Jasper Philipsen (vorne) gewinnt souverän die 11. Etappe
Tourreporter

Vierter Etappensieg Philipsen lässt die Konkurrenz in den Sprints ratlos zurück

Stand: 12.07.2023 21:11 Uhr

Der Belgier Jasper Phlipsen feiert in Moulins seinen vierten Etappensieg bei der Tour de France. Den anderen Sprintern bleibt nichts anderes übrig, als dessen Überlegenheit anzuerkennen.

Von Michael Ostermann, Moulins

Die Frustierten rollten einer nach dem anderen durch den Zielbereich der 11. Etappe der Tour de France in Moulins: Der bemitleidenswerte Europameister Fabio Jakobsen, dem deutlich ins Gesicht geschrieben steht, wie sehr er sich durch diese Tour quält. Der Australier Caleb Ewan, der irgendwie den Faden verloren hat in den Sprintankünften, nachdem er zu Beginn einmal Zweiter und einmal Dritter war.

Oder der deutsche Sprinter Phil Bauhaus, der auch schon geschafft wirkt, aber seinen Optimismus nicht verloren hat. Und Dylan Groenewegen, der diesmal wirklich dran geglaubt hatte. "Diesmal wird es klappen, es wird klappen, es wird klappen", schilderte der Niederländer seine Gedanken auf den letzten 150 Metern. Groenewegen hatte da noch geführt, die Ziellinie vor Augen: "Aber dann hat er mich doch noch überholt."

Philipsen kommt diesmal ohne van der Poel aus

Er ist Jasper Philipsen - der schnellste Sprinter bei dieser Tour de France, der in Moulins nun schon den vierten Sprint für sich entschieden hat. Lediglich auf der 8. Etappe nach Limoges mit einer ansteigenden Zielgeraden hatte er gegen den Dänen Mads Pedersen das Nachsehen gehabt. Bei den flachen Zielankünften aber lässt er die Konkurrenten wie in Moulins ratlos zurück.

Phil Bauhaus: "Muss einfach sagen, dass Philipsen schneller ist"

Sportschau, 12.07.2023 14:00 Uhr

Der Belgier kam diesmal sogar ohne seinen Anfahrer Mathieu van der Poel aus, der ihm seine ersten drei Etappensiege exzellent vorbeitet hatte. Doch van der Poel fühlt sich offenbar nicht ganz wohl zurzeit, weshalb er diesmal für die Vorbereitung ausfiel. Philipsen musste sich deshalb diesmal selbst seinen Weg suchen und schaffte es schließlich an Groenewegens Hinterrad zu springen.

Auf dem Weg dorthin hatte Philipsen mit Phil Bauhaus um diese Position gerangelt und sich im zweiten Anlauf durchgesetzt. Der Sprint geriet dann derart fulminant, dass Groenewegen als Zweiter mit einer Radlänge Rückstand ins Ziel kam. "Man muss einfach zugeben, dass Philipsen schneller ist", sagte Bauhaus, der in Moulins zum zweiten Mal bei dieser Tour auf Rang drei sprintete. Als Philipsen seinen Sprint ansetzte, habe er schon nicht mehr dagegengehalten, weil er gemerkt habe, "da geht nichts mehr", so Bauhaus.

Sportschau Tourfunk, 12.07.2023 19:19 Uhr

Fabio Jakobsen ist desillusioniert

Gar nichts geht derzeit auch bei Fabio Jakobsen. Der Niederländer hatte den Sprint auf der 3. Etappe der Tour vermasselt und war einen Tag später im Finale recht heftig zu Fall gekommen. Seitdem kämpft er mehr ums Durchkommen als um Sprintsiege.

In Moulins war er als Sechzehnter ins Ziel gekommen, obwohl sein Team den ganzen Tag mitgeholfen hatte, das Rennen unter Kontrolle zu halten, damit es zu einem Massensprint kommen konnte. Jakobsen wollte darüber dann später lieber nicht sprechen. Stattdessen gab sein Sportlicher Leiter Tom Steels einen Einblick in dessen Seelenzustand. "Er ist nicht wütend, eher desillusioniert von der Tatsache, dass er an der Entscheidung nicht dabei sein kann", sagte Steels.

Bei Jakobsen stellt sich die Frage, ob es für ihn überhaupt Sinn ergibt, weiterzumachen. Schon in den vergangenen Tagen tat er sich schwer, im Zeitlimit zu bleiben, wenn das Profil schwieriger wurde. Und während am Donnerstag (13.07.2023) noch einmal eine mittelschwere Etappe ansteht, geht es dann für fünf Tage ins Hochgebirge. Sein Sprinter wolle unbedingt bis Paris durchhalten, sagte Steels in Moulins. Doch das sei sowohl körperlich als auch mental eine große Herausforderung.

Noch drei Chancen für die Sprinter

Dieser Herausforderung werden sich auch die anderen Sprinter stellen müssen, in der Hoffnung, dass sich bei den wenigen Gelegenheiten, die sich den endschnellen Radprofis bei dieser Tour noch bieten, ein Mittel gegen Philipsen finden lässt. Drei Chancen gibt es realistisch betrachtet noch für die Sprinter bei dieser Tour. Doch die kommen erst weit in der dritten Woche, wenn die Müdigkeit dafür sorgt, dass die Sprints anders verlaufen als zu Beginn der Rundfahrt. Und dann natürlich am letzten Tag in Paris.

Dort hat Philipsen bereits im vergangenen Jahr einen seiner beiden Etappensiege gefeiert. "Das alles kommt nicht aus dem Nichts", sagte Philipsen auf die Frage, wie er seine Dominanz erkläre. "Ich habe hart an mir gearbeitet, das ganze Team hat hart gearbeitet", erklärte er. In den vergangenen Wochen vor der Tour habe er vor allem mehr in den Bergen trainert als an seinen Sprints.

Groenewegen glaubt immer noch dran

Damit ist er gut gefahren und mit jedem Erfolg ist sein Selbstbewusstsein in gleichem Maße gestiegen wie der Frust bei seinen Konkurrenten. Auch im Kampf um das Grüne Trikot des Punktbesten ist Philipsen wohl nur noch durch Unheil oder Krankheit zu stoppen. Sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten in dieser Wertung, den Franzosen Brian Coquard, beträgt schon 145 Zähler.

Den anderen Sprintern bleibt bisweilen nur Zweckoptimismus. "Wir werden auf gar keinen Fall aufgeben", sagte Bauhaus' Teamkollege Nikias Arndt. Und auch Groenewegen glaubt offenbar noch daran. "Man kann ihn schlagen, davon bin ich fest überzeugt", sagte er in Moulins. Aber er hatte dort ja auch schon gedacht, dass es diesmal klappen würde - fälschlicherweise.