Hockey-Nationalmannschaft feiert Tor bei EM

Hockey-EM Hockey-Verband will bei Heim-EM Eventcharakter erzeugen

Stand: 22.08.2023 13:51 Uhr

Bei der Hockey-EM in Mönchengladbach möchte der Deutsche Hockey-Bund mit Auftritten bekannter Musiker für mehr Zuschauer sorgen - das Konzept geht aber noch nicht komplett auf.

Von Christina Schröder

Die Fangesänge der 9.500 Zuschauer hatten die deutschen Hockey-Männer bei ihrem 3:0-Triumph gegen die Niederlande geradezu beflügelt. Unmittelbar nach dem Vorrundenspiel performte die Hermes House Band vor einem gähnend leeren Stadion. Dass die Musiker bei dem Song "Country Roads, take me home" unaufhörlich tapfer zum Mitklatschen animierten, weckte fast Mitgefühl.

Nach zwölf Jahren richtet der Deutsche Hockey-Bund (DHB) wieder ein internationales Turnier in Mönchengladbach aus, im einzigen Hockeystadion Deutschlands, und möchte es besser machen, als zuvor. Damit geht der verhältnismäßig kleine Verband auch ein wirtschaftliches Risiko ein.

Hockey-EM birgt wirtschaftliches Risiko für DHB

Vor eineinhalb Jahren wurde personell umstrukturiert und die bereits gewonnene Ausrichtung der Europameisterschaft landete auf dem Tisch des neuen kaufmännischen Vorstands Niclas Thiel: "Vor etwa einem Jahr waren wir kurz davor, die Ausrichtung zurückzugeben, weil wir ein hohes wirtschaftliches Risiko hatten und die Zeit bis zur Veranstaltung bereits weit vorangeschritten war."

Erstmals stemmt der DHB aus den eigenen Reihen, in der Vergangenheit hatte sich eine Agentur darum gekümmert. "Wir wollten einfach selbst mehr Einfluss auf die Gestaltung haben. Wir haben uns als Verband damit auseinandersetzt, wie man so ein Event aufzieht. Die Niederländer haben beispielsweise eine eigene Eventabteilung mit etwa fünf Leuten."

Der DHB investierte in eine Event-Direktorin und holte sich Partner an die Seite. Einer davon ist Michael Hilgers, Hockey-Olympiasieger von 1992. Hilgers ist Geschäftsführer des Hockeyparks, gemeinsam entstand die Idee, Konzerte mit ins Turnier zu integrieren.

Der Verband möchte mit diesem Event zeigen, dass er internationale Turniere ausrichten kann, und das nachhaltig. Es soll nicht wieder ein Jahrzehnt bis zur nächsten EM-Ausrichtung verstreichen. "Wir haben jetzt einen Eventplan mit je einem internationalen Turnier in Deutschland bis zu den Olympischen Spielen in L.A. 2028", so Thiel. Unter anderem will sich der DHB bis dahin für jede Europameisterschaft bewerben.

Heim-EM "große Chance, für Hockey zu begeistern"

Frauen-Bundestrainer Valentin Altenburg glaubt an "eine große Chance, Menschen für Hockey zu begeistern und eine neue Generation zu inspirieren". André Henning, Bundestrainer der Männer, nahm unterdessen beide Nationalteams mit in die Pflicht: "Am Ende müssen wir natürlich auch dafür sorgen, dass wir dann an den Endspieltagen auch zu sehen sind. Das ist der Teil, den wir beitragen können: nachhaltig für Erfolg sorgen."

Das sportliche Interesse ist vorhanden: Die Spielerinnen und Spieler wirkten nach ihren Partien bislang beseelt vom heimischen Publikum und der Atmosphäre - keiner von ihnen hat je ein so großes Turnier zu Hause gespielt. Zwei Spieltage in der Vorrunde der deutschen Männer waren ausverkauft. Verständlich, schließlich ist Deutschland derzeit Weltmeister, die mediale Aufmerksamkeit mit dem Titelgewinn im Januar wirkt noch nach.

Hockey-Nationalspielerin Sonja Zimmermann mit Fans bei Heim-EM

Bei den Partien der deutschen Frauen blieben hingegen noch einige Plätze frei. Zusätzlich sind in der deutschen Gruppe Teams aus dem Vereinigten Königreich sowie Irland vertreten. Die Zuschauerzahlen wären mit Gruppengegnern aus den naheliegenden Niederlanden und Belgien vermutlich höher ausgefallen.

Die Aufmachung des Events ist durchaus gelungen. Im sogenannten Fan-Village gibt es nahezu alles, was das Fanherz höher schlagen lässt: zahlreiche Verköstigungsangebote, Hockeyshops, bis hin zu einem Stand, an dem sich die Geschwindigkeit des eigenen Torschusses messen lässt. Nur die Idee mit den Konzerten funktioniert nicht so richtig.

Konzerte finden bei Hockey-EM kaum Beachtung

Eigentlich hatte sich der DHB durch die Promotion von Künstlern wie Popsänger Clueso, der Karnevalsband Die Höhner sowie der Hermes House Band für deren Auftritte während der Spieltage ein größeres Interesse von Menschen außerhalb der Hockey-Community erhofft. Ob aber tatsächlich Zuschauer wegen der Kurzauftritte kommen, ist fraglich. Bislang sind die meisten Plätze verwaist, wenn die Musiker während der Halbzeitpause oder zwischen den Spielen die kleine Bühne betreten.

Bei dem Klassiker der deutschen Männer gegen die Niederlande strömten fast alle Zuschauer zum Essen und Vergnügen in Richtung Fan-Village, statt mit der Hermes House Band zu feiern. Bei der Karnevalsband Die Höhner blieben zwar ein paar mehr Menschen auf ihren Plätzen, aber wirklich Stimmung kam kaum auf.

Lediglich am ersten Spieltag der Frauen verfolgten die meisten der knapp 4.000 Zuschauer das Konzert von Clueso. Der Sänger spielte als einziger ein komplettes Konzert bei dem Event, und das im Anschluss des Spieltages. Der Zuspruch war zwar größer - Clueso hatte seinen Auftritt im Vorfeld aber kaum promotet, so wie es sich der DHB erhofft hatte.

Die deutschen Hockeyspielerinnen feierten den Auftritt trotzdem. Sie waren nach ihrem gelungen Turnierauftakt vor Ort geblieben: Das DHB-Team stand Arm in Arm auf dem Hockeyplatz und sang lautstark mit, als Clueso ihren gemeinsamen Lieblingssong "Chicago" spielte - das unkonventionelle Konzept des DHB fand zumindest bei den "Danas" Anklang.