Thomas Tuchel
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Tuchel-Aus beim FC Bayern Seltsame Entscheidung mit lauter Verlierern

Stand: 21.02.2024 13:20 Uhr

Der FC Bayern trennt sich von Trainer Tuchel - aber nur ein bisschen. Kaum vorstellbar, dass der geschwächte Trainer bis Saisonende durchhält. Ein Kommentar.

Die Verantwortlichen des FC Bayern München finden also, dass Thomas Tuchel nicht der richtige Trainer für den Rekordmeister ist. Anders ist es nicht zu interpretieren, dass der Klub zur kommenden Saison eine "sportliche Neuausrichtung mit einem neuen Trainer" vornehmen will, wie es der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen ausdrückt. Den Trainerkollegen Xabi Alonso, vielleicht auch Hansi Flick oder Sebastian Hoeneß, könnte das gefallen.

Gleichzeitig aber soll der nun geschwächte Tuchel bis zum Sommer bleiben und das drohende Szenario verhindern, dass der FCB erstmal seit zwölf Jahren ohne Titel dasteht. 2011 ist so etwas schon einmal schief gegangen, damals hielt sich Louis van Gal nach der angekündigten Trennung zum Saisonende nur noch einen Monat lang. Auch jetzt dürfte es kaum gutgehen.

Tuchel als "Lame Duck"

Da ist zum einen Tuchel selbst: ehrgeizig, selbstbewusst, emotional - und konfrontativ. Ohnehin schon wirkte er zuletzt genervt und dünnhäutig. Und jetzt soll er, herabgesetzt durch die Vereinsführung, als "Lame Duck" eine Mannschaft motivieren, mit der es ohnehin schon nicht gepasst hat? Wie lange tut sich Tuchel diese Konstellation an?

Zum anderen ist da eine Mannschaft, die mit drei Niederlagen in Folge erschreckend weit hinter den eigenen Ansprüchen zurückbleibt. Manche vermuten, dass sie gegen den Trainer gespielt habe. Das müsste sie nun zwar nicht mehr, da Tuchel ohnehin bald weg ist. Aber wie soll eine Aufbruchstimmung entstehen, wenn der Trainer und damit die Streitigkeiten vorerst bleiben?

Neue Entscheidungen unter Max Eberl?

Die Spieler wären bei einer sofortigen Trennung und einem Interimstrainer stärker in die Pflicht genommen. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass dieser Schritt noch erfolgt, wenn, wie erwartet, Max Eberl am 1. März seinen Job als Sportvorstand des FCB antritt. Die nächste sportliche Enttäuschung dürfte sofortige Konsequenzen haben - auch das ist keine hilfreiche Situation.

Der langjährige Gladbach-Manager Eberl hat die Herkulesaufgabe, die Fehler der vergangenen Monate zu reparieren. Tuchels Misserfolg hängt stark damit zusammen, dass sein Vorgänger Julian Nagelsmann vorschnell entlassen wurde - offensichtlich hätten viele Spieler gerne mit ihm weitergemacht.

Dünner Kader verhindert andere Konsequenzen

Außerdem, auch das ist ein gewichtiger Grund für Tuchels schlechte Bilanz, ist der Kader des FC Bayern weiterhin deutlich zu dünn für einen Spitzenklub mit Ambitionen auf den Champions-League-Titel.

Die selbst verschuldete Personalmisere verhindert auch die Option, einen anderen möglichen Weg aus der Krise einzuschlagen: sich nicht erneut von einem Trainer zu trennen, sondern von Spielern, die die hohen Erwartungen nicht erfüllen und dem Betriebsklima schaden.