Der Bundesliga-Augsteiger aus Mannheim: Der SV Waldhof 1983

Fußball | Historie Vor 40 Jahren: Günter Sebert und die Bundesliga-Premiere des SV Waldhof

Stand: 12.08.2023 09:52 Uhr

Der 13. August 1983 war ein großer Tag für den Mannheimer Fußball. Der SV Waldhof gewann damals sein erstes Bundesligaspiel mit 2:0 gegen Werder Bremen. SWR Sport hat mit dem damaligen Kapitän Günter Sebert über die glorreiche Zeit gesprochen.

Der Mann steht mit seinen 75 Jahren noch immer bewundernswert sportlich-rüstig da: Günter Sebert kommt im Ringel-Shirt, in kurzen Jeans und Sportschuhen zum Gespräch mit SWR Sport. Keine Spur von Übergewicht: "Mir geht's gut", sagt der Ehrenspielführer des SV Waldhof und freut sich über seine Fitness, "ich spiele noch immer regelmäßig Tennis im Verein".

Das Alter war für den "Sam", wie sie den ewigen Waldhöfer in Mannheim nennen, noch nie ein Problem. Als die Mannheimer am 13. August 1983 zum ersten Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte gegen Werder Bremen antraten, war der Libero bereits stolze 35 Jahre alt. Und noch immer der Leistungsträger, Herz und Seele der Mannschaft von Trainer-Unikum Klaus Schlappner. "Erst im 40. Lebensjahr habe ich dann 1987 meine aktive Karriere in der Bundesliga beendet", lächelt Sebert, der gebürtige Mannheimer wurde danach Assistenztrainer und später sogar Chefcoach auf dem Waldhof.

42.000 kamen zum Bundesligastart nach Ludwigshafen

42.000 Zuschauer drängten sich an jenem Samstag vor 40 Jahren im altehrwürdigen Ludwigshafener Südweststadion, um die Erstliga-Premiere der Waldhöfer zu verfolgen. Das eigene Stadion am Mannheimer Alsenweg war mit einem Fassungsvermögen von 15.000 viel zu klein und mit der damaligen Tribüne nicht TV-tauglich. Deshalb der Umzug über den Rhein ins benachbarte Ludwigshafen, der auf beiden Seiten des Flusses nicht jedem schmeckte, letztlich aber aufgrund der Kapazität alternativlos war.

Die Waldhof-Spieler aber fühlten sich schnell heimisch "über der Brücke", machten das Südweststadion, wo auch trainiert wurde, zu ihrer zweiten sportlichen Heimat, richteten sich in den Katakomben häuslich ein.

Überwiegend Eigengewächse im Waldhof-Team

"Wir hatten fast 90 Prozent Spieler im Kader, die aus der eigenen Jugend oder der Region Mannheim kamen", beschreibt Sebert die damalige Mannschaftsstruktur: "Nach dem Training ist keiner nach Hause gegangen. Wir sind gemeinsam ins Klubhaus, haben dort Karten oder Flipper gespielt. Zwischen den Trainingseinheiten haben wir sogar gemeinsam gekocht. Das gibt es heute gar nicht mehr". Sebert über den außerordentlichen Teamgeist auf dem Waldhof: "Wir waren eine echte Mannschaft, jeder ist für den anderen gelaufen, die Jungen haben sich an den Älteren orientiert". Hier Routiniers wie Sebert, Böhni oder Pradt, dort Talente wie Walter, Schön, Dickgießer, Schlindwein. Später Gaudino und Kohler. Dazwischen die Vaterfigur Schlappner, das passte einfach.

Schön und Walter schossen die Tore zum 2:0 gegen Bremen

Was an diesem 13. August 1983 auch Werder Bremen leidvoll anerkennen musste. Der SV Waldhof überrannte zum Bundesligastart den routinierten Vizemeister um Trainer Otto Rehhagel und Starstürmer Rudi Völler in der ersten halben Stunde regelrecht, schoss durch Alfred Schön (7.) und Fritz Walter (23. Minute) früh die Tore zum 2:0-Sieg.

