Oliver Glasner im Gespräch mit Julian Nagelsmann

Neuer Bundestrainer Nagelsmann, van Gaal und Co. - Abwägungen und Prognosen

Stand: 12.09.2023 20:28 Uhr

Wer wird neuer Bundestrainer? Einige Namen werden schon länger gehandelt, andere sind nach Flicks Freistellung dazugekommen.

Hohe Kompetenz, eine klare Vorstellung, wie "sein" Fußball aussehen soll, hohe Akzeptanz bei allen relevanten Interessengruppen, ein Alter, das näher an den spielenden Generationen als an denen liegt, die über die Nachfolge von Bundestrainer Hansi Flick entscheiden: Xabi Alonso wäre vermutlich der Richtige.

Alonso, Baumgart und Co. - wohl nur theoretisch Kandidaten

Aber irgendwas ist ja immer, und bei Alonso ist es sein gültiger Vertrag mit Bayer Leverkusen, der Schwierigkeiten machen dürfte. Außerdem ist Alonsos Name noch gar nicht in der breiten Öffentlichkeit genannt worden, genauso wenig wie der von Steffen Baumgart, der ebenfalls über viele Eigenschaften verfügt, die nun gefragt sind.

Aber Namen kursieren dennoch, ein paar davon wurden sogar schon genannt, als Flick noch die Chance bevorstand, mit überzeugenden Spielen gegen Japan und Frankreich seinen Job zu retten. Er vergab sie beim ersten Versuch, und so teilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Sonntag (10.09.2023) mit, dass der Bundestrainer freigestellt sei und ein neuer gesucht werde.

Was ist mit Klopp, Matthäus oder van Gaal?

Zu den bereits kursierenden Namen von Julian Nagelsmann, Oliver Glasner und Louis van Gaal gesellten sich die von Matthias Sammer, Roger Schmidt, Rudi Völler und Stefan Kuntz.

Auch der Name von Jürgen Klopp wurde genannt, auch wieder als Wunschkandidat. Hans-Joachim Watzke hatte sich als langjähriger Vertrauter stark darum bemüht, Klopp als Nachfolger des am Sonntag freigestellten Hansi Flick zu gewinnen. Klopp erteilte dem DFB nach Informationen der Sportschau aber eine Absage.

Eine Absage kam schon von Lothar Matthäus, allerdings ohne den Hinweis, dass ihn vermutlich niemand vom DFB gefragt hatte.

Nagelsmann würde wohl Ablöse kosten

Bei Julian Nagelsmann ist in verschiedenen Beiträgen zu lesen, dass "die Nagelsmann-Seite" erstaunt gewesen sei, dass der DFB nicht schon im Sommer nach den schwachen Länderspielen gegen die Ukraine (3:3), Polen (0:1) und Kolumbien (0:2) kontaktiert worden sei, schließlich habe ja jeder gewusst, dass Flick in ernster Gefahr und Nagelsmann frei sei. Wobei "frei" auch relativ ist, denn Nagelsmanns Vertrag mit dem FC Bayern München ist noch gültig. Wer ihn haben möchte, muss nach den üblichen Regeln der Branche eine Ablöse zahlen. Aber in der Branche wird auch ganz gerne gesehen, wenn jemand mit sehr üppigem Salär von der Gehaltsliste verschwindet. Wäre der DFB sicher auch, wenn jemand käme, der Hansi Flick unter Vertrag nehmen möchte.

Geld, Verfügbarkeit, Interessen von Beratern, persönliche Befindlichkeiten und Vorlieben - all das spielt in der Gerüchteküche eine Rolle, und vieles davon dann auch bei der Auswahl des neuen Bundestrainers. Insofern ist es schwierig, Prognosen abzuwägen, gleichwohl ist es interessant, die Namen unter verschiedenen Gesichtspunkten durchzugehen.

