Jalen Hurts von den Philadelphia Eagles jubelt

Ungeschlagen in der NFL Philadelphia Eagles - die Adler fliegen schon wieder

Stand: 04.11.2022 10:15 Uhr

Die Philadelphia Eagles sind in dieser NFL-Saison als einziges Team in der US-Football-Liga noch ungeschlagen und führen die NFC mit 8-0-Siegen an. Dass die Eagles schon jetzt so erfolgreich sind, ist gleich aus mehreren Gründen bemerkenswert.

Als die Eagles im Draft 2020 in der zweiten Runde in Jalen Hurts einen Quarterback auswählten, reichten die Reaktionen der Philadelphia-Fans von verwirrt bis erbost. Schließlich hatte man in Carson Wentz schon einen Quarterback unter Vertrag, mit dem man, auch wenn er im Endspiel selbst verletzt gewesen war, schon Anfang 2018 den Super Bowl gewonnen hatte. Wentz hatte zudem in der Spielzeit 2019 die fünftmeisten Touchdowns der Liga geworfen.

Jalen Hurts - mehr als ein Backup

Im Report vieler Scouts hieß es damals über Hurts, er könne wegen seiner Qualitäten im Laufspiel und trotz einiger Mängel im Passspiel ein "solider Backup" sein. Dafür schon einen Pick in der zweiten Runde zu nutzen, erschien den Eagles-Fans als Fehler. Schließlich wollte man nach einem gerade erlittenen schmerzhaften frühen Playoff-Aus wieder um den Titel mitspielen und brauchte die Verstärkungen dafür auf dem Feld und nicht auf der Bank.

Doch es kam anders. Wentz spielte wie das gesamte Team eine ganz schwache Saison und kurz vor Saisonende entschied man: Wentz ist raus, Hurts ist drin. Die Spielzeit war zu diesem Zeitpunkt aber schon gelaufen und auch mit dem Youngster wurde es nicht besser. Mit vier Siegen und elf Niederlagen gehörten die Eages zu den schlechtesten Teams der NFL. Das einstige Erfolgs-Duo Wentz und Trainer Doug Pederson musste gehen.

Konstanz ist in der NFL selten

Nur wenige Teams in der NFL haben es dauerhaft geschafft, über viele Jahre fortlaufend in der Spitzengruppe zu bleiben. Und auch die, denen das in der Vergangenheit gelang, mussten irgendwann den Preis dafür zahlen und stürzten sportlich erst einmal ab.

Das System, das den schlechten Teams die "guten" Draft-Picks beschert und die Verträge von guten Spielern, die eben dauerhaft teuer werden und irgendwann die Gehaltsobergrenze sprengen, haben es so an sich, dass zwangsläufig irgendwann ein Umbruch erfolgen muss.

Der junge Head Coach - ein Volltreffer

An diesem Punkt standen die Eagles nach der Saison 2020 - der junge Quarterback sollte aber eine Chance bekommen, sich zu beweisen. Ein Quarterback, der noch unter seinem meist vier Jahre dauernden Rookie-Vertrag spielt, ist zum einen deutlich günstiger als ein erfahrener Topspieler. Zum anderen konnten die Eagles so zumindest mal abwarten, ob Hurts nicht vielleicht doch mehr als ein sehr beweglicher Backup sein kann.

In Nick Sirianni verpflichtete man keinen der ganz großen Namen auf dem Markt als neuen Head Coach. Sirianni hatte zuvor noch nie als Cheftrainer bei einem NFL-Team gearbeitet und war bei seiner Verpflichtung auch erst 39 Jahre alt.

Überraschend stark schon im ersten Jahr

Unerfahrener Trainer, unerfahrener Quarterback, so gut wie keine wirklich guten Passempfänger - die Erwartungen an die Eagles waren für die 2021er-Saison gering. Doch schon im ersten Jahr des Duos Hurts/Sirianni erreichte Philadelphia nach mäßigem Saisonstart die Playoffs. Und auch wenn dort in der ersten Runde bereits Schluss war, war unschwer zu erkennen: In Philadelphia wächst schneller etwas heran als gedacht.

Der frisch gedraftete Wide Receiver DeVonta Smith hatte die Zweifler, die ihn wegen seiner eher schmalen Statur als womöglich nicht physisch genug für die NFL gesehen hatten, schnell Lügen gestraft und eine gute Saison gespielt. Sirianni hatte zudem eine Offense installiert, die den Stärken und Schwächen seines Quarterbacks entgegenkam. Viel kreatives Laufspiel und gleichzeitig möglichst viele "einfache" Entscheidungen für Hurts bei seinen Pässen.

Das Laufspiel bleibt die Basis

Das half. Hurts gewann Sicherheit. Und auch wenn die Offense auch in der Saison 2022 ebenfalls noch auf dem starken Laufspiel basiert - kein Team hat mehr Rushing-Touchdowns als Philadelphia und kein Quarterback mehr als Hurts - ist auch das Passspiel besser geworden.

Weil Gegner eben das sehr variable Run-Game der Eagles verteidigen müssen, bieten sich immer wieder Chancen für sogenannte "Big Plays", also große Raumgewinne, über das Passspiel. Inzwischen ist Hurts auch in der Lage, diese konstant zu erkennen. 8,5 Yards pro Passversuch sind der zweitbeste Liga-Wert unter den Starting-Quarterbacks.

Starke Offensive Line - und zwei Top-Receiver

Dabei helfen ihm zwei weitere Faktoren: Die Offensive Line der Eagles gehört zu den besten der Liga, Hurts hat also hervorragenden Schutz vor gegnerischen Spielern und Zeit, seine Entscheidung zu treffen. Bemerkenswert übrigens: Ihre Topspieler in der O-Line haben die Eagles allesamt selbst in den vergangenen Jahren im Draft ausgewählt und niemanden "extern" dazugeholt. Eine Seltenheit.

Außerdem verpflichtete Philadelphia in diesem Sommer in A. J. Brown einen der besten jungen Wide Receiver der Liga von den Tennessee Titans. Sie tauschten dafür ihren Erstrundenpick im vergangenen Draft ein und gaben Brown direkt einen langfristigen und dann ab 2024 auch sehr teuren Vertrag.

Junge Topspieler bedeuten auch mehr finanziellen Spielraum

Das kann man sich leisten, wenn eben auf den teuren Positionen Quarterback und Wide Receiver noch zwei Leute auf günstigen Verträgen spielen. Weil auch die Defense bisher gehobenen Ansprüchen genügt und der Spielplan der Eagles in diesem Jahr nicht die ganz großen Brocken bereithält, ist es inzwischen sehr wahrscheinlich, dass Philadelphia als eines der Top-Teams in die Playoffs einziehen wird.

Ob es dann mit so wenig Erfahrung auf den Schlüsselpositionen schon zum großen Wurf reicht, steht natürlich noch in den Sternen, aber die nahe Zukunft in Philadelphia sieht aktuell deutlich rosiger aus, als es kühnste Optimisten vor zwei Jahren erwarten konnten.