Barcelonas Nikola Kalinic im Duell mit Sergio Rodriguez (l.) und Vincent Poirier (r.) von Real Madrid

Final Four in der Euroleague Europas Basketball beutet sich aus

Stand: 18.05.2023 14:31 Uhr

Die Euroleague feiert sich beim Final Four als beste Basketball-Liga neben der NBA und als Exportschlager. Doch das Wachstum geht auf Kosten der Spieler, deren Belastungsgrenze ist wegen der Vielzahl an Spielen und Wettbewerben längst erreicht. Während die Verbände an einer gemeinsamen Lösung arbeiten, setzt die Euroleague ihren Expansionskurs fort.

Es sind gerade Festtage im europäischen Basketball: Am Freitag (19.05.2023) startet das Final Four der Euroleague. In Kaunas wird die beste Mannschaft des Kontinents ermittelt. Erst am vergangenen Sonntag hatten die Telekom Baskets Bonn die Champions League gewonnen. Nominell zwar nur der dritthöchste Wettbewerb in Europa, für die Bonner war es dennoch ein Riesen-Erfolg: Sie durften in Malaga den ersten Titel der Klubgeschichte feiern. Währenddessen sind zuhause, in der Basketball-Bundesliga (BBL), gerade die Playoffs angelaufen.

Die Vielzahl der Wettbewerbe hat längst dazu geführt, dass die BBL mehrere Terminpläne für die Endphase der Saison aufstellen muss. Je nachdem, wie weit es die deutschen Klubs im Europapokal schaffen. Neben den Bonnern lag diesmal zum Beispiel Ratiopharm Ulm im Eurocup lange aussichtsreich im Rennen. Vor zwei Jahren hätte es der FC Bayern in der Euroleague um ein Haar ins Final Four geschafft, in der Bundesliga hätte dann sogar der Modus für die Playoffs angepasst und die Finalserie verkürzt werden müssen.

80 Spiele pro Saison ohne echte Sommerpause

Die wirklich Leidtragenden beim Terminstress im europäischen Basketball sind aber die Spieler: Nationalspieler wie Andreas Obst vom FC Bayern oder die Berliner Maodo Lo und Johannes Thiemann spielen gerade die dritte Saison in Folge, seit der erfolgreichen Qualifikation für Olympia in Tokio, praktisch ohne Sommerpause durch.

Christian Mixa, Sportschau, 17.05.2023 11:26 Uhr

Dabei haben sie pro Saison rund 80 Spiele abgerissen, allein für ihre Klubs, obendrauf kamen noch die Länderspiele. Ein Pensum wie in der NBA - nur mit dem Unterschied, dass in der US-Profiliga die ersten Spieler nach der Regular Season schon Ende April in den Urlaub gehen und dann erst im Oktober wieder einsteigen.

Pesic vom FC Bayern: "Belastung der Spieler minimieren"

Die Belastung der Spieler in Europa hat längst die Grenze erreicht, sagt auch Marko Pesic, Geschäftsführer beim FC Bayern Basketball. "Wenn das so weitergeht, mit der Anzahl der Spiele, den vielen europäischen Wettbewerben - plus Nationalmannschaftsfenster, dann ist das für keinen gut. Weder für die nationalen Ligen, noch für die Euroleague. Wir müssen gemeinsam einen Weg finden, die Belastung für die Spieler zu minimieren."

Die beiden deutschen Euroleague-Klubs aus München und Berlin haben immer wieder mit Ausfällen von Leistungsträgern zu kämpfen, die auch auf die Dauerbelastung zurückgeführt werden. Schon in der Vorsaison schleppten sich die beiden Platzhirsche der BBL auf der letzten Rille durch die Finalserie. Die Verschleißerscheinungen haben längst Auswirkungen auf das "Produkt", die Intensität der Spiele sank zuletzt merklich, und das in der entscheidenden Phase der Saison.

Blockade zwischen FIBA und Euroleague

Die Frage, wer die Schuld daran trägt, führt direkt zum Streit zwischen dem europäischen Verband FIBA Europe und der Euroleague. Letztere ist eine geschlossene, privatwirtschaftliche Liga, die inzwischen auf 18 Klubs angewachsen ist und zusätzlich zum nationalen Spielbetrieb eine eigene Saison mit Hin-und Rückrunde veranstaltet, 34 Spieltage insgesamt zwischen Oktober und April.

