Phil Bauhaus
Tourreporter

Tour de France Bauhaus sprintet auf der großen Bühne ins Rampenlicht

Stand: 07.07.2023 08:06 Uhr

Bei den ersten beiden Sprints der Tour de France hat Phil Bauhaus gezeigt, dass der angestrebte Etappensieg in Reichweite ist. Auf der 7. Etappe nach Bordeaux bietet sich ihm nun die nächste Gelegenheit.

Von Michael Ostermann, Cautarets-Cambasque

Sie sind alle durchgekommen. Für die Sprinter ist das ja immer der wichtigste Aspekt, wenn die Tour de France ins Hochgebirge abbiegt, damit sich die Favoriten auf das Gelbe Trikot dort ihre Kämpfe liefern können. Für die Sprinter geht es an diesen Tagen nur darum, innerhalb der Karenzzeit ins Ziel zu kommen, damit sie sich danach in flacherem Terrain wieder messen können.

Philipsen, Ewan und Bauhaus

Nach zwei schweißtreibenden Tagen in den Pyrenäen steht nun also am Freitag (07.07.2023) die nächste Sprintetappe auf dem Menüplan der Tour. Die 7. Etappe endet in Bordeaux, wo die Frankreich-Rundfahrt bereits zum 81. Mal Station macht. Nur Paris war öfter Etappenort. Und wie in der französischen Hauptstadt steht auch die Zielankunft in Bordeaux ganz im Zeichen der Sprinter.

Zwei Massenankünfte hat es bislang bei der Tour in diesem Jahr gegeben. Und nimmt man diese beiden Sprints zum Maßstab, dann ist Jasper Philipsen, der beide Sprints gewann, der Mann, den es in Bordeaux zu schlagen gilt. Am ehesten infrage dafür kommen nach den bisherigen Erkenntnissen der Australier Caleb Ewen und Phil Bauhaus, 28, aus Bocholt.

Bauhaus hat für Aufsehen gesorgt auf diesen ersten beiden Sprintetappen der Tour. In Bayonne sprintete er auf den zweiten Platz hinter dem Etappensieger Philipsen und vor Ewan, einen Tag später belegte er auf der 4. Etappe in Nogaro Rang drei hinter den beiden anderen. "Ich bin beim größten Radrennen der Welt zweimal aufs Podium gefahren. Ich denke, dass ich bewiesen habe, dass ich zu den Besten gehöre", hat Bauhaus danach erklärt.

Tourdebüt mit 28 Jahren

Eine ganz neue Erkenntnis ist das aber nicht. Bauhaus ist ja kein Neuling in der Szene. Bereits seit 2015 ist er als Radprofi unterwegs. Seitdem hat er 20 Siege eingefahren. Die meisten davon allerdings bei eher kleineren Rennen. Auf der größten Bühne des Radsports - der Tour de France - darf er sich in diesem Jahr jedoch zum ersten Mal präsentieren.

Was das mit sich bringt, hat er nach den ersten Tagen und seinen beiden starken Sprints bereits erfahren. "Man merkt einfach, dass die Tour eine viel größere Aufmerksamkeit hat und viel mehr Leute wahrnehmen, dass man hier mitfährt", sagt Bauhaus. Gemerkt hat er das vor allem an den vielen Nachrichten, die er auf einmal erhält. Selbst sein alter Realschullehrer habe sich nach 13, 14 Jahren zum ersten Mal wieder bei ihm gemeldet, hat er erzählt.

Es ist deutlich spürbar, dass ihm diese Art der Aufmerksamkeit nach fast acht Jahren im Profi-Peloton nicht unangenehm ist. Ein wenig überrascht davon, dass es für ihn gleich zu Beginn der Tour so gut gelaufen ist, ist er allerdings doch: "Ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass ich zwei Mal so konstant vorne reinfahre."

Bauhaus weiß sich seinen Weg zu bahnen

Wie alles bei der Tour de France, sind auch die Sprints intensiver als bei anderen Rennen. Die Hektik ist gerade in den ersten Sprints groß, die Sprinter sind noch frisch, die Positionskämpfe aggressiv. Auch Bauhaus weiß sich seinen Weg zu bahnen. In Nogaro sah die Rennjury dabei allerdings auch bei ihm die Grenzen des Erlaubten überschritten. 50 Punkte Abzug im Kampf um das Grüne Trikot, eine Zeitstrafe von 30 Sekunden und 500 Schweizer Franken brummten die Kommissäre ihm als Strafe für eine Rempelei im Finale auf.

Der Ellenbogeneinsatz gehöre in den Sprints halt dazu, findet Bauhaus. Und dass man bei der Tour dabei noch weniger zimperlich sein darf als anderswo, hat er auch schon festgestellt: "Es ist alles viel, viel schneller und die Risikobereitschaft der Sportler ist nochmal viel, viel höher."

Jasper Philipsen jubelt (l.) neben Phil Bauhaus (r.)

Phil Bauhaus (r.) wird bei der 3. Etappe nur von Jasper Philipsen (l.) geschlagen

Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich Sprinter wie Bauhaus bei den Massenankünften mit Tempo 60 bewegen, bei denen sie in Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen fällen müssen. Nachdenken über Risiken und Nebenwirkungen ihres Tuns ist in diesen Momenten kaum möglich. "Normalerweise bin ich vom Typ einer, der relativ frei im Kopf ist", sagt Bauhaus.

Zwiespalt nach dem Tod von Gino Mäder

Sein Tourdebüt steht allerdings auch unter dem Eindruck des tödlichen Unfalls von Gino Mäder bei der Tour de Suisse. Der Schweizer Radprofi war ein Teamkollege von Bauhaus beim Team Bahrain-Victorious. Ein Zwiespalt, der sich kaum auflösen lässt. "Man trauert, aber man hat ja auch jahrelang darauf hingearbeitet, hier zu sein", sagt Bauhaus.

Die Equipe hat ihren Tourauftritt unter das Motto "Ride for Gino" gestellt. Das soll auch den eigenen Fahrern helfen, den Saisonhöhepunkt trotz der Trauer über den gestorbenen Kollegen erfolgreich zu gestalten. Innehalten sieht auch der Radsport nicht vor. Für Bauhaus bedeutet das, sich mit Verve in die gefährlichen Sprints zu begeben. "Am Ende ist es, glaube ich, auch in Ginos Willen, dass wir weitermachen, nach vorne gucken", glaubt er. Die Ergebnisse, die das Team bei der Tour erreiche, seien für Mäder.

Bauhaus' erklärtes Ziel ist ein Etappensieg. Dass er den in sich haben könnte, hat er nun schon deutlich gemacht. Für Nikias Arndt, der Bauhaus die Sprints vorbereitet, ist das keine große Überraschung. "Phil ist in der Form seines Lebens", hat Arndt in Nogaro gesagt. In Bordeaux wird sich zeigen, ob das auch nach den Pyrenäen noch gilt.