Fußball | Bundesliga Trainer-Routiniers in der Bundesliga - Rentner als Retter

Stand: 17.03.2022 14:45 Uhr

Die Rückkehr von Felix Magath mit 68 Jahren in die Bundesliga ist kein neues Phänomen. Doch Erfolg haben die Trainer-Routiniers im Rentenalter eigentlich nur, wenn sie auch mit der Zeit gehen. Friedhelm Funkel oder Jupp Heynckes sind gute Beispiele.

Rückblickend will der Ex-Profifußballer Grafite kein schlechtes Wort über Felix Magath verlieren. Ein super Motivator sei der Trainer in der Bundesliga gewesen: "Er hat sich auch immer für persönliche Dinge interessiert, wollte wissen, was los war."

Menschliche Komponente war am Ende nicht mehr wichtig

Der einstige Mittelstürmer des VfL Wolfsburg zeichnete in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung das Bild des Trainers Felix Magath. Der hatte in der Meistersaison 2008/2009 nicht nur das Gespür für die richtige Zusammenstellung des Kaders, sondern auch für den Umgang mit den Spielern - hart und konsequent, aber auch einfühlsam.

Es gibt nicht wenige Wegbegleiter, die Magath als Fußballlehrer kennengelernt haben. Dem wiederum wurde die menschliche Komponente in den Jahren immer unwichtiger, weshalb bald der Erfolg ausblieb.

Als der in Unfrieden vom FC Schalke 04 geschiedene Magath 2011 das zweite Mal am Mittellandkanal anheuerte, verhinderte er zwar erst den Abstieg, ging aber im Herbst 2012 als Tabellenletzter. Ohne Zugang zu den meisten Mitarbeitern, ohne Anteilnahme der meisten Profis.

Felix Magath kann nicht ohne Fußball

Magath, so heißt es rückblickend aus dem Wolfsburger Zirkel, habe damals nur noch auf sich gehört. Was womöglich auch der Grund war, warum kein Verein aus der Bundesliga mehr auf den Schleifer zugreifen wollte.

Bis sich am vergangenen Sonntag (13.03.2022) Hertha BSC an den Trainer erinnerte, der seit fast zehn Jahre keine Anstellung mehr im deutschen Profifußball hatte. Die Branche war mindestens verdutzt und verwundert.

Acht Spiele bleiben dem 68-Jährigen, um für die Alte Dame das Ruder herumzureißen, wobei er bei der eigentlich angedachten Premiere mit dem Berliner Heimspiel gegen Hoffenheim (Samstag 15.30 Uhr) kurzfristig aufgrund einer Corona-Erkrankung passen musste. Was ihn antreibt, den Ruhestand gegen das Rampenlicht zu tauschen, hat er bei seiner Vorstellung verraten: "Ich kann einfach nicht anders. Ich bin Fußballer. Ich will Fußball und ich liebe Fußball."

Auch Funkel gab den "Rentner"-Trainer

Magath ist nicht der Erste, der im Rentenalter in der Bundesliga noch den Retter spielt. Der bislang letzte aus diesen Jahrgängen war Friedhelm Funkel. Die Bierdusche nach geschaffter Relegation mit dem 1. FC Köln im vergangenen Jahr ließ der lebensfrohe Rheinländer gern über sich ergehen.

"Ich bin vollkommen platt, aber glücklich", sagte Funkel nach dem 5:1 im Rückspiel bei Holstein Kiel. Erst Mitte April hatte er als Retter bei seinem Ex-Club angeheuert, obwohl er nach dem Aus bei Fortuna Düsseldorf eigentlich keinen Trainerjob mehr übernehmen wollte.

Doch Funkel hatte mit seinen vielen Engagements immer einen engen Draht zum Profifußball gehalten und stets großen Wert darauf gelegt, auf Höhe der Zeit zu bleiben. Seine Ansprachen waren authentisch, seine Zusammenarbeit mit allen Protagonisten stets von Respekt geprägt.

Thomas Schaaf ist ein Gegenbeispiel

Das Gegenbeispiel spielte sich fast zeitgleich auf der Bremer Trainerbank ab. Thomas Schaaf ließ sich mit 60 Jahren vor dem letzten Spieltag nicht lange bitten, den in höchster Abstiegsnot schwebenden SV Werder zu übernehmen, nachdem er seinem Heimatverein noch als Technischer Direktor diente.

Schaaf holte seinen langjährigen Co-Trainer Wolfgang Rolff zurück, ging ins Trainingslager nach Barsinghausen - doch vieles wirkte so, als sei die Zeit stehen geblieben. Weder Rhetorik noch Taktik verfingen bei ihm, dafür war die Zeit auch zu kurz.

Bei Otto Rehhagel ging die Mission schief

Dazu passt, dass Schaafs Lehrmeister, der große Otto Rehhagel, ebenfalls kein von Erfolg gekröntes Comeback gab: beim Hauptstadtklub Hertha BSC. Im Februar 2012 verpflichtete der damalige Manager Michael Preetz in höchster Not "König Otto".

Bei seiner Ankunft wurde Rehhagel fast wie ein Messias empfangen, dabei war er schon 73. Das Experiment ging schief. Mit Rehhagel rutschte die Hertha in zwölf Spielen von Platz 15 auf den Relegationsrang und scheiterte dramatisch gegen Fortuna Düsseldorf.

Udo Lattek und Jupp Heynckes hatten noch Erfolg

Ähnlich spektakulär gestaltete sich auch die Rückkehr von Udo Lattek. 1993 hatte sich der Altmeister eigentlich aus dem Trainergeschäft zurückgezogen und arbeitete nur noch als TV-Experte.

Dann half er - mit 65 Jahren - Borussia Dortmund ab Mitte April 2000 doch noch einmal als Interimstrainer bis zum Saisonende. Sein Assistent damals: Matthias Sammer. Dem Ende 2015 verstorbenen Lattek reichten die fünf Spiele, um seinen Legendenstatus zu festigen.

Auch Jupp Heynckes widerstand nicht der Verlockung, sich in der Bundesliga in höherem Alter zu beweisen. Eigentlich hatte es sich der damals 72-Jährige auf seinem umgebauten Bauernhof schon eingerichtet in der Trainerrente.

"Eine Herzensangelegenheit" sei es gewesen, nicht ablehnen können habe er sein viertes Engagement bei den Münchnern, erzählt Heynckes später. Er holte noch einmal den Meistertitel, im Sommer 2018 war dann endgültig Schluss.