Joel Aminu von Rasta Vechta schneidet nach dem Aufstieg in die Basketball-Bundesliga das Netz des Korbes ab

Rückkehr in die BBL Rasta Vechta: Das spannendste Basketball-Projekt Deutschlands

Stand: 28.09.2023 18:57 Uhr

Aufsteiger Rasta Vechta hat zum vierten Mal in der Vereinshistorie den Aufstieg in die Basketball-Bundesliga geschafft. Der Club aus dem 35.000 Einwohner zählenden Städtchen hat im Vergleich zu den anderen BBL-Clubs weniger Geld, dafür aber ein nachhaltiges und sehr erfolgreiches Nachwuchskonzept.

Von Hanno Bode

Jack Kayil hatte die Qual der Wahl. Nachdem der Spielmacher mit Alba Berlin die Meisterschaft in der Nachwuchs Basketball Bundesliga (NBBL) gewonnen und anschließend zum "Rookie of the Year" gewählt wurde, flatterten dem 17-Jährigen diverse Angebote ins Haus. Andere Clubs buhlten um die Dienste eines der größten deutschen Talente - und natürlich wollte auch Alba den 1,90 Meter großen Point Guard gerne halten. Und was machte der Junioren-Nationalspieler? Er entschied sich doch sehr überraschend für einen Wechsel zum "geilsten Club der Welt", wie sich Rasta selbstbewusst bezeichnet.

Auch die zweite Mannschaft stieg auf

Nicht der schnöde Mammon, sondern die Aussicht auf die bestmögliche persönliche Weiterentwicklung war dabei ausschlaggebend für Kyil, seine Zelte im beschaulichen Zentrum des Städtedreiecks Bremen, Oldenburg und Osnabrück aufzuschlagen. Denn bei Rasta soll der Teenager nicht nur im NBBL-Team zum Einsatz kommen, sondern auch für die zweite Mannschaft auf Korbjagd gehen, die sensationell den Aufstieg in die Zweite Bundesliga, die ProA, schaffte.

Auch zum erweiterten Kader der BBL-Equipe zählt Kyil bereits. Dass der Weg dorthin in Vechta kurz ist, zeigte sich zuletzt beim Pflichtspiel-Auftakt der Niedersachsen im BBL-Pokal gegen die Rostock Seawolves (84:76). Dort feierte Eigengewächs Johann Grünloh, der im Jahr 2022 als Vorgänger von Kyil "Rookie of the Year" in der NBBL geworden war, sein Debüt für die Rasta-Profis.

Vechtas Farmteam steigt sensationell auf

Grünloh steht stellvertretend für die Philiosophie des Clubs, konsequent auf die Nachwuchsarbeit zu setzen. "Wir sehen die Entwicklung von guten, jungen Spielern als unsere Aufgabe, auch innerhalb der BBL. Wir werden nie in der Lage sein, namhafte Spieler von anderen Teams zu verpflichten. Da stoßen wir finanziell an Grenzen. Aber das ist auch nicht unser Ziel. Es ist immer unser Ziel, einen großen Anteil des Budgets in Jugendarbeit zu stecken", erklärte Clubchef Stefan Niemeyer dem Nachrichtensender "n-tv".

Der 63-Jährige ist bereits seit 1991 Vorsitzender des Vereins, Alleingesellschafter der ausgegliederten Profiabteilung sowie mit seinem Unternehmen Sponsor des Bundesligisten. Die vergangene Saison sei die erfolgreichste in der Clubhistorie gewesen, sagte "Mr. Vechta" stolz. Insbesondere der Durchmarsch der zweiten Mannschaft von der Regionalliga in die ProA sei "schon ungewöhnlich". Zumal dieser gar nicht geplant war, wie Sportdirektor Gerrit Kersten-Thiele im Interview mit dem NDR verriet: "Wir hatten nicht über den Aufstieg gesprochen, wir wollten eigentlich nur den Klassenerhalt schaffen."

Doch die blutjunge Mannschaft setzte unterstützt von einigen gestandenen Akteuren und in der Saison-Schlussphase getragen von den Fans zum Höhenflug an. 1.500 Anhänger feierten mit dem Team den Aufstieg, der Rasta nun neue Perspektiven eröffnet.

