Lamin Yamal jubelt mit Fermin Lopez Marin
analyse

Souveräner Auftaktsieg Mit diesen Spaniern ist bei der EM zu rechnen

Stand: 15.06.2024 23:48 Uhr

Es war das Duell zweier Mitfavoriten. Seine Qualitäten zeigen konnte nur einer. Spanien nutzte die von Kroatien vernachlässigten Räume gnadenlos aus und feierte einen souveränen 3:0-Auftaktsieg. Dabei blickten alle auf einen historischen Youngster - aber noch mehr glänzte ein Spieler, der eher im Schatten steht.

Von Johannes Mohren, Berlin

Es lief die Nachspielzeit der ersten Hälfte, als die Geschichte des Spiels fast zu kitschig wurde, um wahr zu sein. Lamine Yamal flankte von der rechten Seite - und er machte es in solcher Perfektion, dass Dani Carvajal nur den Fuß hinhalten musste, um den Ball zum 3:0 ins Tor zu rutschen.

16 Jahre und 338 Tage bedienten in diesem Moment 32 Jahre. Oder anders formuliert: Der historisch jüngste Spieler bei einem großen Turnier (Yamal) machte den Routinier von Real Madrid (Carvajal) zu Spaniens ältestem EM-Torschützen.

Spaniens historische erste Halbzeit

Es war ein Treffer, der Spaniens Auftritt schon vor der Pause endgültig zu einem Statement werden ließ. Nie zuvor hatte die "Furia Roja" bei einer Europameisterschaft drei Tore in der ersten Hälfte geschossen - Kroatien wiederum noch nie drei kassiert. Dass es dazu nun im Duell zweier Mitfavoriten des Turniers kam, war also zumindest unerwartet.

"Ich bin sehr glücklich. Das gibt uns jetzt einen Boost und die Ruhe, die wir brauchen. Aber wir müssen die Füße auf dem Boden behalten", sagte Spaniens Coach Luis de la Fuente.

De la Fuente: "Yamal beeindruckt jeden"

Besonnenheit forderte er auch im Umgang mit seinem historischen Youngster Yamal nach dessen erstem EM-Auftritt. Allzu viele Worte wollte er gar nicht über ihn verlieren. Wohl auch, um den Hype um den Teenager nicht noch größer werden zu lassen.

"Yamal beeindruckt jeden", sagte der 62-Jährige also klar aber knapp - und: "Er muss sich jeden Tag noch weiter verbessern. Mit der Zeit wird er ein wundervoller Fußballer sein."

Eigentlich ist er es jetzt schon. Yamal, auch beim FC Barcelona bereits Stammspieler, kam bis zu seiner Auswechslung in der 86. Minute auf sechs Torschussbeteiligungen. Mehr als jeder andere Spieler. Er wirbelte auf der rechten Seite. Mit Tempo, mit Technik und mit Zug zum Tor.

Begünstigt auch dadurch, dass Kroatien ihm und seinen offensiven Mitspielern oft zu viel Freiraum ließ. Als der zu Beginn der zweiten Hälfte noch größer und größer wurde, stoppte ihn Kroatien-Keeper Dominik Livakovic gleich zwei Mal in höchster Not.

Loblied auf Fabian Ruiz

Dass am Ende nicht Yamal zum "Man of the Match" gekürt wurde, hatte dennoch seine Richtigkeit - bei aller verständlichen Euphorie rund um das 16 Jahre alte Mega-Talent.

Denn für diesen Preis hatte sich Fabian Ruiz zu sehr aufgedrängt. Der Mittelfeldmann von Paris Saint-Germain zeigte gleich zum Start die ganze Palette seines Könnens. Sein Schnittstellen-Pass auf Alvaro Morata vor dem Tor zum 1:0 verdiente das Prädikat "Weltklasse". Das 2:0 erzielte er selbst - zielstrebig nach mehreren Haken durch Kroatiens Abwehr.

"Der Trainer mag es, wenn wir von der Strafraumgrenze schießen", sagte der 28-Jährige nach der Partie. Was der Trainer noch mag? Fabian Ruiz. Während de la Fuente bei Yamal bewusst bremste, geriet er über ihn ins Schwärmen.

Ruiz sei "ein außergewöhnlicher Spieler. Er hat eine brillante Technik. Wir wissen, was er der Mannschaft gibt. Ich kenne ihn, seitdem er sehr jung war. Er ist die Verkörperung der Spieler, die hart im Schatten arbeiten."

Spaniens Trainer ist vom eigenen Team beeindruckt

Gegen Kroatien spielte er sich eindrucksvoll ins Licht. Ist Spanien nun in der Favoritenrolle für die EM? "Wir können nicht kontrollieren, was von außen passiert", sagte de la Fuente.

Intern aber schon. Da wollen sie in Ruhe - eines der Lieblingsworte des Trainers an diesem Abend - weiterarbeiten. Schließlich mussten die Spanier auch brenzlige Situationen überstehen und taten das teils auch mit Glück. Doch der Trainer würdigte auch die Qualitäten seines Teams: "Wir haben das Spiel kontrolliert und es gut gemanagt. Das für ein junges Team so fokussiert über 90 Minuten zu machen, war sehr beeindruckend."

Eine Mannschaft "mit vielen Optionen"

Und de la Fuente sagte noch etwas: Es sei eine spanische Nationalmannschaft "mit vielen Optionen". Auf dem weiteren Weg durchs Turnier ist das wohl die wichtigste Erkenntnis. Zur Halbzeit etwa hatten die Kroaten mehr Ballbesitz als die Spanier (56 Prozent). Früher fast undenkbar.

Doch das Spiel des Teams von de la Fuente hat Zielstrebigkeit als neue Variable. "Wir haben die Lücke gefunden und das ausgenutzt. Was entscheidend ist, sind die Tore und die drei Punkte", sagte Ruiz zum 1:0. Das mag für das Land des gepflegten Kurzpassspiels sehr pragmatisch klingen. Zum Turnierstart war es aber vor allem eins: erfolgreich.