Sebastian Hoeneß und Serhou Guirassy vom VfB Stuttgart und Xabi Alonso und Granit Xhaka von Bayer Leverkusen

Spitzenspiel in der Bundesliga Stuttgart gegen Leverkusen - Zerstören liegt beiden nicht

Stand: 09.12.2023 09:33 Uhr

Ein Spitzenspiel, vor Monaten noch undenkbar: Tabellenführer Leverkusen reist zum Dritten Stuttgart. Es wird das Spiel zweier Mannschaften, die Ballbesitz mögen und doch unterschiedlich spielen.

Als Granit Xhaka die Kälte hinter sich ließ, als er vom Spielfeld kam und in den Katakomben verschwand, trug er Trikot, Hose, Stutzen und darüber einen dieser Daunenmäntel, die auch Minusgraden trotzen. Vor der Scheibe fielen dicke Schneeflocken. Das war am Sonntag (03.12.2023). Drinnen stand nun Xhaka, er war dafür eigentlich zu warm angezogen. Es störte ihn anscheinend nicht. Ihn beschäftigte das Spiel seiner Mannschaft Bayer Leverkusen, das kurz zuvor zu Ende gegangen war. Er sagte: "Wir können stolz auf uns sein, dass eine Mannschaft wie der BVB hierher kommt und sich brutal hinten reinstellt."

Es war tatsächlich ein seltsames Spiel gewesen, in dem Borussia Dortmund früh in Führung gegangen war und dann das Fußballspielen weitgehend eingestellt hatte. In den Statistiken sah das so aus: Leverkusen hatte fast 70 Prozent Ballbesitz, 23 Abschlüsse und 16 Ecken, aber das Spiel endete remis.

Leverkusen gegen Stuttgart - Spitzenspiel am Sonntag

Am Sonntag (Ab 15.20 Uhr live in der Radio-Reportage und im Live-Ticker bei der Sportschau) steht für Bayer Leverkusen wieder ein wichtiges Spiel an. Nicht nur der Spielmacher Xhaka wird sich umstellen müssen. Der Gegner ist diesmal nicht der BVB, der zuletzt nicht nur gegen Leverkusen gespielt hat wie ein Außenseiter in der ersten Runde des DFB-Pokals.

Bayer trifft dann auf den VfB Stuttgart. Es ist das Spitzenspiel des 14. Spieltags in der Fußball-Bundesliga. Und das ist schon eine Überraschung.

Tabelle der Fußball-Bundesliga 2023/24
Tabellenplatz Verein Spiele Punkte
1 Bayer Leverkusen 13 35
2 Bayern München 12 32
3 VfB Stuttgart 13 30
4 RB Leipzig 13 26
5 Borussia Dortmund 13 25

VfB-Coach Hoeneß: "Trauen uns zu, sie mal richtig zu ärgern"

Überraschend ist natürlich, wie souverän Leverkusen in dieser Saison spielt. Dass sie dort überhaupt noch kein Pflichtspiel verloren haben. Auch die Bilanz in der Bundesliga ist beeindruckend: Elf von 13 Spielen hat die Mannschaft gewonnen, zwei endeten unentschieden. Von 39 möglichen Punkte holte Leverkusen 35.

Noch etwas überraschender ist aber, was gerade in Stuttgart passiert. In der vergangenen Saison wäre der VfB beinahe abgestiegen, er rettete sich erst in der Relegation. Trainer dort ist Sebastian Hoeneß, er hat aus einem Beinahe-Absteiger innerhalb weniger Monate eine Mannschaft geformt, die ansehnlich Fußball spielt und damit Erfolg hat.

Tobi Schäfer, Sportschau Bundesliga Update, 07.12.2023 14:12 Uhr

In der Bundesliga ist Stuttgart also überraschend Dritter, und im DFB-Pokal hat der Klub gerade den BVB rausgeworfen. Sie fühlten sich dort dann auch bereit für das Spiel gegen Leverkusen, sagt der Trainer Hoeneß: "Wir trauen uns schon zu, sie mal richtig zu ärgern."

