"Zu Gast bei Fremden" - der Blog zum Arab Cup in Katar Blog: Katar - Fußball-Welt bekommt WM, die sie verdient

Stand: 10.12.2021 10:33 Uhr

Der Arab Cup in Katar ist ein Testlauf für die WM 2022. Sportschau-Autor Olaf Jansen berichtet über seine Erlebnisse vor Ort. Im letzten Teil des Blogs geht es um die Diskrepanz zwischen den Mega-Bauten und der fehlenden Nachfrage im Land.

Nach gut zwei Wochen Aufenthalt in Doha verlasse ich den Austragungsort der WM 2022 wieder. Ich werde mit der Metro zum Flughafen fahren. Mit dieser 40 Milliarden teuren U-Bahn und ihren drei Linien, bei der alle fünf Minuten eine Bahn kommt. Die immer fährt und das niemals mit Verspätung. Das fällt jemandem wie mir - nach jahrelangem Kummer mit den Kölner Verkehrsbetrieben - auf.

Ich meine: Die WM gehört in die fußballbegeisterte arabische Welt. Nur: Ausgerechnet Katar mit seinem streng wahhabitischen Islam und nicht einmal drei Millionen Einwohnern - schwierig. Es fehlt an Demokratie, unliebsame Minderheiten werden unterdrückt. Die kulturellen Gepflogenheiten sind aus europäischer Sicht unverständlich. Und: Allein aus umweltpolitischer Sicht erscheint es völlig irrational, acht riesige Fußballstadien in ein Land zu setzen, in dem noch nicht einmal eines dieser Größenordnung benötigt wird.

Üppige aber ungenutzte Infrastruktur

Die Diskrepanz zwischen gigantischer Infrastruktur und menschlicher Nutzung derselben ist es, die in Doha und Umgebung am meisten ins Auge fällt. Metro, Autobahnen, Freizeitparks, Strandanlagen und Fitnessareale - nirgends habe ich jemals derart großflächige und üppige Infrastruktur erlebt, die so verlassen und ungenutzt daliegt. Es gibt während des Arab Cups im Stadtteil Katara - 100 Meter vom Strand entfernt - ein Public-Viewing-Gelände mit Riesen-Leinwand, Essensbuden und Kinderunterhaltung. Menschen habe ich dort - mit Ausnahme des Security-Personals - nie angetroffen.

Katar ist in meinen Augen unermesslich reich - und hat sich diese WM erkauft. Von zum Teil skrupellosen Fußball-Funktionären aus aller Welt, die gern partizipieren an den Millionen und Milliarden aus dem Öl- und Gasgeschäft des Emirats. Der Bauboom hat Millionen billige Arbeiter aus asiatischen Entwicklungsländern ins Land gelockt, deren Tatkraft gern genutzt wird.

WM in Katar - eine logische Konsequenz

Erstaunlicherweise hat sich - zumindest mir gegenüber - kaum einer dieser Arbeiter über sein Schicksal beklagt. Vielmehr sind diese Menschen froh, ein paar Jahre lang in einem sicheren Land wie Katar so viel Geld zu verdienen, dass sie ihren Familien in der Heimat ein etwas besseres Leben finanzieren können.

Wer die WM 2022 boykottieren möchte, findet viele Gründe dafür. Wer ehrlich ist, wird sich aber eingestehen müssen, dass eine WM in Katar nur die logische Konsequenz eines weltweit völlig überdrehten Fußballgeschäfts ist. Ich jedenfalls glaube: Die Fußball-Welt bekommt in Katar die WM, die sie verdient. Salam!