpersteine sind nur ein Teil der Erinnerungskultur, die in den Verein Einzug gehalten hat. Auch direkt vor dem Max-Morlock-Stadion findet man einen Stolperstein. Darauf der Name Jenő Konrád. Der jüdische Trainer wurde 1932 Opfer einer Hetzkampagne der in Nürnberg herausgegebenen antisemitischen Wochenzeitung "Der Stürmer". "Der 1. Fußballklub Nürnberg geht am Juden zugrunde", war beispielsweise in dem Hetzblatt zu lesen. Als zeitgleich marodierende SA-Trupps durch die Stadt zogen, politische Morde zunahmen und die NSDAP an Zustimmung gewann, brachte Konrád sich und seine Familie in Sicherheit und floh aus Deutschland.
Vor seinem Abschied hinterließ er dem 1. FC Nürnberg eine Postkarte, darauf geschrieben stand: "Der Club war der erste. Und muss der erste werden!" Dieser Schriftzug war auch in einer Choreografie der Ultras des FCN zu lesen. In der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit hat der Verein längst eine Vorreiterrolle eingenommen. Seit 2018 wird jährlich der Jenő-Konrád-Cup ausgespielt, in dessen Zuge auch an Schulen über die NS-Vergangenheit in Deutschland intensiv aufgeklärt wird.
Tabellenführung und Abstiegskampf, aktuelle Spielpaarungen, Ergebnisse und Liveticker, Torjägerlisten, Laufleistung- sowie Zweikampfstatistiken und noch viel mehr: Fußball im Ergebniscenter von BR24Sport.
Quelle: Blickpunkt Sport 25.05.2025 - 21:45 Uhr