Füchse-Manager Bob Hanning bei einer Pressekonferenz (Bild: picture alliance/Andreas Gora)

Interview | Bob Hanning vor Klub-WM "In unserer Situation ist der Super Globe eine willkommene Einnahmequelle"

Stand: 07.11.2023 09:54 Uhr

Die Füchse Berlin sind am Montag zur Klub-WM nach Saudi-Arabien gereist. Dort warten ein sportlicher Stresstest und Duelle mit Top-Teams wie Barcelona. Ein Gespräch mit Füchse-Manager Bob Hanning, der auf einen Geldregen hofft.

31 Grad Celsius und ein blauer Himmel mit nur wenigen Wolken – was klingt wie eine sehnsüchtige Sommerfantasie im Berliner Herbst, erwartet die Handballer der Füchse Berlin diese Woche in Saudi-Arabien. Am Montag reiste der aktuelle Tabellenführer der Handball-Bundesliga zum hochdotierten IHF Super Globe, der Klub-WM, die bis Sonntag in der am Persischen Golf gelegenen Stadt Dammam ausgetragen wird. Dort warten zunächst zwei Spiele gegen Klubs aus Argentinien und Kuweit, ehe in Halbfinale und Finale Duelle mit europäischen Top-Klubs wie Kielce und Barcelona folgen könnten.
 
rbb|24 traf Füchse-Manager Bob Hanning vor dem Abflug seines Teams zum Interview – über Vorfreude und Verletzungssorgen, potenzielle Prämien und Titelträume in Saudi-Arabien und der Bundesliga.

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rbb|24: Herr Hanning, mit welchen Gefühlen reisen die Füchse Berlin zur Klub-Weltmeisterschaft nach Saudi-Arabien?
 
Bob Hanning: In erster Linie voller Vorfreude. Wir haben den Weltpokal zweimal gewonnen, seitdem ich bei den Füchsen bin, und es ist etwas ganz Besonderes, gegen die besten Klubs der Welt zu spielen. Auf der anderen Seite bin ich ein wenig besorgt angesichts der hohen Belastung unserer Nationalspieler, die erst kürzlich von ihren Länderspielen wiedergekommen sind.
 
Sind Sie als Manager denn mit dabei in Saudi-Arabien? Schließlich sind Sie in Personalunion auch Trainer des Kooperationspartners VfL Potsdam.
 
Einer muss ja hier die Stellung halten und arbeiten – das bin ich. Mit Lasse Ludwig und Moritz Sauter sind aber zumindest zwei meiner Potsdamer Spieler in Saudi-Arabien mit im Kader. Dazu nehmen wir aus der A-Jugend noch Silas Overby mit, sodass wir mit 15 Spielern hinfliegen und die Spielanteile ein bisschen verteilen können.
 
Zunächst geht es für Sie in Saudi-Arabien am Mittwoch gegen San Fernando aus Argentinien, am Donnerstag dann gegen Al-Kuweit. Aber es kann ja nicht der Anspruch der Füchse sein, danach schon wieder nach Hause zu fliegen, oder?
 
Nein, das wäre auch ein echtes Verlustgeschäft. Früher war es beim Super Globe so, dass du eine Antrittsprämie bekommen hast. Jetzt bekommst du die nicht mehr und musst noch die Kosten decken, die du abseits von Flügen und Hotel vor Ort hast. Das Ganze macht also erst dann wirklich Spaß, wenn du unter die ersten drei kommst. Dann bekommst du als Dritter 150.000 Dollar, als Zweiter 250.000 und als Sieger 400.000. Es würde unserer Kasse also ganz guttun, wenn die Mannschaft nicht schon am Donnerstag zurückfliegt.
 
Der Kasse ja, den Körpern Ihrer Spieler vermutlich eher nicht…
 
Das stimmt. Da wäre ich ganz froh, wenn sie schon am Donnerstag fliegt, weil wir dann ein bisschen mehr Regeneration hätten. Zumal die Mannschaft voraussichtlich erst am Montagmittag landen wird und die Jungs aus Potsdam am Montagabend ein Spiel haben. Da muss ich mir was einfallen lassen.

Gruppenspiele am Mittwoch und Donnerstag, im Idealfall Halbfinale und Finale am Sonnabend und Sonntag: Das macht vier Spiele in fünf Tagen, ehe nächste Woche Dienstag im Europapokal Dynamo Bukarest wartet. Wie kann eine Mannschaft das wegstecken?
 
