Die französische Fußballspielerin Grace Geyoro (2.v.r.) jubelt nach dem Führungstreffer.

Gruppe D 5:1 gegen Italien - Frankreich eine Halbzeit lang überragend

Stand: 11.07.2022 10:50 Uhr

Die französische Fußball-Nationalmannschaft der Frauen hat mit einer starken Leistung ihre Ambitionen auf den Titelgewinn bei der EM in England untermauert. Nach einer furiosen ersten Hälfte führten "Les Bleues" gegen Italien schon 5:0, am Ende stand es 5:1. Grace Geyoro ragte mit drei Treffern heraus.

Von Uli Petersen

Der erste EM-Auftritt der französischen Nationalmannschaft in Vorrundengruppe D war eine Demonstration fußballerischer Stärke und ein deutliches Signal an die Konkurrenz aus England, Spanien, Norwegen, Deutschland, Schweden und den Niederlanden. Die Mannschaft von Nationaltrainerin Corinne Diacre, schon vor Turnierbeginn angesichts der starken individuellen Klasse im Kader als Mitfavorit gehandelt, zeigte am Sonntag (10.07.22) gegen Italien vor allem vor der Pause eine beeindruckende Vorstellung. "Wir wollten gut ins Turnier starten, das ist uns gelungen. Ich ziehe den Hut vor meinen Spielerinnen", sagte Diacre. Abheben werde man aber keineswegs: "Entschieden ist noch nichts."

Italien muss gegen Belgien und Island Reaktion zeigen

Die Südeuropäerinnen dagegen, Vizeeuropameister von 1993 und 1997, müssen sich deutlich steigern, um noch die nötigen Punkte für den Sprung ins Viertelfinale zu sammeln. Die Gruppenkontrahenten Belgien und Island trennten sich in ihrem Duell 1:1, sodass Italien nach dem ersten Spieltag den letzten Platz belegt. "Wir hatten uns den Abend natürlich anders vorgestellt, aber wir wussten, dass die Französinnen stark sind. Wir konzentrieren uns jetzt auf die nächsten Partien", sagte Trainerin Milena Bertolini.

Frankreich erzielt Wirkung mit offensivem Pressing

Im New York Stadium in Rotherham legten "Les Bleues" von Beginn an los, als seien sie mit Blaulicht unterwegs: Aus der Abwehr wurde schnell und direkt aufgebaut, mit aggressivem Offensivpressing außerdem das Aufbauspiel der Italienerinnen komplett lahmgelegt. Ein Beispiel dafür: Bei Abstößen der italienischen Keeperin Laura Giuliani lauerten alle drei Angreiferinnen der Equipe Tricolore an der Strafraumgrenze auf einen Ballgewinn.

Italien, das auf Valentina Cernoia wegen eines positiven Corona-Tests verzichten musste, kam dennoch zur ersten Großchance der Partie, die Barbara Bonansea (4.) ausließ. Danach aber zelebrierten die Französinnen auf dem Rasen eine fußballerische Lehrstunde: Angetrieben von den bärenstarken Flügelspielerinnen Kadidiatou Diani auf rechts und Delphine Cascarino auf der linken Seite, zerlegte Frankreich die gegnerische Abwehr regelrecht in ihre Einzelteile.

Die französischen Fußballspielerinnen bedrängen Valentina Giacinti vom italienischen Team.

Ständig in Überzahl: Die Französinnen brachten Italien immer wieder aus dem Tritt.

Geyoro trifft dreimal in ihrem 50. Länderspiel

Die logische Folge: Frankreich münzte seine Überlegenheit schnell in (erste) Tore um. Grace Geyoro profitierte im Strafraum nach einem Diani-Pass von einem Patzer der italienischen Spielführerin Sara Gama - 1:0 (9.). Drei Minuten später erhöhte Topstürmerin Marie-Antoinette Katoto auf 2:0 (ihr 26. Treffer im 31. Länderspiel), ein Kopfball von ihr landete danach am rechten Pfosten (15.).

Frankreich agierte auch nach diesem beruhigenden Zwischenstand weiter hochkonzentriert und aggressiv, eine Reaktion der Italienerinnen auf den Rückstand blieb dagegen komplett aus. Cascarino erhöhte mit einem wuchtigen Schuss ins rechte Eck auf 3:0 (38.), danach krönte die 25-jährige Geyoro ihr 50. Länderspiel mit zwei weiteren Treffern zum 4:0 und 5:0 (40./45.). Ein "Dreierpack" in einem Spiel war in der EM-Historie zuvor nur vier anderen Spielerinnen gelungen. Schon zur Pause hatte die Partie also eine "Spielerin des Spiels" - und Italien eine Demütigung im Gepäck. "Ich bin mit meiner Leistung natürlich zufrieden, aber das war Teamwork. Ich habe von den tollen Vorlagen profitiert", sagte Geyoro nach dem Spiel.

Italienerin Gama im Glück: Nur Gelb statt Rot

Nach dem Seitenwechsel ließen die Französinnen den Italienerinnen etwas mehr Raum, ernsthaft in Gefahr brachte das Team von Nationaltrainerin Bertolini das Tor von "Les Bleues" lange Zeit aber nicht. Große Aufregung gab es, als Italiens Spielführerin Gama zunächst Rot sah nach einem sehr rustikalen Tackling gegen Geyoros Körper (63.). Schiedsrichterin Rebecca Welch aus dem EM-Gastgeberland nahm ihre Entscheidung nach Ansicht der Videobilder aber wieder zurück und schwenkte um auf Gelb - großes Glück für die Italienerin.

Den Schlusspunkt der Partie setzte die eingewechselte Martina Piemonte, die in der 76. Minute ausgerechnet Frankreichs erfahrene Kapitänin und Innenverteidigerin Wendie Renard bei ihrem Ehrentreffer zum 1:5 ziemlich schlecht aussehen ließ. Der Treffer war für die Italienerinnen der Lohn einer besseren Vorstellung im zweiten Abschnitt, an der dritten Niederlage im dritten EM-Spiel gegen Frankreich änderte er aber nichts.

Frankreich - Italien 5:1 (5:0)

Tore: 1:0 Geyoro (9.), 2:0 Katoto (12.), 3:0 Cascarino (38.), 4:0 Geyoro (40.), 5:0 Geyoro (45.), 5:1 Piemonte (76.)
Zuschauer: 8.541
Schiedsrichterin: Rebecca Welch (England)

Frankreich:
Peyraud-Magnin - Perisset, Tounkara, Renard, Karachaoui (87. Baltimore) - Geyoro (67. Dali), Bilbault, Toletti - Diani (77. Bacha), Katoto (77. Sarr), Cascarino (67. Malard)

Italien: Giuliani - Bartoli, Gama, Linari, Boattin - Galli (46. Rosucci), Giugliano (46. Simonetti), Caruso (74. Piemonte) - Bergamaschi, Girelli (58. Giacinti), Bonansea (81. Di Guglielmo)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 09.07.2022 | 17:45 Uhr