Erstes EURO-Gruppenspiel gegen Frankreich Rüdiger übermotiviert, Havertz harmlos - die Einzelkritik

Stand: 15.06.2021 23:00 Uhr

Gegen Frankreich hatte das deutsche Team trotz der 0:1-Niederlage über weite Strecken große Spielanteile, agierte aber zu fehlerhaft und entwickelte zu wenig Gefahr. Besonders die Auftritte der Champions-League-Sieger waren sinnbildlich.

Manuel Neuer (Tor): Der DFB-Kapitän war sofort in EM-Form. Erst eine starke Parade gegen Kylian Mbappé (17.), dann als Libero zur Stelle am rechten Strafraumeck gegen den Stürmer. Beim Gegentor machtlos, ansonsten blieb er aber nahezu beschäftigungslos.

Matthias Ginter (Abwehr - bis 87.): Joachim Löw sagt über den Gladbacher, er sei "die Zuverlässigkeit in Person". Das stellte Ginter gegen Frankreich auch direkt unter Beweis. Bei Hereingaben oftmals rettend zur Stelle, große Sicherheit und Präzision im Passspiel. Es ist bereits sein viertes Turnier für Deutschland, aber sein erstes als Stammspieler. Und im ersten Spiel hat er gezeigt, warum er aktuell gesetzt ist.

Mats Hummels (Abwehr): Der Unglücksrabe - und das auch noch an seinem Hochzeitstag. Der Dortmunder erzielte das erste Eigentor der DFB-EM-Geschichte. Gerade in der zweiten Halbzeit wurde Hummels immer wieder in Laufduelle gegen Mbappé verwickelt, in einer dieser Situation hätte es nach seiner Grätsche durchaus Elfmeter geben können.

Antonio Rüdiger (Abwehr): Starker und präsenter Start, dann jedoch mit mehreren unglücklichen Aktionen. Beim 0:1 zu ungestüm, als er Robin Gosens außen unnötig zur Hilfe kam, so entstand das riesige Loch in der deutschen Defensive. Auch seine Beiß-Attacke gegen Paul Pogba war vollkommen unnötig, da hatte er Glück, dass das nicht sanktioniert wurde. Beim Pfostenschuss von Adrien Rabiot hob Rüdiger das Abseits auf (51.).

Joshua Kimmich (Mittelfeld): Das war nicht der Abend des Bayern-Stars. In der siebten Minute bereits mit einer Gelben Karte verwarnt, verkrampfte er, auch weil er nicht wie gewohnt viele Spielanteile hatte. Auf der rechten Seite lange nahezu ohne Wirkung und stets gefährdet, vom Platz zu fliegen. Nach 56 Minuten mit einem starken Zuspiel auf Gnabry. Hatte Glück, dass seine Passivität gegen Mbappé nicht bestraft wurde, weil dessen Tor wegen Abseits noch aberkannt wurde.

Ilkay Gündogan (Mittelfeld): Starkes Solo in der 24. Minute, ansonsten war es jedoch ein unglücklicher Auftritt. Bei Manchester City diktiert er das Mittelfeld, im DFB-Team war er an diesem Abend von dieser Rolle weit entfernt. Er fehlte im Zentrum vor dem 0:1, selbst schloss er bei der besten deutschen Chance in der 38. Minute unglücklich ab. In der zweiten Halbzeit tauchte Gündogan nahezu gänzlich ab.

Toni Kroos (Mittelfeld): Ein ganz anderer Kroos als gewohnt. Der Real-Profi hatte zu Beginn gleich mehrere Balleroberungen, führte dann immer wieder intensive Zweikämpfe mit Paul Pogba - und konnte dabei gut dagegenhalten. Aber: Das Spielerische litt darunter. Zwei Freistöße aus bester Position in der ersten halben Stunde schoss er schwach, dazu landeten zu viele Zuspiele beim Gegner.

Robin Gosens (Mittelfeld - bis 87.): Der Italien-Profi startete nervös, spielte zu viele Fehlpässe. Seine starke Flanke auf Thomas Müller (22.) gab ihm Sicherheit, von da an spielte Gosens deutlich besser. Er bereitete auch die gute Chance von Gnabry stark vor (54.). Defensiv und offensiv einer der stärksten Deutschen.

Kai Havertz (Angriff - bis 74.): Der Torschütze im Champions-League-Finale bekam den Vorzug vor Leroy Sané, aber zahlte das Vertrauen nicht zurück. Unheimlich viele Ballverluste und Fehler in der ersten Halbzeit. Auch wenn es im zweiten Durchgang etwas besser war, war das auch in Sachen Körpersprache kein guter Auftritt. Havertz machte nicht den Eindruck, als sei er derjenige, der dem DFB-Team die Wende bringen könnte.

Thomas Müller (Angriff): Raphael Varane und Presnel Kimpembe hatten den Bayern-Stürmer bestens im Griff. Müller suchte vergeblich die Räume, weil Frankreich alle Löcher schnell stopfte. Beim Kopfball in der 22. Minute fehlten ihm wenige Zentimeter, sonst wäre es gefährlich geworden. Müller versuchte oftmals auch vergeblich, seine Mitspieler zu einem höheren Pressing zu animieren.

Serge Gnabry (Angriff - bis 74.): Mit guten Aktionen in der Rückwärtsbewegung brachte er sich in der Anfangsphase ins Spiel ein und hatte dann auch einige Offensivaktionen. Seine Dynamik konnte er jedoch nur äußerst selten ins Spiel bringen. Bei seinen guten Ausgleichschancen in der 54. und 57. Minute hätte mehr rauskommen müssen.

Einwechslungen:

Leroy Sané (Angriff - ab 74.): Er trat in der 88. Minute zum Freistoß an und verzog deutlich. Und auch in anderen Szenen fiel er nicht gerade positiv auf.

Timo Werner (Angriff - ab 74.): Der Chelsea-Stürmer hatte einige unglückliche Aktionen. Seine Einwechslung hatte ebenfalls keinen Effekt.

Kevin Volland (Mittelfeld - ab 87.): Der Angreifer konnte sich in den letzten Minuten in ungewohnter Position auf der linken Seite nicht mehr in Szene setzen. Seine Hereingaben landeten meist im Aus.

Emre Can (Mittelfeld - ab 87.): Im defensiven Mittelfeld konnte der Dortmunder keinen Umschwung mehr bewirken.