Etienne Amenyido (FC St. Pauli 14). und Carlo Boukhalfa (FC St. Pauli 16) GER, FC St. Pauli

Verschiedenene Gefühlswelten HSV hadert im Aufstiegsrennen, St. Pauli "wie im Rausch"

Stand: 08.10.2023 12:38 Uhr

Der FC St. Pauli und der Hamburger SV sind in der Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga oben zu finden. Doch während die Braun-Weißen ihre Spitzenposition genießen, ist beim großen Nachbarn die Stimmung gedämpft.

Von Christian Görtzen

Räumlich sind es nur gut sechs Kilometer zwischen dem Millerntorstadion und dem Volksparkstadion. Und auch in der Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga sind sich die Hamburger Stadtrivalen FC St. Pauli und der HSV nach neun Spieltagen sehr nahe - am Samstagabend sogar dicht an dicht. Die Braun-Weißen mit 19 Punkten ganz oben, die "Rothosen" mit 17 Zählern direkt dahinter. Beide auf direkten Aufstiegsrängen. Die Gefühlswelt ist dagegen bei den Clubs und ihren Fans eine ganz unterschiedliche.

Während St. Pauli nach dem furiosen 5:1 gegen den 1. FC Nürnberg mit bester Laune in die länderspielbedingte Pause geht, das Momentum auf seiner Seite hat und alles wunderbar leicht vom Fuß geht, hadern sie beim Nachbarn mit den höheren Fußballmächten. Vor allem ein Satz dürfte nach dem 1:1 beim SV Wehen Wiesbaden im Verein und in der Anhängerschaft am Sonnabendnachmittag sehr häufig gefallen sein: "Das kann doch nicht wahr sein!"

Erneut war das Drama Programm beim einstigen Bundesliga-Dino, der nun schon in der sechsten Zweitliga-Saison in Folge die Rückkehr in die Eliteliga anstrebt. Der HSV war deutlich überlegen, kassierte zwar in der 81. Minute den Rückstand, glich in der 89. Minute aber durch Miro Muheim aus und hatte dann tatsächlich in der achten Minute der Nachspielzeit durch einen Foulelfmeter die Top-Chance auf den späten Siegtreffer und damit viel Rückenwind für die Pause und vor allem die Fortsetzung der Saison Mitte Oktober.

Und dann hämmerte Laszlo Benes den Ball so derart kräftig an die Latte, dass dieser erst weit hinter dem Wiesbadener Strafraum erstmals wieder aufsprang. Letztlich brachten 23:6 Torschüsse nur einen Punkt ein.

"Leider haben wir uns nicht belohnt."
— HSV-Trainer Tim Walter

"Für mich hätte es heute nur einen Sieger geben dürfen. Ich fand unseren Auftritt eigentlich ziemlich gut", sagte Sportvorstand Jonas Boldt. Verglichen mit den Auftritten zuvor bei den Aufsteigern, in Elversberg und beim VfL Osnabrück, war es zweifellos ebendiese "Steigerung", die HSV-Profi Jonas Meffert gesehen hatte. Doch unterm Strich ist die Ausbeute aus Duellen mit Neulingen viel zu gering. Von möglichen neun Punkten ist es nur einer geworden. Angesichts der Ansprüche lässt sich sicherlich sagen, dass es aus diesen drei Partien sechs Zähler zu wenig sind.

Trainer Tim Walter meinte dagegen lapidar: "Wir sind genauso aufgetreten, wie wir uns das vorgenommen haben. Leider haben wir uns nicht belohnt."

St. Pauli im Stile eines zukünftigen Aufsteigers

Wie das geht, zeigte am Samstagabend - mal wieder - der FC St. Pauli. Der Auftritt gegen Nürnberg unterstrich, dass das Team von Trainer Fabian Hürzeler im noch jungen Aufstiegsrennen aktuell das Maß der Dinge ist. Der Mannschaft von Trainer Fabian Hürzeler gelang der vierte Sieg in Serie und die Rückkehr an die Tabellenspitze.

"Es heute richtig viel Spaß gemacht - besonders in der zweiten Hälfte. Ich denke, dass es auch Spaß gemacht hat zuzuschauen, wie wir gespielt haben", sagte der defensive Mittelfeldspieler Eric Smith. "Wir wollten dieses Spiel unbedingt gewinnen, um mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause zu gehen. Das haben wir richtig gut hinbekommen, entsprechend zufrieden können wir sein. Wenn wir so spielen, dann sind wir nur schwer zu besiegen", fügte der Schwede hinzu.

"Es passt aktuell viel zusammen."
— St. Paulis Kapitän Jackson Irvine

Kapitän Jackson Irvine stimmte zu: "Ich bin unfassbar stolz auf diese Mannschaft, auf jeden Einzelnen. Wir glauben an unseren Weg und wissen, dass wir die Qualität haben, so zu spielen, und vertrauen uns gegenseitig."

Abwehrspieler Hauke Wahl hob besonders die Nachspielzeit heraus, in der noch zwei Tore gelangen. "Die letzten fünf Minuten haben sich dann ein wenig wie ein Rausch angefühlt", sagte der gebürtige Hamburger. "Genauso gut hat sich angefühlt, dass wir auf fast alles, was der Gegner gemacht hat, eine Antwort parat hatten. Das erarbeiten wir uns hart unter der Woche."

St. Pauli wird als der Gejagte aus der Pause zurückkehren, einer der ersten Jäger ist der HSV. Dessen Cheftrainer Walter hatte noch vor dem Spieltag in der Pressekonferenz sehr selbstbewusst auf eine Frage zu St. Pauli geantwortet. "Wir sind der HSV, und wir sind schon ein bisschen größer und haben mehr Tradition", hatte der 47-Jährige gesagt. Aktuell aber hat der kleine Nachbar vom Millerntor die Nase vorn.

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 08.10.2023 | 22:50 Uhr