Vier Pferde stehen auf einem Sandpaddock des Haupt- und Landesgestüts Neustadt/Dosse (Bild: Imago/Frank Sorge)

Pferdesport Pferdesport: Wieso Brandenburg das Gestüt Neustadt (Dosse) mit Millionen fördert

Stand: 10.01.2024 16:13 Uhr

Das Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) erhält jährlich 3,5 Millionen Euro vom Land Brandenburg. Warum die Pferde als lebendiges Kulturgut gelten und so die Region gefördert werden soll. Von Lynn Kraemer

Auf dem Stadtwappen zeigt sich Neustadt (Dosse) zwar mit einem Löwen und Elch, doch wer am gelben Stadtschild vorbeikommt, wird auch in der "Stadt der Pferde" begrüßt. Die Vierbeiner tragen maßgeblich zum Standing der Stadt im Landkreis Ostprignitz-Ruppin bei. Der Pferdesport wird vom Land Brandenburg als so wichtig für die Region eingestuft, dass das Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) 2023 mit 3.525.800 Euro bezuschusst wird.

Seit 2001 Stiftung des öffentlichen Rechts

Das Gestüt hat eine über 235-jährige Geschichte und zählt heute über 300 Pferde, die von 64 Mitarbeitenden versorgt werden. "Damals ging es hauptsächlich darum, Pferde für die Landwirtschaft und das Militär zur Verfügung zu stellen. Man hat gesehen, dass es günstiger ist, wenn man diese Pferde im eigenen Land züchten kann und nicht aus dem Ausland importieren muss", erklärt Landstallmeister Henning Frevert.
 
Diese Struktur besteht, wenn auch mit Änderungen in der Zuchtausrichtung, bis heute. "Wir sind ein lebendiges Denkmal und arbeiten weiterhin in diesen historischen Anlagen", so Frevert. Die Ställe würden nach wie vor den modernsten Anforderungen genügen, "sodass die Kenntnisse der Pferdehaltung und Tradition erhalten werden konnten."
 
Seit 2001 ist das Gestüt eine Stiftung des öffentlichen Rechts unter dem Land Brandenburg. In der Stiftungssatzung ist festgehalten, dass das Gestüt für die Pferdezucht und darüber hinaus für die "Erhaltung der kulturellen Tradition und des historischen Erbes", "die Wahrung des Bewusstseins der Öffentlichkeit" und den Erhalt denkmalgeschützen Gestütsanlagen zuständig ist.

Das Konzept ist nicht einzigartig. Neustadt (Dosse) ist eines von zehn Landgestüten in Deutschland. Landgestüt meint, dass an diesen Standorten Hengste gehalten werden. Drei Standorte, darunter Neustadt (Dosse), sind zudem Hauptgestüte, wo auch Stuten zuhause sind.
 
Je nach Bundesland unterscheidet sich, über welches Modell die Gestüte gefördert werden. Das Gestüt in Neustadt (Dosse) finanziert sich über die Landesgelder und eigene Einnahmen. Dazu zählen neben Dienstleistungen für Züchter unter anderem auch Pferdestellplätze und das Bereitstellen der Graf-von-Lindenau-Halle als jährlicher Austragungsort eines internationalen Springturniers.

Brandenburg bezuschusst Gestüt in Neustadt (Dosse) mit 3,5 Millionen Euro

mehr

Erhalt eines lebendigen Kulturguts

Die Pferdezucht in Neustadt (Dosse) hat zwei Schwerpunkte. Einerseits werden Deutsche Sportpferde gezüchtet. Die sogenannte P-Familie hat, angefangen mit der Stute Poetin, seit der Nachkriegszeit einige sehr gefragte Pferde hervorgebracht. Das trägt laut dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg zu einer breiten, nationalen und internationalen Wahrnehmung von Neustadt (Dosse) bei. So liegt der 2021 an einer Kolik verstorbene Hengst Quaterback in der weltweiten Zuchtrangliste für Dressur immer noch auf dem vierten Platz. "Nach wie vor gibt es eine große Nachfrage nach Samen von ihm", sagt Frevert. Das Tiefgefriersperma von Quaterback kostet 1.500 Euro.
 
