Rafael Nadal ist nach der Niederlage gegen Taylor Fritz frustriert

ATP-Finals Rafael Nadal im Wettstreit mit sich selbst

Stand: 14.11.2022 14:08 Uhr

Rafael Nadal ist mit einer herben Pleite in die ATP-Finals in Turin gestartet. Aber noch enttäuschender als die Niederlage ist wohl die Einsicht, dass der Spanier nicht konkurrenzfähig war.

Rafael Nadal gab sich sichtlich Mühe, ein neutrales Gesicht zu bewahren. Aber der innerliche Schmerz, die große Enttäuschung über die deutliche Niederlage (6:7; 1:6) im Auftaktmatch der ATP-Finals in Turin gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz waren dennoch nicht zu übersehen.

Denn es war nicht nur eine schnöde Pleite, die jedem Spitzenspieler mal passieren kann. Nadal, der die Finals als eines der wenigen Turniere auf der Tour noch nie gewinnen konnte, wurde von Fritz mit dessen hammerharten Schlägen geradezu an die imaginäre Wand gepresst. Hinzu kamen etliche leichte Fehler. "Das Problem war, dass ich meistens in der Defensive war und er in der Offensive", sagte Nadal danach.

Wohl jedes Körperteil beeinträchtigt

Gerade im zweiten Satz hatte der Spanier keine Antwort mehr auf das druckvolle Spiel des 25-Jährigen. "Beim Training wirkte es so, als ob ich wettbewerbsfähig bin", sagte Nadal. "Aber Wettkämpfe sind dann doch etwas anderes." Es war offensichtlich, dass er der dauerhaften Wucht Taylors nichts entgegenzusetzen hatte. Ausgerechnet er, dessen unbändige Kraft und Willensstärke die Gegner in der Vergangenheit reihenweise in die Knie gezwungen hatte. Kaum etwas schien davon übrig geblieben zu sein.

In den vergangenen Wochen und Monaten war der 36-Jährige immer wieder von Verletzungen aus dem Rennen geworfen worden. Bauchmuskelrisse, seine chronischen Fußprobleme und ein Zwicken hier, ein Zwacken da, haben einen regelmäßigen Wettbewerb verhindert. "In den vergangenen fünf Monaten ist viel passiert", sagte Nadal. Ihm fehle die Matchpraxis, um sich gegen Spieler der Qualität von Fritz behaupten zu können. "Es geht bei allem im Tennis um Zeit. Ich hatte weniger als er."

Nadal hatte schon so viele Verletzungen und Blessuren in seiner Karriere, dass wohl so gut wie jedes Körperteil schon einmal beeinträchtigt war. Der Unterschied zu früheren Zeiten aber ist, dass ihm nun diese so dringend benötigte Zeit davonläuft - zur Genesung und Rehabilitation, aber auch zur Vorbereitung auf die kommenden Aufgaben.

Gegen Shootingstar Felix Auger-Aliassime

Mit jeder weiteren Verletzung dürfte sich die Zeit verlängern, die er im fortgeschrittenen Alter eines Profi-Tennisspielers benötigt, um seine Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen. So wie Roger Federer (41) jüngst den langen inneren Kampf gegen den eigenen Körper verloren gab und seine Karriere beendete, so deuten immer mehr Zeichen darauf hin, dass auch Nadal längst in diesen sehr privaten Wettstreit mit sich selbst eingetreten ist.

Die Frage wird sein, wie lange er das Feuer, das immer so intensiv in ihm brannte und ihn stets angetrieben hat, noch in sich spürt und nähren kann. Am Dienstag (14 Uhr) wird der Spanier gegen einen der Shootingstars der diesjährigen Saison im zweiten Gruppenspiel antreten. Der Kanadier Felix Auger-Aliassime, der sein Auftaktmatch gegen den Norweger Casper Ruud (6:7, 4:6) ebenfalls verloren hatte, spielt ähnlich offensiv und druckvoll wie Fritz. "Der Verlierer geht raus aus dem Turnier", sagte Nadal.