Die deutsche Weitspringerin Malaika Mihambo bei der Leichtathletik-WM in Eugene.
analyse

Busemanns EM-Orakel Sprung Mihambo springt "unfassbar gut" - Duplantis eine Klasse für sich

Stand: 05.06.2024 10:51 Uhr

Weitspringerin Malaika Mihambo ist bei der Leichtathletik-EM in Rom eine der großen deutschen Medaillenhoffnungen. Spektakel dürfte es im Stabhochsprung geben - dank eines Ausnahmeathleten aus Schweden. ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann mit seinen Sprung-Einschätzungen.

Hochsprung

Weltmeister Tamberi ist das Maß aller Dinge

Vizeeuropameister Tobias Potye muss aufgrund der länger als gedacht dauernden Heilung eines kleines OP-Eingriffs kurzfristig auf den EM-Start in Rom verzichten. Olympiasieger und Weltmeister Gianmarco Tamberi will seinen Titel verteidigen. Kommt es anders, wird das Stadion mit Tränen geflutet.

Jonas Wagner hat sich in diesem Jahr im mittleren Zwanzigerbereich stabilisieren können und will den Sprung ins Finale schaffen. Mateusz Przybylko, Europameister von Berlin 2018, hat sich nach gesundheitlichen Problemen etwas tiefer als Wagner eingeschossen und muss mit seinem schnellen Anlauf genau den Punkt des Absprunges treffen, damit es ihn nach oben katapultiert.

Honsel will sich für starke Hallensaison belohnen

Bei den Frauen geht Gold nur über die Titelverteidigerin Yaroslava Mahuchikh. Christina Honsel entwickelt sich nach einer starken Hallensaison in die richtige Höhe. Mit Saisonbestleistung kann sie in die Top 6 springen. Dasselbe gilt für Imke Onnen, die langsam wieder an alte Stärke anknüpft.

Frank Busemann, Leichtathletik-Experte bei der Sportschau

ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann.

Weitsprung

Furlani will beim Heimspiel nach ganz vorne springen

Der Weitsprung wird seit fast einen Jahrzehnt vom griechischen Dauerhüpfer Miltiadis Tentoglou beherrscht. Bis Rom. Da kommt der Jugendliche Mattia Furlani und wird von einem patriotischen Stadion nach vorne gepeitscht. Der darf jetzt nicht überdrehen, aber so eine Situation setzt bei jungen Sportlern ungeahnte Kräfte frei. Hat der Titelverteidiger dem jungspundigen Angriff noch etwas entgegenzusetzen? Wann findet die Wachablösung statt? Und die beiden können froh sein, dass die Zehnkämpfer Weitsprung nur so ein bisschen machen. Simon Ehammer wird in Rom bei der Vergabe der Medaillen in seiner Paradedisziplin mitreden. Oder ist er Weitspringer? Man weiß es nicht, er ist einfach zu gut. Da ist er WM-Dritter 2022. Mit ihm wird zu rechnen sein.

Batz könnte an einer Medaille schnuppern

Simon Batz hat sich in den letzten Jahren immer weiter entwickelt. Mit seinem vierten Platz in der Diamond League in Doha am Anfang der Saison hat er gezeigt, dass er kein Sprungschanzenspringer ist, sondern auch in Rom bestehen können wird. Sprünge jenseits der Acht-Meter-Marke sind eher Muss als Glück, sie treiben ihm keine Schweißperlen mehr auf die Stirn. Und mit so einer Leistung schnuppert man an der Medaille. Und die riecht immer gut.

Neu im Team ist Luka Herden, der im letzten Jahr auf 8,14 Meter segelte. Er wird die Atmosphäre im Stadion genießen und wertvolle Eindrücke mitnehmen. Maximilian Entholzner kennt sich dahingehend schon ein wenig besser aus und muss auch alle Konzentration in die allerersten Sprünge legen. Der Aufwärtstrend, den man Ende Mai festmachen konnte, sollte ihm aber die gewisse Gelassenheit mitgeben.

