Verteidiger Guilherme Ramos vom Hamburger SV

NDR-Sport Rätsel Ramos: HSV-Verteidiger zwischen Genie und Wahnsinn

Stand: 02.10.2023 12:57 Uhr

Fußball-Zweitligist HSV hat sich durch den 1:0-Erfolg gegen Fortuna Düsseldorf aus der Mini-Krise gekämpft. Zu den besten Hamburger Spielern gehörte dabei ein Mann, der in den vorigen Partien noch nicht wirklich überzeugen konnte: Guilherme Ramos.

Von Hanno Bode

Guilherme Magro Pires Ramos - so sein vollständiger Name - ist stets einer der letzten HSV-Profis in der Kabine - zumindest nach dem Training. Denn der Portugiese ist ein außerordentlich freundlicher Zeitgenosse. Nach den Übungseinheiten nimmt sich der 26-Jährige immer besonders viel Zeit, um die Autogrammwünsche der Anhänger zu erfüllen. "Gui", wie der Abwehrmann gerufen wird, erfreut sich deshalb insbesondere bei den kleinen Fans des Clubs sehr großer Beliebtheit. Viele große HSV-Fans, die vom Lockenkopf mehr als eine Signatur sehen möchten, dürften den Mann aus Lissabon bis zum Düsseldorf-Duell am vergangenen Freitag mit kritischeren Augen gesehen haben.

Denn in den ersten Saisonspielen hatte der ablösefreie Sommerzugang von Arminia Bielefeld ein paar Rätsel aufgegeben. Zuweilen ging er völlig übermotiviert in völlig bedeutungslosen Teilen des Fußballplatzes in völlig bedeutungslose Zweikämpfe. Ein anderes Mal spielte der Innenverteidiger völlig unbedrängt messerscharfe Pässe in die Füße der gegnerischen Spieler. Ramos wirkte ebenso aufgedreht wie übermotivert, war insbesondere in den Partien beim Karslruher SC (2:2) und VfL Osnabrück (1:2) ein Sicherheitsrisiko.

Am vierten Spieltag im Auswärts-Nordduell mit Hannover 96 (1:0) flog er zudem wegen einer Notbremse vom Platz. Allerdings - das muss zu seiner Ehrenrettung unbedingt gesagt werden - war der 26-Jährige vor seinem Platzverweis richtig gut. Er versteht sein Handwerk also. Das war danach klar. Aber es blieb bis zum Düsseldorf-Spiel eben auch diese eine Frage: Passt "Risiko-Ramos" zum riskanten Spielstil seines Trainers Tim Walter?

Beste Saisonleistung gegen Düsseldorf

Es war schon durchaus überraschend, dass der Portugiese nach seiner schlechten Leistung in der Vorwoche gegen den VfL Osnabrück überhaupt in der Startelf stand. Vieles hatte dafür gesprochen, dass stattdessen Stephan Ambrosius, der nach seinen Einwechslungen immer überzeugte, den verletzten Kapitän Sebastian Schonlau vertreten würde. Doch Walter sieht beim Eigengewächs offenbar nicht genug Kreativpotenzial für seinen "Walter-Ball". Also durfte Ramos erneut an der Seite von Dennis Hadzikadunic im Zentrum verteidigen. Und der 26-Jährige rechtfertigte das Vertrauen seines Coaches diesmal mit einer fehlerfreien und in allen Belangen ausgezeichneten Leistung.

Keine Sperenzchen hinten, kein (fauler) Zauber mit dem Ball am Fuß und keine Grätschen, wo er nicht grätschen musste: Ramos erledigte überaus seriös seinen Job. Es kam ihm dabei wohl auch zugute, dass die Hamburger nach den beiden Pleiten bei den Aufsteigern SV Elversberg und Osnabrück (jeweils 1:2) von ihrem eigentlich immer offensiv denkenden Coach in ein taktisch defensiveres Korsett gezwängt worden waren. So musste der Innenverteidiger Ramos nicht den Spielmacher Ramos geben.

Ramos mehr als nur ein Schonlau-Vertreter?

"Arbeite weiter hart, um mehr und besser zu machen", hatte der 26-Jährige nach seiner ziemlich chaotischen Vorstellung am zweiten Spieltag in Karlsruhe auf Instagram geschrieben. Es scheint so, als habe der frühere portugiesische Junioren-Nationalspieler Wort gehalten und im Training an seinen Defiziten gearbeitet. In der gegen Düsseldorf gezeigten Verfassung ist Ramos vielleicht sogar mehr als ein Schonlau-Vertreter. Etwas flinker auf den Beinen als der verletzte Kapitän ist er jedenfalls. Nun heißt es für den Abwehrmann, Konstanz in seine Leistungen zu bringen und die kritischen Stimmen verstummen zu lassen, die sich über seine Verpflichtung wunderten oder noch heute wundern.

Denn eine Erfolgsgeschichte ist der Deutschland-Aufenthalt des Iberers bis dato nicht. Mit Bielefeld stieg der Lockenkopf zweimal in Folge ab. Nun soll es für ihn fernab der "Alm" endlich einmal in die andere Richtung gehen - nach oben. Die Chancen des HSV stehen dafür gar nicht so schlecht, auch wenn die Hanseaten zwischendurch schon wieder dieselben Symptome wie bei den vorausgegangenen fünf gescheiterten Aufstiegsversuchen zeigten. Bleiben sie fokussiert und arbeiten ihre Aufgaben so seriös wie gegen Düsseldorf ab, sollte es klappen. Und bleibt Guilherme Magro Pires Ramos fokussiert, kann er zu einem Hamburger Helden werden.

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 01.10.2023 | 22:50 Uhr