Der Berliner Hany Mukhtar wurde MVP in der Major League Soccer.

Deutscher Star in den USA Der ungewöhnliche Weg des Hany Mukhtar

Stand: 05.11.2022 15:25 Uhr

Mit Hany Mukhtar wurde zum ersten Mal ein Deutscher zum besten Spieler der Major League Soccer (MLS) gewählt. Jetzt träumt er von einem Anruf von Hansi Flick.

Von Jonas Lugibihl

Gemeinsam mit seiner Verlobten betritt Hany Mukhtar das Stadion von Nashville SC. 30.000 Zuschauer finden hier Platz. Es ist das größte reine Fußball-Stadion der USA. An diesem Tage bleiben die Plätze alle leer – der 27-Jährige soll hier nur zu einem Fotoshooting. Doch plötzlich hört er aus den Lautsprechern die Stimme seiner Mutter – gemeinsam mit seinem Vater erscheint sie auf der Videowall und gratuliert Mukhtar zu seiner Auszeichnung. Es folgen: Familie, Freunde und alte Weggefährten.

Torschützenkönig und MVP

In diesem Moment erfährt Mukhtar, dass er zum wertvollsten Spieler – zum "Most Valuable Player" (MVP) – der nordamerikanischen Fußballliga MLS gewählt wurde. In einer Liga mit (Alt-)Stars wie Chiellini, Bale oder Insigne ist er der erste deutsche Spieler, der diese Auszeichnung erhält. Die Zahlen sprechen für sich: Mit 23 Toren ist er nicht nur Torschützenkönig und der zentrale Spieler seines Teams. An 65 Prozent aller Tore von Nashville ist Mukhtar direkt beteiligt.

Hany Mukhtar: "Eine sehr, sehr coole Überraschung"

Sportschau

"Ich bin unendlich stolz und glücklich momentan, sowas zu gewinnen", strahlt Mukhtar im Sportschau-Interview. "Es ist ein Mannschaftssport – definitiv, aber so eine individuelle Auszeichnung zu gewinnen, ist etwas sehr, sehr Schönes." Dabei ist ihm auch klar, dass sein Weg ein besonderer ist und nicht viele europäische Spieler im besten Fußballer-Alter in den USA spielen.

Eine schwerwiegende Entscheidung

Mukhtar durchläuft bei Hertha BSC alle Jugendmannschaften, wird zum Juniorennationalspieler und gewinnt mit der DFB-Elf 2014 die U19-Europameisterschaft. In der ersten Mannschaft von Hertha kommt er danach aber nicht zum Einsatz. "Ich war der Meinung, dass ich eigentlich verdient habe, auch zu spielen, und dann kam die Gelegenheit, dass Benfica Lissabon auf mich zugekommen ist", sagt Mukhtar. Aus heutiger Sicht sei seine Entscheidung von damals voreilig gewesen. Denn kurze Zeit später wird sein ehemaliger U17-Trainer zum Chefcoach bei der Hertha: Pal Dardai, der viele Jugenspieler zu Stammspielern entwickelt.

Bei Benfica kann Mukhtar keinen Fuß fassen, wird nach Salzburg ausgeliehen und landet schließlich bei Bröndby IF in Dänemark. 2018 wird er auch hier zum besten Spieler der Liga gewählt und unter dem deutschen Trainer Alexander Zorniger auch Pokalsieger. Als dieser entlassen wird, entschließt sich Mukhtar, seinen Vertrag bei Bröndby nicht zu verlängern und beginnt das Abenteuer MLS.

Schlüsselspieler eines jungen Klubs

Nashville SC steht zu diesem Zeitpunkt vor einem Eintritt in die MLS und hat noch kein einziges Spiel bestritten – ein Vorteil wie Mukhtar berichtet: "Ich kann mich genau erinnern, was der Sportdirektor in seinem zweiten Satz gesagt hat: 'Hany, wir wollen das Team um dich herumbauen' – sowas hört man nicht in der europäischen Fußballwelt, weil die Teams ja schon da sind." In Amerika sei das eben möglich. Und dass er so viel Wertschätzung bekomme, habe ihn überzeugt.

Seit fast drei Jahren spielt Mukhtar in Nashville erwiesenermaßen erfolgreich – auch wenn das Team in dieser Saison bereits früh in den Playoffs gescheitert ist. Er ist angekommen und fühlt sich in den USA und in Nashville zu Hause. Auch die MLS an sich begeistert ihn: "Die Liga ist auf einem sehr, sehr guten Weg. Ich sage nicht, dass es jetzt schon eine der Top-Ligen ist, aber wir sind auf einem super Weg."

Deshalb ist auch der Drang, nach Europa zurückzukehren nicht sonderlich groß – auch wenn er es nicht ausschließt. Und da gibt es noch den einen großen Traum, den er sich noch nicht erfüllen konnte: ein Spiel für die deutsche A-Nationalmannschaft. Kontakt zwischen dem Bundestrainer und dem Torschützenkönig der MLS gab es bisher noch nicht. Für Mukhtar wäre es auch nach der WM noch in Ordnung, sagt er schmunzelnd: "Egal wann, ich stehe zur Verfügung."