Mathieu Van Der Poel (l.) verhalf seinem Teamkollegen Jasper Philipsen zum Etappensieg.
Tourreporter

Zweiter Etappensieg bei der Tour de France Philipsen profitiert von der Weltklasse von Mathieu van der Poel

Stand: 04.07.2023 21:27 Uhr

Jasper Philipsen gewinnt auch die 4. Etappe der Tour de France in Nogaro. Der Belgier ist der schnellste Sprinter im Feld und profitiert von der Vorarbeit von Mathieu van der Poel. Die Konkurrenten sind beeindruckt und machen dem Duo Vorwürfe.

Von Michael Ostermann, Nogaro

Die Geschlagenen und Frustrierten der 4. Etappe der Tour de France verließen den Ort des Geschehens wort- und grußlos. Der Belgier Wout van Aert verschwand auf der Rennstrecke in Nogaro ebenso mürrisch in seinem Teambus wie Europameister Fabio Jakobsen aus den Niederlanden. Van Aert war diesmal nur als Neunter ins Ziel gekommen, Jakobsen anderthalb Kilometer zuvor gestürzt.

Van der Poel stellt sich in den Dienst von Philipsen

Ganz verschiedene Gründe also, um nichts zu sagen. Hätten van Aert und Jakobsen gesprochen, sie hätten wohl zugeben müssen, dass Jasper Philipsen vom Team Alpecin-Deceuninck nach den ersten beiden Sprintetappen und zwei Siegen derzeit der schnellste Mann im Feld ist. Aber vor allem, dass er den stärksten Anfahrer vor sich hat - Mathieu van der Poel.

Van der Poel ist einer der großen Stars des Radsports. Cross-Weltmeister, Gewinner der großen Klassiker Mailand-Sanremo, Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix, Tour-Etappensieger und Träger des Gelben Trikots. Er hat auch eigene Ambitionen bei der Tour, aber in den Sprints stellt er sich ganz in den Dienst von Jasper Philipsen. "Es ist ein Privileg, ihn im Sprint vor mir zu haben", erklärte Philipsen.

Abgeliefert an der 150-Meter-Marke

Das Duo beeindruckt auch die Konkurrenz. "Mathieu ist einer der besten Fahrer der Welt, nicht nur der beste Anfahrer, sondern überhaupt", sagte Caleb Ewan, der in Nogaro auf den zweiten Platz gesprintet war. "Natürlich profitieren sie davon."

Diesmal hatte van der Poel rund 350 Meter vor dem Ziel mit Philipsen am Hinterrad die Führung übernommen und seinen Sprinter an der 150-Meter-Marke abgeliefert. Der Belgier musste die Vorarbeit von dort aus nur noch zu Ende bringen. "Ehrlich gesagt, hatte ich nicht mehr so viel in meinen Beinen, deswegen war ich froh, dass es nur ein kurzer Sprint war", sagte Philipsen.

Dabei war auch bei Alpecin-Deceuninck nicht alles glatt gelaufen in der Vorbereitung auf den Sprint. "Wir mussten ein wenig improvisieren", erzählte Philipsen, dessen Sprintzug im Finale ebenso durcheinandergeraten war, wie den anderen Teams. Doch er selbst immerhin fand noch das für ihn entscheidende Hinterrad von Mathieu van der Poel.

Viele Kurven im Finale - drei Stürze

Nach einer lange Zeit in gemütlichem Tempo verbrachten Etappe, die selbst Philipsen als eine "der langweiligsten Touretappen seit langer Zeit" bezeichnete, geriet das Finale auf der Rennstrecke Paul Armagnac dann extrem hektisch. Die sieben Kurven auf den letzten 2.000 Metern führten zu drei Stürzen, in die mehrere Fahrer verwickelt waren, und erneut zu Kritik an den Streckenplanern.

Moritz Cassalette, Sportschau Tourfunk, 04.07.2023 19:27 Uhr

"Es war extrem gefährlich", kritisierte van der Poel. "Es war sogar gefährlicher als gestern. Wenn man so viele Kurven auf normalen Straßen einbaut gibt es Kommentare, aber auf einer Rennstrecke ist das scheinbar okay."

Strafe für van der Poel, Vorwurf an Philipsen

Van der Poel selbst war in dem chaotischen Finale mit Biniam Girmay aneinandergeraten, dem Sprinter des Teams Intermarché-Circus-Wanty, den van der Poel bei seiner Sprintvorbereitung für Philipsen aus dem Weg drängte. Die Jury verhängte deshalb später eine Geldstrafe von 500 Schweizer Franken gegen van der Poel und relegierte ihn von Platz 16 auf den 22. Platz, was ihn auch noch 13 Punkte im Klassenment des Grünen Trikots kostete.

Das Trikot des Sprintbesten ruht nach zwei Etappensiegen nun auf den Schultern von Jasper Philipsen. Doch auch er sah sich in Nogaro erneut dem Vorwurf ausgesetzt, unsauber gefahren zu sein. Diesmal ging es um den Sturz von Fabio Jakobsen, der in eine Lücke zwischen Philipsen und einem Fahrer des Teams Israel-Premier Tech vorstieß und zu Fall kam.

Geschke über Ausreißer - "Wollte heute keiner machen"

Sportschau, 04.07.2023 17:42 Uhr

In diesem Fall war der Ankläger Danny van Poppel vom deutschen World-Tour-Team Bora-hansgrohe. "Manchmal sieht man jemanden dumme Sachen machen. Und manchmal machen sie es absichtlich", sagte van Poppel dem niederländischen TV-Sender "NOS". "So ist es auch mit Jasper. Er weiß nicht, was er tut. Ich sage nicht, er macht es absichtlich, aber so ist Sprinten."

Nächster Sprint in Bordeaux

Philipsen wies den Vorwurf zurück. Er sei nur seinem Team gefolgt und habe gemerkt, dass Jakobsen in seiner Nähe gewesen sei. "Ich will natürlich nicht, dass jemand stürzt, aber Fabio ist meiner Meinung nach in eine viel zu enge Lücke gefahren", sagte der Etappensieger.

Die aufgeregten Sprinter können ihre Gemüter in den kommenden Tagen nun etwas abkühlen. Am Mittwoch und Donnerstag geht es in die Pyrenäen, da geht es für die endschnellen Radprofis nur darum, die Etappe vor Ablauf der Karenzzeit zu beenden. Auf der siebten Etappe nach Bordeaux, einer der prestigeträchtigsten Sprintankünfte der Tour de France, sind sie dann wieder in ihrem Element. Und es wird sich zeigen, ob die Konkurrenz eine Antwort findet auf Jasper Philipsen - und vor allem Mathieu van der Poel.