RB Leipigs Torhüter Peter Gulásci hebt den Pokal in die Höhe hebt.

Fußball | DFB-Pokal Trotz Unterzahl - Leipzig entreißt Freiburg den Pokal

Stand: 22.05.2022 00:03 Uhr

RB Leipzig hat ein dramatisches Pokalfinale im Elfmeterschießen für sich entschieden. Der SC Freiburg vergab in einer hochemotionalen Partie die Chance auf den ersten Titel der Vereinsgeschichte.

Nach 90 und nach 120 Minuten hatte es am Samstagabend (21.05.2022) 1:1 gestanden, was aus Leipziger Sicht schon eine große Leistung war: RB musste vor 74.322 Zuschauern in Berlin mehr als eine Stunde in Unterzahl absolvieren.

Druckvoller Beginn der Freiburger

Zuletzt in der Bundesliga hatte Leipzig auf der Zielgeraden den Kampf um den letzten Champions-League-Platz gegen Freiburg für sich entschieden. Doch beim Auftakt des Pokalendspiels war ihnen deutlich der Druck anzumerken, hier vielleicht auch das dritte Endspiel binnen vier Jahren zu verlieren.

Freiburg begann druckvoller, zielstrebiger, doch die erste Chance hatten nach einer knappen Viertelstunde aus dem Nichts die Sachsen: Emil Forsberg scheiterte nach einem beherzten Antritt an SC-Keeper Mark Flekken, André Silva und Christopher Nkunku setzten nach, bekamen den Ball aber auch nicht über die Linie.

Umstrittenes Führungstor der Freiburger

Fünf Minuten später jubelten die Freiburger - und die Leipziger protestierten vehement. Nach guter Vorarbeit von Vincenzo Grifo und Christian Günter verstolperte Roland Sallai im Zentrum den Ball, bekam ihn dabei auch noch eindeutig an die Hand. Der Abpraller landete bei Maximilian Eggestein, der aus 20 Metern mit perfekter Schusstechnik ins linke Eck vollstreckte.

Schiedsrichter Sascha Stegemann gab den Treffer, die Video Assistant Referees Sören Storks und Christian Gittelmann sahen hier keinen Grund zur Beanstandung, weil Sallai keine Absicht zu unterstellen war und der Ball vom eigenen Fuß an die Hand sprang. Da die Hand aber weit vom Körper abgespreizt und die Körperfläche deutlich vergrößert war, hätte sich auch niemand über einen Pfiff beschweren dürfen.

Eggestein nutzt seine zweite Pokal-Chance

Kurios: Torschütze Eggestein war in dieser Pokalsaison eigentlich schon ausgeschieden: In der ersten Runde scheiterte er mit Werder Bremen am VfL Osnabrück, wechselte dann aber nach Freiburg, schaltete dann mit dem Sportclub ausgerechnet Osnabrück aus und kam anschließend bis in dieses Finale.

Ebenfalls erstaunlich: Die eigene Führung löste beim Team von Christian Streich totale Verunsicherung aus. Vor allem in der Defensive schlichen sich teilweise hanebüchene Patzer ein.

Höfler im Glück nach Doppel-Patzer

In der 24. Minute spielte der erfahrene Nicolas Höfler erst einen Fehlpass, den Nkunku allerdings nicht ausnutzte. Direkt in der Folge wollte Höfler die Szene dann per Kopfballrückgabe zu Flekken klären, doch der Ball verhungerte auf halber Strecke: Nkunku schoss aber Flekken an, und noch vor der Linie klärte der herausragende Nico Schlotterbeck - und feierte die Szene wie ein Tor.

Kurz vor der Pause hatte erneut Nkunku die Gelegenheit zum Ausgleich, wollte diesmal aber aus bester Position querspielen, statt selbst abzuschließen - so konnte wieder Schlotterbeck klären.