Beim VfB wählen sie den Weg über die Flügel

Dass sich Leverkusen und Stuttgart zu diesem Zeitpunkt einer Saison in einem Spitzenspiel begegnen, das liegt auch an der Arbeit ihrer Trainer. Stuttgarts Übungsleiter Hoeneß und Leverkusens Xabi Alonso eint die Vorliebe für Ballbesitzfußball und ein intensives Pressing, das Destruktive liegt ihnen nicht. "Es ist ein sehr guter Gegner, der sehr guten, schönen Fußball gespielt hat", sagte Alonso. "Ich mag diesen Fußball, die Idee des Trainers."

Alonso lobt VfB - "Eine der besten Mannschaften der Liga"

Sportschau

Und doch unterscheidet sich der Fußball beider Mannschaften, nicht nur in der taktischen Formation. Es geht dabei um Feinheiten. Zu sehen ist das vor allem im Angriffsspiel beider Mannschaften. Stuttgart spielt gerne über die Flügel, aber ingesamt variabler, mal abwartend und dann wieder mit viel Druck und noch mehr Tempo. Für das Pokalspiel gegen Dortmund hat Hoeneß die zweite Variante gewählt, er wird das nicht bereut haben.

Leverkusens Ziel: Über das Zentrum auf die Flügel und zurück

Der Fußball in Leverkusen hat vielleicht noch mehr Wiedererkennungswert, das ist das Werk des Trainers Alonso. Seine Mannschaft baut gerne durch das Zentrum auf. Granit Xhaka und Exequiel Palacios sind im defensiven Mittelfeld Spielmacher aus der Tiefe. Bei ihnen beginnt fast jeder Angriff. Beide postieren sich bei eigenem Ballbesitz voreinander, oft lassen sich die Offensiven Florian Wirtz und Jonas Hofmann an ihre Seite fallen. So erzeugt Leverkusen Überzahl im Zentrum. Für den Gegner ist das kein gutes Zeichen.

Was folgt, ist relativ einfach zu beschreiben, aber schwer zu verteidigen: Wenn die gegnerische Mannschaft nun ebenfalls ins Zentrum rückt, um dort zu verteidigen, ergeben sich Räume auf mindestens einer Seite. Die nutzt Leverkusen, um mit Diagonalbällen zu verlagern.

Über die Flügel, besonders über den schnellen Jeremie Frimpong auf der rechten Seite, geht es anschließend Richtung Grundlinie. Und von da wieder in die Mitte: Flacher Rückpass oder hohe Flanke, beides ist bei Bayer schon zu beobachten gewesen. Potenzielle Abnehmer haben sie einige: Natürlich Victor Boniface, den Mittelstürmer (acht Saisontore). Aber auch Wirtz, Hofmann, Palacios oder Xhaka. Nicht selten postieren sich in solchen Momenten fünf Leverkusener in und um den gegnerischen Strafraum.

Hoeneß, Stuttgart und das "Riesenziel"

Natürlich haben sie das auch in Stuttgart beobachtet. Der Trainer Hoeneß hat offenbar einen Plan. Das Ziel müsse sein, die Leverkusener in Situationen zu bringen, "die sie vielleicht noch gar nicht oft erlebt haben", sagt er. "Dass sie selber mal nicht die Kontrolle über das Spiel haben."

Das würde dafür sprechen, dass er seine Mannschaft auch gegen den Tabellenführer mutig aufstellt. Dass er im Angriff wieder auf ein Duo aus Serhou Guirassy (16 Tore in elf Spielen) und Deniz Undav (acht Tore in zehn Spielen) setzt. Beide haben die Form und die individuelle Klasse, um auch Leverkusens Defensive (erst elf Gegentore) zu ärgern. Und sie harmonieren miteinander. "Wir haben eine Weltklasse-Beziehung", hat Undav einmal dem "Kicker" gesagt.

Die Wunschvorstellung beim VfB ist nun, dass Undav und Guirassy auch gegen Leverkusen harmonieren. Dass sie in Stuttgart vielleicht sogar für eine Premiere sorgen können. "Jetzt haben wir da natürlich ein Riesenziel", sagt Hoeneß. Sie wären gerne die erste Mannschaft, die in dieser Saison ein Spiel gegen Leverkusen gewinnt.