Für Tom Brady (l.) und Aaron Rodgers (r.) läuft es diese Saison nicht.

NFL-Stars in der Krise Brady und Rodgers - endet die Zeit der Top-Quarterbacks?

Stand: 04.11.2022 14:26 Uhr

In der NFL ist bald die Hälfte der Saison rum und für die Star-Quarterbacks Tom Brady und Aaron Rodgers läuft es, teilweise historisch, schlecht. Ist die Götterdämmerung angebrochen?

Tom Brady gilt in der Football-Welt als der "Greatest Of All Time (GOAT)", der "Beste aller Zeiten". Zuletzt stand das "G" allerdings eher für "Genervteste". Es läuft so gar nicht in Bradys womöglich letzter Saison - und das liest man im Gesicht des mittlerweile 45-Jährigen mehr als deutlich.

Wohl kein Trost für Brady: Er befindet sich dabei in guter Gesellschaft, denn etwa 2.200 Kilometer weiter nördlich von Bradys Arbeitsstelle in Tampa Bay hat einer seiner über die Jahre größten Konkurrenten, Aaron Rodgers, mit den Green Bay Packers ein sehr ähnliches Problem.

Vor dem Rücktritt voll auf der Höhe

Brady spielt in der NFL inzwischen gegen Spieler, die noch nicht einmal auf der Welt waren, als er im Jahr 2000 bei den New England Patriots in der NFL anfing. Der 45-Jährige hat unter anderem sieben Super-Bowl-Titel gewonnen, sechs mit den Patriots, einen im Februar 2021 mit den Tampa Bay Buccaneers.

Auch in der vergangenen Spielzeit spielte Brady noch herausragend - legte starke Pass-Werte auf, scheiterte aber dann knapp in den Playoffs am späteren Champion, den Los Angeles Rams. Dann trat er zurück, auf voller Höhe seiner Schaffenskraft - das schaffen nicht viele. Und im Alter von damals 44 Jahren sowieso niemand in der NFL.

 Tampa Bay Buccaneers Quaterback Tom Brady beim Wurf

Bradys Tampa Bay Buccaneers: Historisch schlecht

Doch wenige Wochen später erfolgte der Rücktritt vom Rücktritt. Brady kehrte doch nochmal zurück zu den Buccaneers. Ob private oder sportliche Gründe den Ausschlag für die Entscheidungen gaben, weiß nur er selbst.

Fest steht: Dieses nächste Jahr seiner Laufbahn hat so gar nicht nach den Vorstellungen des dreifachen MVP begonnen - es droht sogar, zum Desaster zu werden.

Aktuell stehen die "Bucs" bei drei Siegen und fünf Niederlagen. Noch nie zuvor hat ein von Brady geführtes Team in einer NFL-Saison eine Bilanz gehabt, die zwei Niederlagen mehr als Siege aufwies - zu keinem Zeitpunkt.

Verletzungspech und ausrechenbare Offense

Die Gründe für die Misere sind vielschichtig. Das Team hat Verletzungspech, gerade in der Offensive Line, die Brady in diesem Jahr deshalb bei weitem nicht so zuverlässig schützt wie in den vergangenen beiden Saisons. Das führt auch dazu, dass das für die "Bucs" wichtige Laufspiel nur schwer ins Rollen kommt.

Allerdings fällt dem neuen Coach Todd Bowles, der den zurückgetretenen Bruce Arians beerbt hat, auch keine kreative Alternative zu dem doch recht eindimensionalen Laufspiel ein. Auch die eigene Defense, die in vergangenen Jahren zu den besten der Liga gehörte, ist teilweise überraschend zahnlos.