Gold für Mihambo ist kein Selbstläufer

Der feminine Weitsprung ist aus deutscher Sicht seit Jahren der Besänftiger ehrgeiziger Zuschauergemüter. Eine liefert immer. Die Ikone, die Mutter der Nervenstärke, die Olympiasiegerin Malaika Mihambo. Doch Titelverteidigerin ist sie nicht. Man sollte also nicht denken, dass es ein Selbstläufer wird. Mihambo hat sich seit Jahren immer wieder in erstklassigen Feldern durchgesetzt, weil sie so unfassbar gut ist. Das ist aber kein Garant, dass es immer klappt.

Titelverteidigerin Ivana Spanovic hat ihr vor zwei Jahren die Heimshow vermasselt, ist in Rom aber nicht dabei. Sie konzentriert sich nach dem WM-Titel im letzten Jahr in diesem Sommer auf den Olympiasieg - den letzten großen Titel, der ihr noch fehlt.

Aber wir haben geballte Frauenpower am Start. Mit Mikaelle Assani und Laura Raquel Müller sind da zwei weitere Athletinnen am Start, die sich anschicken, irgendwann in die großen Fußstapfen einer Mihambo treten zu können. Sie haben schon einige Male unter Beweis gestellt, dass sie auf allen Anlagen dieser Welt verdammt weit springen können. Rutscht ihnen einer raus, könnte ruckzuck eine Medaille um ihren Hals hängen.

Stabhochsprung

Wie hoch hinaus geht es für Weltrekordler Duplantis?

Im Stabhochsprung der Männer geht es wie immer nur darum, ob Armand Duplantis Weltrekord springt oder nicht. Gold ist schon vergeben, aber seit München 2022 wissen wir, dass die Medaillenränge mitunter spannende Aspekte bereithalten. Bo Kanda Lita Baehre ist dieses Mal nicht so stark. Er wird seine Silbermedaille nicht wiederholen können, aber vielleicht springt ja der wiedererstarkte Torben Blech ein. Die beiden haben das Potenzial, um in die Top sechs zu springen. Mit Thibaut Collet und Emmanouil Karalis haben zwei Springer Ansprüche auf die Siegerehrung angemeldet, wobei der Grieche im letzten Aufeinandertreffen vor der EM (höhengleich mit Lita Baehre) den Franzosen in Schach hielt. Oleg Zernikel wurde im letzten Nominierungsrutsch berücksichtigt. Er versucht weiter an Sicherheit in der noch jungen Saison zu arbeiten.

Gute Saisonleistungen von Knäsche und Otchere

Bei den Frauen geht der Titel nur über die britische Hallenweltmeisterin Molly Caudery. In München noch Siebte, hat sie sich in letzter Zeit auf einem erstaunlich hohen Level etabliert. Sie wird sich einen engen Fight mit der finnischen Titelverteidigerin Wilma Murto liefern. Aus deutscher Sicht gilt es für Anjuli Knäsche und Jacqueline Otchere, an ihre guten Vorleistungen anzuknüpfen und vielleicht sogar eine persönliche Bestleistungen aufzustellen. In München vor zwei Jahren wurden für die Plätze vier bis acht übersprungene 4,55 Meter benötigt. Doch dazu muss bei der entsprechenden Höhe der dazugehörige Sprung passen.

Dreisprung

Für Hess wäre Platz vier großer Erfolg

Die deutschen Farben werden im Dreisprung einmal mehr vom Titelträger von 2016 vertreten. Max Hess kommt nach einigen verletzungsgeplagten Entwicklungsunterbrechungen immer besser in Fahrt: Er nähert sich in der Freiluftsaison wieder der 17-Meter-Marke. Schafft er es ins EM-Finale von Rom, kann es dort für ihn bis auf Platz vier hochgehen. Die Big Boys vorne werden die drei Medaillen aber unter sich aushüpfen.

Gierisch geht "all in" in der Qualifikation fürs Finale

Bei den dreifach springenden Frauen ist Titelverteidigerin Maryna Bekh-Romanchuk nicht am Start, sodass sich Chancen für andere Springerinnen auftun. Ana Peleteiro-Compaore bietet sich in diesem Feld als Jahresbeste und Erfahrenste als erste Aspirantin auf den Titel an.

Den Sprung ins Aufgebot hat nach langer Leidenszeit die EM-Zweite von 2018 Kristin Gierisch geschafft. Sie wird alles in die Quali reinhauen und sauber und selbstbewusst an die Sache rangehen.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 07.06.2024 | 09:55 Uhr