"Als wir mit den Autos vor dem Spiel ankamen, war das Stadion bereits restlos voll", erinnert sich Sebert, "schon beim Warmmachen auf der Tartanbahn sah man nur noch Fernsehkameras, Radiosender, das war für uns völlig ungewohnt". Sebert weiter: "Aber wir haben uns schnell daran gewöhnt. Bremen war damals eine Top-Mannschaft in der Bundesliga. Das war ein super Anfang mit dem 2:0 gegen Bremen". Der einstige Kapitän auch 40 Jahre danach mit leuchtenden Augen: "Diese Stimmung, die Euphorie nach dem Spiel waren richtig greifbar".

Der Waldhof-Aufstieg 1983 - eine Überraschung

Bereits der Aufstieg in die Bundesliga im Mai 1983 galt als faustdicke Überraschung. Das Schlappner-Team hatte eigentlich keiner so richtig auf der Rechnung, am Ende aber setzte sich diese gelungene Mischung aus Routiniers und Eigengewächsen durch.

Nach einem 3:3 am 14. Mai beim MSV Duisburg hatten die Mannheimer vorzeitig den Aufstieg geschafft. Zum ersten Mal war die Bundesliga in Mannheim zuhause: "Das war für uns alle der Höhepunkt der Karriere", erinnert sich Günter Sebert lebhaft, der von der D-Jugend bis zum Ende seiner Spielerlaufbahn nur für den Waldhof spielte, "das war eine riesen Geschichte". Am Abend des Aufstiegssamstags war der Waldhof-Kapitän dann sogar Studiogast bei Harry Valerien im Aktuellen Sportstudio des ZDF. Unvergessen.

Sebert: "Keine Sekunde Waldhof bereut"

Was folgte, war für die Mannheimer einfach ein fußballerischer Traum: "Wir konnten uns mit Nationalspielern messen, mit den Besten in Deutschland", blickt der spiel- und schussstarke Günter Sebert auf die Duelle mit den großen traditionsreichen Klubs wie Bayern, Schalke, HSV, Stuttgart oder Kaiserslautern zurück, "und wir konnten mithalten. Es wäre schade gewesen, wenn ich die Bundesliga nicht erlebt hätte. Da hätte ich etwas versäumt, denn der Unterschied zwischen 2. Liga und Bundesliga war so groß".

Seine Vereinstreue hat Sebert trotz anderer Angebote nie in Frage gestellt: "Ich habe keine Sekunde bereut auf dem Waldhof", bestätigt Urgestein und Rekordspieler Sebert auch heute noch gerne seine Verbundenheit zu Stadt und Verein. Inzwischen gibt es in der Mannheimer Fußball-Arena sogar eine Günter-Sebert-Tribüne.

Der bittere Abstieg folgte 1990

Im Mai 1990 war das Abenteuer Bundesliga für den SV Waldhof nach sieben Jahren beendet. Günter Sebert, inzwischen Cheftrainer, konnte den bitteren Absturz in die Zweitklassigkeit der Rückunde nicht mehr verhindern. Die finanziellen Voraussetzungen mit dem viel zu kleinen und unkomfortablen Stadion waren längst nicht mehr konkurrenzfähig, Top-Spieler wie Fritz Walter, Jürgen Kohler oder Maurizio Gaudino nicht zu halten. Die lange umstrittene, neue Carl-Benz-Arena in Neuostheim war zu spät fertig geworden.

Dort sitzt Günter Sebert auch mit 75 Jahren noch immer als treuer Stammgast auf der Tribüne, ist froh, dass sein Waldhof nach schwierigen Jahren im Amateurlager immerhin wieder in der 3. Liga dabei ist. Und auch der Kontakt zu den alten Bundesliga-Kollegen wird fleißig gehalten: "Wir haben uns nicht aus den Augen verloren", freut sich Günter Sebert über den 40 Jahre langen Zusammenhalt, "montags beim Stammtisch sieht man immer mal den einen oder anderen wieder". Um dann auch in den Erinnerungen zu schwelgen. Damals im August 1983...