Abstimmungsprobleme zwischen Brady und den Receivern

Und dann ist da eben auch Brady, der bisher auch nicht die Elite-Leistungen zeigt, um die Schwachstellen zu kaschieren. In Mike Evans, Chris Godwin und Julio Jones hat er eigentlich starke Passempfänger zur Verfügung, aber das Zusammenspiel hakt. Zuletzt warf Brady gegen Baltimore den Ball zu einem eigentlich in der Endzone völlig frei stehenden Evans ein gutes Stück zu hoch.

Gegen die Carolina Panthers ließ Evans einen perfekten Pass seines Quarterbacks auf dem Weg zum Touchdown unbedrängt durch die Finger gleiten. Es sind nur einzelne Szenen, aber sie zeigen, dass es in diesem Jahr bei Tampa Bay unrund läuft.

Dabei haben die "Bucs" noch Glück. Im Playoff-Rennen ist noch nichts verloren. Das liegt auch daran, dass in ihrer Division, der NFC South, aktuell kein Team richtig gut spielt. Die erstplatzierten Atlanta Falcons haben auch "nur" vier Siege auf dem Konto. In keiner anderen Division steht der Führende so schlecht da. Alle Division-Sieger qualifizieren sich direkt für die Playoffs.

Schlüsselspiel gegen die Los Angeles Rams

Damit das noch gelingt, muss das Team sich aber deutlich steigern - und das bedeutet wohl: Brady muss in der zweiten Saisonhälfte noch einmal an seinen Leistungszenit der vergangenen Jahre herankommen, denn von den anderen Mannschaftsteilen bekommt er aktuell keine Hilfe.

Es gibt dankbarere Situationen für einen 45-Jährigen, der eigentlich aufhören wollte. Am Wochenende geht es gegen die Rams - der Meister hat ebenfalls große Probleme und steht mit drei Siegen bei vier Niederlagen nicht viel besser da.

Aaron Rodgers und die Receiver-Probleme der Packers

Auch Aaron Rodgers hatte lange mit einem Abschied von den Green Bay Packers geliebäugelt, sich dann nach vielen Querelen doch zu einem Verbleib entschieden, um noch einmal ganz oben anzugreifen.

Und nun steht der 38-Jährige genau wie Brady bei drei Siegen und fünf Niederlagen. Auch Rodgers ist in Green Bay nicht das sportliche Hauptproblem, aber auch er ist ein gutes Stück von seiner Bestform vergangener Tage entfernt.

Besonders herausstechend ist die fehlende Qualität auf der Receiver-Position. Rodgers' Lieblings-Anspielstation Davante Adams hat man an die Las Vegas Raiders abgegeben, dafür unter anderem ein Auswahlrecht in der ersten Runde des letzten Drafts bekommen, dieses aber für einen Defensivspieler genutzt. Genau wie den eigenen Erstrundenpick.

Erst in Runde zwei holte man Christian Watson, der bisher die Erwartungen noch nicht erfüllen konnte. Und während die Division-Konkurrenten Minnesota und Chicago beide kurz vor "Transferschluss" am 1. November noch namhafte Passempfänger nachverpflichteten, schaute Rodgers (mal wieder) in die Röhre.

Quarterback Aaron Rodgers von den Green Bay Packers in Aktion.

Quarterback Aaron Rodgers von den Green Bay Packers in Aktion.

Playoffs ohne Rodgers oder Brady gab es zuletzt 2008

Weil die Minnesota Vikings mit sechs Siegen und nur einer Niederlage in der Division schon deutlich vor den Packers liegen, ist eine "Wild Card", die an die drei jeweils besten Teams der NFC und AFC vergeben wird, die ihre Division nicht gewonnen haben, wohl die einzige Playoff-Chance für Green Bay. Die ist noch in Reichweite, aber angesichts der bisherigen Leistungen definitiv kein Selbstläufer - und vielleicht heißt es am Ende sogar: Brady oder Rodgers.

Eine Saison ohne mindestens einen von beiden in den Playoffs gab es zuletzt 2008, in Rodgers' erster Saison als Starter, die Brady wegen einer Verletzung fast komplett verpasste.