Julian Nagelsmann: Sein Sachverstand dürfte außer Frage stehen. Ist noch sehr jung, kokettiert bisweilen aber auch damit. Das kostet ihn gerade bei Jüngeren Punkte. Von seinem Gehalt beim FC Bayern sicher verwöhnt, aber selbst der klamme DFB dürfte mit Blick auf die EM 2024 in Deutschland alles ausreizen.
Prognose: Wenn der DFB Nagelsmann haben möchte, wird er ihn bekommen.

Oliver Glasner: Gewann mit Eintracht Frankfurt die Europa League - im Elfmeterschießen. Kein Makel, aber es zeigt, wie schmal der Grat sein kann. In der vergangenen Saison trennte sich die Eintracht dann von ihm, unter anderem, weil es durchaus schwierig sein kann, mit ihm zusammenzuarbeiten. Derzeit ohne Verein, daher wird Glasner hochgehandelt. Sein Sachverstand steht ebenfalls außer Frage.
Prognose: Der DFB dürfte sich ernsthaft mit ihm beschäftigen.

Burkhard Hupe, Sportschau, 11.09.2023 10:42 Uhr
Philipp Weiskirch, Sportschau, 11.09.2023 10:43 Uhr

Matthias Sammer: Seit Jahrzehnten eine wichtige Stimme im deutschen Fußball. Diplomatie kennt er nur als Wort aus dem Duden. Das dürfte vielen Männern und Frauen beim DFB nicht gefallen. Seit etlichen Jahren meldet sich Sammer aus der zweiten Reihe zu Wort, als externer Berater bei Borussia Dortmund und auch in der Task Force des DFB. Rudi Völler hätte ihm den Vortritt als Sportdirektor gelassen, aber das soll Sammer abgelehnt haben.
Prognose: Als Bundestrainer mit Trillerpfeife auf dem Platz steht Matthias Sammer lat SID definitiv nicht zur Verfügung. Aber gut möglich, dass der DFB für ihn einen Posten schafft, auf dem Sammer viel für die Nationalmannschaft bewirken darf, auch wenn er unbequem ist.

Stefan Kuntz: Allgemein akzeptiert wegen seiner einnehmenden Art und seiner Kunst, Begeisterung zu entfachen. Seine Fachkompetenz wird von einigen durchaus in Zweifel gezogen. War außer Flick der Kandidat, als es darum ging, einen Nachfolger für Joachim Löw zu finden. Kuntz war damals enttäuscht über die Art der Verhandlungsführung, dürfte aber kaum nachtragend sein, falls er jetzt gefragt würde. Ein Hindernis ist der laufende Vertrag mit dem türkischen Fußballverband.
Prognose: Einigt sich der DFB auf Kuntz, würden sie ihn bekommen. Aber es dürften andere Kandidaten weiter oben auf der Liste stehen.

Stefan Kuntz ist aktuell Trainer der türkischen Nationalmannschaft

Louis van Gaal: Respektsperson für jeden. Sein Fußballverstand ist außergewöhnlich hoch, sein Ehrgeiz ebenfalls. Überstand eine schwere Krankheit mit kräftezehrender Therapie und ist 72 Jahre alt.
Prognose: Wenn der DFB eine Lösung sucht, die auf gar keinen Fall länger als 2024 Bundestrainer bleibt (weil dann vielleicht Klopp zu haben ist), dürfte er bessere Chancen haben als auf den ersten Blick vermutet.

Roger Schmidt: Nicht mehr so radikal in seiner Art, Pressingfußball spielen zu lassen. Bei Benfica außerhalb des Blickfelds der ganz breiten Öffentlichkeit. Fraglich, ob er mit seiner teils schroffen Art Begeisterung entfachen kann.
Prognose: Sollte es stimmen, dass in seinem Vertrag bei Benfica eine Ausstiegsklausel in Höhe von 30 Millionen Euro festgeschrieben ist und der Verein darauf beharrt, ist er kein Thema. Falls Benfica mit sich handeln lässt, könnte er eines werden.