Halstenberg mit totalem Blackout

Im zweiten Durchgang fing sich die Freiburger Abwehr, Leipzig kam kaum noch zu Chancen - und ließ sich in der 57. Minute folgenschwer auskontern. Nach einem langen Ball in die Spitze verlor Marcel Halstenberg zunächst ziemlich kläglich den Luft-Zweikampf gegen Lucas Höler, der lief ihm dann auch noch davon. Obwohl es Höler noch weit bis zum Abschluss gehabt hätte, riss ihn Halstenberg als letzter Mann an der Schulter zu Boden - Stegemann hatte keine andere Wahl als die Rote Karte.

Danach machte Freiburg Dauerdruck, wollte in Überzahl möglichst schnell das 2:0 nachlegen. Doch Vincezo Grifo traf nur das Außennetz, Sallai scheiterte kurz danach an Leipzig-Keeper Peter Gulacsi.

Ausgleich in Unterzahl

Leipzig überstand aber diese Phase und hatte eine Viertelstunde vor Schluss noch eine Antwort. Nach einem geblockten Freistoß von Dominik Szoboszlai beförderte Willi Orban den Ball auf den langen Pfosten, wo Nkunku durchstartete und die Kugel zum 1:1 über die Linie grätschte.

Mit einem Mann weniger hatte nun plötzlich wieder RB Oberwasser. Zehn Minuten vor dem Ende musste Flekken gegen Szoboszlai und Nkunku zweimal brillant reagieren, in der 85. Minute verpasste Dani Olmo per Flachschuss knapp das Siegtor.

Demirovic und Haberer treffen den Pfosten

RB-Trainer Domenico Tedesco feierte den Schlusspfiff und damit das Erreichen in die Verlängerung frenetisch, hatte dann aber schnell eine Schrecksekunde zu überstehen: Ein Kopfball von Ermedin Demirovic landete am linken Leipziger Pfosten.

Und das Aluminium half Leipzig weiter: In der 104. Minute lenkte Gulacsi einen Distanzschuss von Jannik Haberer überragend an den Pfosten, den Nachschuss ballerte Demirovic über das leere Tor. Fünf Minuten vor dem Ende hatte dann noch einmal Haberer das Siegtor auf dem Spann: Diesmal hielt die Latte RB im Spiel.

Mini-Ballberührung - kein Elfmeterpfiff

In der 119. Minute wurde es dann nochmal ganz knifflig: Höfler grätschte im eigenen Strafraum voll in die Beine von Olmo, Stegmann sah sich die Szene am Videoschirm an. Die gefühlt zehnte Zeitlupe zeigte dann eine Mini-Berührung des Balles vor dem Foul - deshalb gab es dann zu Recht keinen Elfmeter.

Es folgten acht weitere, von denen Freiburg zwei vergab: Günter drosch den Ball über das Tor, Demirovic scheiterte an der Lattenunterkante.

Medizinischer Notfall unterbricht die Feierlichkeiten

Danach entlud sich bei den Bullen die Freude über den ersten Titel, bis vor der Siegerehrung Stille im Stadion einkehrte: Ein medizinischer Notfall auf dem Rasen stoppte für rund 20 Minuten die Partystimmung. Erst als der Stadionsprecher den Zustand des Patienten als "stabil" bezeichnete, wurde der Pokal übergeben.

Domenico Tedesco lobte anschließend am Sportschau-Mikrofon: "Es war ein sehr gutes Spiel von uns, vor allem in der zweiten Halbzeit in Unterzahl. Wir sind sehr, sehr glücklich. Ich kann es noch gar nicht so richtig realisieren, es fühlt sich sehr gut an. Ich kann die Jungs nur loben für diese Wahnsinnsleistung."

Christian Streich sah auch eher das Positive: "Wir haben eine wahnsinnig tolle Saison gespielt, eine super erste Halbzeit. Als wir dann geführt haben und die Rote Karte kam, hatten wir ein ganz klein bisschen Angst, da haben wir den ein oder anderen Ball zu lang gespielt. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, wir spielen nächstes Jahr Europapokal. Die Fans sind dankbar, das ist auch richtig so, die Mannschaft leistet Unglaubliches."