Die Frage ist: Will man oder will man nicht? Wir haben uns ja für die Wildcard zum Turnier selbst beworben. Alle Spieler wollen die ganz großen Spiele spielen und das Turnier ist ein Highlight in großem Scheinwerferlicht. Wir können uns jetzt nur schwer über die Belastung beschweren, die wir selbst heraufbeschworen haben – auch wenn wir natürlich nicht wussten, dass wir jetzt mit Fabian Wiede, Paul Drux, Max Darj und Victor Kireev derartig viele verletzte Spieler haben würden. Sonst hätten wir vielleicht tatsächlich nicht gespielt. Aber es macht einfach auch Spaß bei so einem Turnier gegen Mannschaften wie Kielce, Barcelona oder Magdeburg um einen Titel zu spielen.
 
Lassen Sie uns noch einmal auf die Prämien zurückkommen, die beim Super Globe winken. Wie wichtig wären die für die Füchse?
 
Gerade in unserer jetzigen Situation ist das eine willkommene Einnahmequelle. Es ist ja kein Geheimnis, dass unser Hauptsponsor und auch zwei, drei weitere Partner uns verlassen haben. Das Finanzielle ist eine Baustelle, auf der ich von Montagmorgen bis Sonntagabend hart arbeite und versuche, dafür zu sorgen, dass wir den finanziellen Rahmen haben, um oben mitzuspielen. Wir sind ein komplett gesunder Verein und haben ein hohes Eigenkapital in der GmbH, aber gerade mit den explodierenden Kosten ist es nicht einfach.
 
Welche Kosten sind es genau, die besonders schwer ins Gewicht fallen?
 
Wenn du beim Catering für jedes Essen fünf Euro mehr bezahlst, skaliert sich das erst auf einen Abend und dann auf 20 Heimspiele pro Saison. Die Energiekosten steigen, wir investieren viel in unsere Jugend und haben unsere medizinische Abteilung noch weiter ausgebaut und professionalisiert. Es kostet auch Geld, Topspieler wie Mathias, Dejan und Mijajlo (Mathias Gidsel, Dejan Milosavljev, Mijajlo Marsenic, Anm. d. Red.) in der Blütezeit ihrer Karriere zu halten. Da würde mich ein kleiner Geldsegen on top durch den Super Globe oder auch eine Champions-League-Teilnahme etwas entspannen.

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Lassen Sie uns noch einmal zu den sportlichen Fakten zurückkommen. Erster Fakt: Die Bundesliga bezeichnet sich selbst als "Stärkste Liga der Welt". Zweiter Fakt: Die Füchse führen diese Liga aktuell als Tabellenführer an. Welches Ziel ergibt sich hieraus für die kommenden Tage in Saudi-Arabien?
 
Das klingt ja überragend, können wir diese Liste nicht noch ein bisschen weiterführen? Vielleicht mit dem stärksten Nachwuchs der Welt? Aber mal im Ernst: Wenn du ohne Nationalspieler und Säulen wie Fabi, Paul und Max Darj gegen absolute Top-Teams spielst, wird die Herausforderung natürlich noch größer. Deswegen macht es keinen Sinn, mit großen Erwartungen oder Forderungen nach Saudi-Arabien zu fliegen.
 
Apropos Erwartungen: Als vor der Saison über die Favoriten in der Bundesliga gesprochen wurde, habe ich den Namen Füchse Berlin nicht gehört. Wieso sind Sie aktuell so erfolgreich?
 
Es ist ja glücklicherweise nicht entscheidend, was man hört, sondern wie man spielt. Wir haben sehr vieles aus der alten Saison mitgenommen und analysiert. Wir haben unsere Ideen klar skizziert und vor allem besprochen, was wir noch besser machen können. Über die aktuelle Situation sind wir alle sehr glücklich und wollen dafür sorgen, dass sie mehr als nur eine Momentaufnahme wird.
 
Kann man denn jetzt, nach dem elften Spieltag schon in Richtung Mai bzw. Juni gucken und Hoffnung haben?
 
Ich würde gerne erstmal in Richtung November und Dezember gucken. Wir spielen in der Liga als Nächstes in Kiel und müssen in Lemgo und Wetzlar gewinnen, wenn wir den Anspruch haben, ganz oben mitzuspielen. Du musst dann aber auch deine Heimspiele gegen Göppingen, Leipzig und Hamburg gewinnen. Das ist durchaus machbar und bietet Raum für Fantasien. Aber wir haben bislang sehr gut daran getan, uns nur auf das zu fokussieren, was als Nächstes ansteht. Dann werden wir zum Jahreswechsel einen Strich ziehen und gucken: Gibt es tatsächlich die Möglichkeit in die Champions League zu kommen oder sogar den Titel zu gewinnen?
 
Und vorher wartet ja ohnehin erstmal die Klub-WM. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hanning.
 
Das Interview führte Jens-Christian Gußmann.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.11.2023