Die Euroleague, so der Vorwurf der FIBA, nehme damit den anderen Wettbewerben und Ligen in Europa die Luft zum Atmen. Die FIBA wiederum hat 2016 mit der Champions League nicht nur einen Konkurrenzwettbewerb installiert, sondern auch Länderspielfenster mitten in der Saison. Was ebenfalls auf Kritik bei vielen Klubs stößt, weil es noch mehr Durcheinander in den Spielplan gebracht hat.

Pesic nach Gesprächen zwischen Verbänden "optimistisch"

Nach Jahren gegenseitiger Blockade haben Europas zerstrittene Basketball-Organisationen zumindest wieder den Gesprächsfaden aufgenommen. Allein dies wertet Marko Pesic, der mit dem FC Bayern als Euroleague-Gesellschafter mit am Tisch sitzt, schon als Fortschritt: "Ich glaube, alle Beteiligten haben verstanden, dass das gesamte System verbessert werden muss. Wir haben eine Verantwortung gegenüber dem europäischen Basketball. Ich bin optimistisch, dass wir ein Modell finden können, das für alle funktioniert."

Mögliche Kompromissvorschläge geistern schon länger durch die Basketball-Sphäre: So könnte der Eurocup, der zweithöchste Wettbewerb, der ebenfalls von der Euroleague organisiert wird, mit der Champions League zusammengelegt werden. Oder die Länderspielfenster während der Saison gestrichen werden.

London, Paris, Dubai - Euroleague womöglich bald mit 24 Teams

Die Euroleague wollte sich nicht zu konkreten Anfragen zu möglichen Reformen äußern. Was zuletzt aber aus der Liga-Zentrale in Barcelona zu hören war, deutet eher auf eine weitere Expansion hin: Die Aufnahme neuer Teams sei unvermeidlich, sagte Euroleague-Vorstand Marshall Glickman im litauischen Podcast "BasketNews" und nannte eine Reihe aussichtsreicher Kandidaten: Partizan Belgrad oder Valencia, die Klubs aus London und Paris - und sogar Dubai (Glickman: "Ein sehr attraktiver Markt").

Die Euroleague könnte so künftig auf bis zu 24 Teams anwachsen, die dann womöglich, wie in der NBA, auf zwei Conferences aufgeteilt werden. Ob es damit tatsächlich weniger Spiele geben würde, bleibt zumindest zweifelhaft - zumal die Euroleague auch über ein zusätzliches Play-In-Turnier nach dem 34. Spieltag nachdenkt, ebenfalls nach dem NBA-Vorbild, um damit weiteren Teams die Chance auf ein Erreichen der Playoffs zu geben.

BBL-Chef Holz: "Kein Wachstum auf Kosten der nationalen Ligen"

Die BBL kündigte angesichts der Gedankenspiele aus Barcelona schon einmal vorsorglich Widerstand an. "Die Euroleague ist ein tolles Produkt, ich schaue sie auch gerne. Aber man kann definitv nicht, das ist eine klare Botschaft der nationalen Ligen an die Euroleague, auf Kosten anderer wachsen", sagte BBL-Geschäftsführer Stefan Holz. Bei der angestrebten Vergrößerung der Euroleague auf bis zu 24 Teams, so der BBL-Chef, "fehlt mir die Fantasie, wie das funktionieren soll."

Euroleague hat US-Markt im Fokus

Die Euroleague orientiert sich derweil längst an anderen Märkten, neben Asien gelten dabei vor allem die USA als Wachstumsmarkt. Die NBA hat in dieser Saison schon die Spiele von Frankreichs Super-Talent Viktor Wembanyama, der in der Euroleague bei Lyon seinen Durchbruch feierte, in ihrer Liga-App versendet, und damit den Hype um den künftigen Nummer-1-Pick noch befeuert. Die Euroleague hat außerdem vor kurzem einen Streaming-Deal mit dem US-Sportsender "ESPN" abgeschlossen, der künftig alle Spiele aus Europas Königsklasse in den USA überträgt.

FC Bayern gegen Barcelona bald im Madison Square Garden?

Euroleague-CEO Glickman, lange Jahre auch in der NBA im Management tätig, sprach auch davon, dass er einzelne Spiele der regulären Saison künftig gerne in den USA austragen möchte, zum Beispiel in New York City. So könnten der FC Barcelona oder der FC Bayern zwischendurch mal eben über den Atlantik jetten, für ein Spiel im Madison Square Garden. Ein paar Tage später geht es dann in der Bundesliga weiter, gegen Crailsheim oder Göttingen.