Die App "Tradar"

"Digitale Spieleranteile" in der Bundesliga Betreiber der Krypto-App "Tradar" stellen Insolvenzantrag 

Stand: 19.01.2024 14:47 Uhr

Die App "Tradar" wollte Fußballfans "digitale Anteile" an Bundesliga-Spielern verkaufen und schloss Sponsoringverträge mit mehreren Klubs. Nun stellte die Betreibergesellschaft einen Insolvenzantrag. 

"Leider ist für uns das Jahr 2023 nicht so geendet, wie wir uns es gewünscht hatten", schrieben die Betreiber von "Tradar" an die Nutzer der App. "Unvorhersehbare Entwicklungen" hätten dazu geführt, dass die "Finanzierungsrunde schlussendlich kollabierte". Die Konsequenz: "Deswegen mussten wir trotz vielversprechendem Start mit euch Ende des Jahres binnen weniger Tage einen Insolvenzantrag stellen." 

Beim Aufbau des Geschäftsbetriebs hatten die Betreiber von "Tradar" verkündet, dass Anleger 5,3 Millionen Euro in zwei Finanzierungsrunden zur Verfügung gestellt hätten. Den Insolvenzantrag gestellt hat nun die MFC Labs GmbH - das ist die Firma, die "Tradar" betreibt. Auf eine Anfrage der Sportschau, was die "unvorhersehbaren Entwicklungen" gewesen sind, was mit den 5,3 Millionen Euro passiert ist und wie es mit der App weiter geht, antwortete eine Sprecherin der MFC Labs GmbH, dass man "derzeit keine detaillierten Informationen" geben könne.

Fünf deutsche Profiklubs verkündeten Zusammenarbeit mit "Tradar"

Neben dem FC Schalke 04 aus der 2. Bundesliga hatten der VfL Wolfsburg, Bayer 04 Leverkusen, die TSG 1899 Hoffenheim und später auch der FC Augsburg eine Zusammenarbeit mit "Tradar" verkündet. Bei Schalke und Hoffenheim war eine Laufzeit der Verträge bis 2026 veröffentlicht worden.

Welche Folgen hat der Insolvenzantrag für die Klubs? Auf Anfrage der Sportschau teilten Leverkusen, Schalke und Hoffenheim mit, sich nicht zu Vertragsdetails zu äußern, man stehe im Austausch mit der MFC Labs GmbH. Schalke schrieb darüber hinaus: "Das Unternehmen hat alle seine bisherigen Verpflichtungen gegenüber dem Verein erfüllt." Der FC Augsburg äußerte sich nicht, der VfL Wolfsburg teilte mit, er sei mit "Tradar" im Austausch und beobachte den "weiteren Verlauf".

Das WDR-Magazin Sport inside hatte die Klubs im Oktober 2023 gefragt, ob sie der Ansicht sind, dass sie ihre Fans ausreichend auf die Risiken aufmerksam machen. Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim und Schalke teilten damals mit, dass die Risikohinweise auf der Internetseite von "Tradar" einzusehen seien. Man lege Wert darauf, dass gesetzliche Vorschriften in dieser Hinsicht eingehalten werden, schrieben die Klubs.

Fans bleiben wohl auf dem Schaden sitzen

"Tradar" verkaufte bislang den Fans über seine App sogenannte "Spieler-Token", digitale Anteile an Spielern der fünf Klubs, die mit der App zusammenarbeiten. Beschrieben wurden sie als "digitale Vermögenswerte". Fans sollten untereinander mit den Kryptowerten handeln können. "Mach dein Fußballwissen zu Geld", warb "Tradar" auf seiner Homepage für die digitalen Spekulationsobjekte. "Tradar"-Mitbegründer Michael Ebermann sagte bei der Verkündung der Zusammenarbeit mit dem VfL Wolfsburg: "Wir wollen eine neue Ära der Geldanlage für Sportfans schaffen." 

Aufforderung auf der "Tradar"-Homepage: "Mach dein Fußballwissen zu Geld"

Aufforderung auf der "Tradar"-Homepage: "Mach dein Fußballwissen zu Geld"

Fans, die in "Spieler-Token" investiert haben, dürften auf ihrem Schaden sitzen bleiben, wenn die Firma nicht bestehen bleibt. Ein Totalverlust des eingesetzten Geldes sei möglich, heißt es in den Risikohinweisen der App. Der Totalverlust könne auch dann eintreten, wenn die Betreiber die App "Tradar" wieder vom Markt nehmen.  

Da die Token nur bei "Tradar" verkauft werden können, "bedeutet die Einstellung unseres Geschäftsbetriebs, dass Spieler-Token nicht mehr veräußert werden können und damit wertlos werden", sofern kein anderer Anbieter die Verwaltung übernehme, heißt es in den Risikohinweisen. Und bei allem gilt in den Bedingungen: "Eine Rücknahme der Token ist ausgeschlossen."

"Bemühen uns täglich, zusätzliche Mittel zu beschaffen"

Das Insolvenzverfahren wird nun zeigen, wie es mit "Tradar"-Betreiber MFC Labs GmbH weiter geht. MFC steht für die Vornamen der drei Gründer Michael Ebermann, Felix Schmidt und Christian Dotterweich. "Wir sind voller Dankbarkeit über eure außergewöhnliche Unterstützung und euer Vertrauen in uns", heißt es in der E-Mail an die Fans, die die App nutzen.  

Felix Schmidt, CEO von "MFC Labs", dem Betreiber von "Tradar"

Felix Schmidt, CEO von "MFC Labs", dem Betreiber von "Tradar"

Ob die App mittelfristig weiterbetrieben wird, bleibt offen, steht in dem Schreiben. Seit dem Insolvenzantrag "bemühen wir uns täglich, zusätzliche Mittel zu beschaffen, um unsere Geschäftstätigkeit aufrechtzuerhalten und erfolgreich fortzuführen". 

Der Profifußball - auf der Suche nach Geld im Web 3.0

Der Profifußball versucht seit einigen Jahren auf unterschiedlichen Wegen, im "Web 3.0" Geld zu verdienen. Besonders in England, aber auch in anderen europäischen Ländern wurden "Fan-Token" als digitale Währung der Klubs oder sogenannte NFTs als digitale Sammelobjekte verkauft. Viele Klubs betrieben zudem Werbung für Kryptowährungen.

Auch in Deutschland arbeiten mehrere Klubs mit entsprechenden Anbietern zusammen. Die Kryptobranche geriet zwischenzeitlich in eine Krise, zahlreiche der weltweit im Sport und anderen Bereichen als NFTs verkauften digitalen Sammelobjekte gelten mittlerweile als wertlos.

Joey D'Urso, Journalist beim Portal "The Athletic" recherchiert seit Jahren sowohl zu Krypto-Investments als auch zu Glücksspiel im Fußball. Er sprach mehrfach in Ausschüssen des britischen Parlaments zum Thema. "Es ist richtig, bei Angeboten, die Fußball mit Finanzinvestitionen kombinieren, sehr vorsichtig zu sein", sagte D'Urso im Oktober im Gespräch mit Sport inside.

Er verwies auf das Unternehmen "Football Index" in Großbritannien. "Das war eine Glücksspiel-Website, die wie ein Fußball-Aktienhandel aussehen sollte. Es war eine völlige Katastrophe. Football Index brach zusammen, die Leute verloren riesige Geldsummen. Ich würde den Menschen empfehlen, nur so viel Geld in solche Systeme zu stecken, wie sie auch bereit sind, zu verlieren."