Rasta erntet Früchte jahrelanger Jugendarbeit

"Es gibt uns jetzt Möglichkeiten, dass sich Leute mit dem Standort Vechta befassen, die vorher vielleicht nicht darüber nachgedacht hätten, hierher zu kommen. Das macht schon eine Menge in Deutschland, aber auch über die Grenzen hinaus aus", sagte Sportdirektor Kersten-Thiele. Verpflichtungen wie die des Berliner Ausnahmetalents Kayil wären wohl nicht möglich gewesen, hätte Vechta nicht mit dem Pfund einer weiteren hochklassigen Mannschaft neben dem BBL-Team wuchern können. "Da ergeben sich super Optionen und Möglichkeiten für Talente, die sie woanders nicht haben", frohlockte Vereinsboss Niemeyer.

Der Erfolg der beiden Männer-Teams ist laut dem 63-Jährigen das Resultat geduldiger und akribischer Nachwuchsförderung: "Wir haben von Anfang an, seit über zehn Jahren, unser Augenmerk auf die Jugendarbeit gelegt. Wir ernten jetzt die Früchte, die anfallen."

Profimannschaft gelingt BBL-Rückkehr

Flaggschiff des Vereins bleibt aber natürlich die erste Mannschaft, die nach zwei Jahren die Rückkehr in die BBL schaffte. Und das nach einer sehr komplizierten ersten ProA-Saison, in der die Niedersachsen auf einem enttäuschenden zwölften Rang landeten. Mit der Verpflichtung von Kersten-Thiele im Februar 2022 wurden dann die Weichen für eine erfolgreichere Zukunft gestellt. Der frühere Regionalliga-Basketballer traf kluge Personalentscheidungen. Die beste war fraglos, Coach Ty Harrelson vor rund einem Jahr vom Viertligisten TV 1862 Langen zu holen. Der US-Amerikaner führte die Mannschaft gleich in seiner Premieren-Spielzeit zu Meisterschaft und Aufstieg.

Dass die Bäume beim BBL-Halbfinalisten von 2019 und früheren Champions-League-Teilnehmer nicht in die Himmel wachsen, ist dem 42-Jährigen trotz des souverän errungenen Titels jedoch klar. "Unsere Hoffnung ist, dass wir die Liga halten können", erklärte der Coach dem NDR.

Rasta hat das Zeug zum Überraschungsteam

Die Vorzeichen dafür scheinen gut. In Spencer Reaves (Baskets Bamberg), Luc van Slooten (Löwen Braunschweig) und Nat Diallo (Bayreuth) wurden erfahrene BBL-Spieler geholt, zudem kann Harrelson aus einem großen Portfolio von Nachwuchsspielern schöpfen, die dank des ProA-Aufstiegs der zweiten Mannschaft nun Spielpraxis auf hohem Niveau sammeln werden.

Nicht auszuschließen, dass Vechta sogar zum Überraschungs-Team in der neuen Saison avanciert. In der Vorbereitung bezwang Rasta in den Hamburg Towers sowie den Baskets Oldenburg zwei künftige Ligakonkurrenten, im BBL-Pokal warf der Zweitliga-Champion die Rostock Seawolves aus dem Rennen.

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"Teamspirit auf einem hohen Level"

"Es gefällt mir wirklich gut, wie wir als Mannschaft zusammengespielt haben. Und der Teamspirit ist auf einem hohen Level", lobte Harrelson seine Schützlinge, zu denen in Wes Iwundu auch ein Akteur zählt, der bereits 236 Partien in der nordamerikanischen Profiliga NBA absolviert hat.

Also in der Liga, von der Youngster Jack Kayil träumt. "Ich muss noch viel dafür machen. Aber ja, grundsätzlich würde ein Traum in Erfüllung gehen, wenn ich es dorthin schaffen", sagte der 17-Jährige. Beste Voraussetzungen, den nächsten kleinen Schritt in Richtung NBA zu machen, findet der Point Guard nun in Vechta fraglos vor.

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Sport aktuell | 28.09.2023 | 13:17 Uhr