Weniger Geld lässt sich mit dem zweiten Schwerpunkt machen, der allerdings auch auf die Stiftungsziele einzahlt: die Zucht von Kaltblütern. "Wenn man das unter wirtschaftlichen Aspekten sehen würde, wäre das sehr schwierig darzustellen", sagt der Landstallmeister. Doch das Rheinisch-Deutsche Kaltblut ist eine vom Aussterben bedrohte Pferderasse, die durch das Bereitstellen der Hengste erhalten werden kann. Aktuell gibt es rund 200 Kaltblutstuten im Zuchtgebiet Brandenburg-Anhalt.

Gestüt als "Leuchtturm der Regionalentwicklung"

"Am Ende ist das Gestüt nicht nur für den Erhalt der Tradition da, sondern ein Leuchtturm in der Regionalentwicklung", sagt Frevert. Gemeinsam mit der Prinz-von-Homburg-Schule bietet das Gestüt Reiten als Schulfach an. Die Spezialklasse ist in Deutschland einmalig und durch zwei anliegende Reitinternate wird auch Schülerinnen und Schülern von außerhalb ermöglicht, am Programm teilzunehmen. "Dadurch kommt immer die notwendige Anzahl an Kindern für die Oberstufe zustande, damit hier in Neustadt weiter die Möglichkeit besteht, das Abitur zu machen", so der Landstallmeister. Zudem wurden durch die Internate zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.
 
Auch wer in der Region die Berufsausbildung zu Pferdewirt oder Pferdewirtin machen möchte, kommt an Neustadt (Dosse) nicht vorbei. "Wir sind der größte Ausbildungsbetrieb für Pferdewirte in Brandenburg", sagt Landstallmeister Frevert. Aktuell zählt das Gestüt 18 Lehrlinge. Alle, die den Beruf in Brandenburg lernen, absolvieren einen Teil ihrer Ausbildung und die Abschlussprüfung in Neustadt (Dosse). Anfang 2023 zählte der Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg 11.883 Aktive und ist hinter den Fußball- und Handball-Landesverbänden der drittgrößte in Brandenburg. Reiten wird in 384 Vereinen angeboten.

Fünfkämpferin Cicelle Leh beim Obstacle-Training und während Springreiten bei den European Games 2023 (Bild: rbb/Lynn Kraemer; Imago/Newspix | Collage: rbb)
Was es für den Modernen Fünfkampf bedeutet, vom Reiten auf Obstacle umzusatteln

Der Moderne Fünfkampf bleibt über die Sommerspiele 2024 hinaus olympisch. Und doch wird alles anders: Reiten fällt raus. Als fünfte Disziplin kommt der Hindernislauf Obstacle. Was macht das aus dem Sport? Von Lynn Kraemermehr

Zukunft gesichert

Frevert sieht das Landgestüt gut für die Zukunft aufgestellt: "Ich empfinde es nach wie vor als eine Aufgabe, die gemacht werden muss. Wir haben Schloss Sanssouci, das erhalten wird und am Ende sind wir das Sanssouci der Pferde." Das Bekenntnis des Landes Brandenburg zum Gestüt wird auch an der steigenden Summe der Zuschüsse sichtbar. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre sind diese von 2.125.800 Euro um 1,4 Millionen auf 3.525.800 Euro angestiegen, was nicht nur auf steigende (Instandhaltungs-)Kosten, sondern auch auf mehr Mittel für Investitionen zurückzuführen ist.
 
Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg sieht das Gestüt auf Anfrage von rbb|24 weiterhin als relevant an: "Die Aufgaben gemäß dem Stiftungszweck werden in hoher Qualität erfüllt." Durch die Bereitstellung der öffentlichen Mittel könnten die Aufgaben kontinuierlich erledigt und permanent in der Qualität verbessert werden.
 
 

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg/Studio Cottbus, 10.01.2024, 15:00 Uhr