Der Braunschweiger Ivanov, Osnabrücks Grill und HSV-Spieler Ramos

NDR-Sport Datenanalyse: Das sind die Top-Neuzugänge vom HSV, FC St. Pauli, Hansa und Co.

Stand: 22.11.2023 13:12 Uhr

Ein Drittel der Saison in der 2. Fußball-Bundesliga ist gespielt. Die Daten zeigen, ob die Neuzugänge beim HSV, bei St. Pauli, Hansa Rostock, Hannover 96, Eintracht Braunschweig und Co. ihre Vereine verstärken. Bemerkenswert: Vor allem in der Defensive haben die Clubs gut eingekauft.

Von Tobias Knaack

Was haben Braunschweigs Abwehrspieler Robert Ivanov, Osnabrücks Torhüter Lennart Grill und HSV-Innenverteidiger Guilherme Ramos gemein? Sie alle sind vor der Saison zu ihren Clubs gewechselt, zählen zum Stamm-Personal ihrer Vereine - und sie alle gehören, etwas überraschend, ligaweit zu den Top-Spielern auf ihren jeweiligen Positionen, wie die GSN-Daten zeigen.

Osnabrücks Grill und Braunschweigs Ivanov gehören zu den Besten

13 Partien sind in der 2. Liga absolviert, ein gutes Drittel der Saison 2023/2024. Zeit, abseits der Tabelle darauf zu schauen, wie gut die Neuzugänge der Nordclubs bei ihren Vereinen angekommen sind.

Ivanov, Grill und Ramos gehören zu den Transfers, mit denen man nicht unbedingt oben in diesem Ranking gerechnet hätte. Anhand des Performance-Scores ist VfL-Keeper Grill - Leihspieler von Bundesligist Union Berlin - der zweitbeste Torwart der Liga und steht auch positionsunabhängig nur knapp außerhalb der Top Ten auf Rang 15. Sein Performance-Score liegt aktuell bei 61,06.

Was ist der "Performance-Score"?

  • Tore, Pässe, Fouls, Schüsse oder auch Abseitspositionen: die Spiel-Basisdaten und weiterführende Analysen wie "Expected goals" oder "Action scores" werden beim "Performance-Score" durch einen Algorithmus in einen übergeordneten Kontext gesetzt - zum Beispiel positionsbezogen.
  • Beim "Performance-Score" sind alle Spieler zunächst einmal auf 0 gesetzt und werden anhand der reinen Leistungsdaten, kombiniert mit Datenmodellen, bewertet.
  • Damit liefert dieser Wert eine Einschätzung, wie gut oder schlecht ein Spieler aktuell spielt.
  • Der "Performance-Score" ist ein Baustein des GSN-Index, der wiederum eine generelle, langfristige Bewertung aller Fähigkeiten, Potenziale und Qualitäten eines Spielers ist.

Ausgestochen wird er in dieser Hinsicht unter anderem von Braunschweigs finnischem Neuzugang Ivanov. Der Abwehrspieler belegt mit einem Wert von 61,26 unter allen Innenverteidigern der Liga Rang drei und positionsunabhängig ligaweit Rang elf. Für beide starke Werte - insbesondere vor dem Hintergrund der schwachen Saisonstarts der Eintracht mit zwei Erfolgen und des VfL mit nur einem Sieg.

Die zehn besten Neuzugänge der Nordclubs
Name Verein Position Performance-Score Ranking Position Ranking Liga
Robert Ivanov Eintracht Braunschweig Innenverteidiger 61,26 3 11
Lennart Grill VfL Osnabrück Torhüter 61,06 2 15
Carl Johansson Holstein Kiel Innenverteidiger 60,53 5 24
Guilherme Ramos Hamburger SV Innenverteidiger 60,44 6 28
Ermin Bičakčić Eintracht Braunschweig Innenverteidiger 59,66 14 47
Marcel Halstenberg Hannover 96 Innenverteidiger 59,51 21 52
Jasper van der Werff Hansa Rostock Innenverteidiger 59,25 26 58
Immanuel Pherai Hamburger SV Offensives Mittelfeld 59,1 21 60
Christian Conteh VfL Osnabrück Linksaußen 58,3 15 85
Ignace Van der Brempt Hamburger SV Rechtsverteidiger 57,8 3 102

Ramos sticht Hadzikadunic in der HSV-Verteidigung aus

Trotz der eklatanten Auswärtsmisere steht der HSV aktuell auf Rang zwei. Und einer der Besten in der Mannschaft von Trainer Tim Walter ist der portugiesische Innenverteidiger Ramos - überraschend, wenn man die teilweise hibbeligen und übermotiviert wirkenden Auftritte anschaut.

Er belegt allerdings mit einem Performance-Score von 60,44 Platz sechs aller Innenverteidiger und positionsunabhängig Rang 28 in der Liga und sticht damit den vordergründig souveräner wirkenden Dennis Hadzikadunic klar aus (57,6).

Verheißungsvoller Bicakcic-Start in Braunschweig

Ivanov und Ramos, aber auch die ebenfalls sehr hoch platzierten Carl Johannsson von Holstein Kiel (60,53) und Jasper van der Werff von Hansa Rostock (59,25) - die ebenfalls Top-Werte bei den Innenverteidigern, aber auch im Gesamtranking erzielen - zeichnen vor allem ihre Zweikampfstärke und ihre Fähigkeiten in der Balleroberung aus.

Das gilt auch für Ermin Bicakcic, der erst kürzlich nach Braunschweig zurückgekehrt ist. Zwar sind die Werte nach drei Partien zurück im blau-gelben Dress noch nicht so aussagekräftig, der zuvor vereinslose "Eisen-Ermin" hat aber bereits angedeutet, dass er der Eintracht in der Abwehr direkt helfen kann und belegt mit einem Performance-Score von 59,66 aus dem Stand eine der oberen Positionen.

Neue Eintracht- und Hansa-Stürmer noch nicht angekommen

Bedenklich aus Sicht der "Löwen" hingegen: Die Stürmer Florian Krüger, Kaan Caliskaner und Rayan Philippe haben noch nicht wirklich Fuß gefasst. Nach dem Ausfall von Anthony Ujah ein umso größeres Problem, das seinen Ausdruck im mit zehn Toren schlechtesten Angriff der Liga findet.

Vorletzter in dieser Hinsicht ist Hansa Rostock. Und auch bei den Mecklenburgern schlagen die neu hinzugekommenen Stürmer Juan José Perea und Junior Brumado noch nicht wirklich ein.

Viele Verteidiger bisher mit starken Leistungen

Einer, den man durchaus höher in der Liste hätte erwarten können, ist Hannovers Top-Transfer Marcel Halstenberg (59,51). Der 32-Jährige interpretiert die Rolle im Abwehrzentrum allerdings gänzlich anders als Ivanov, Bicakcic oder Ramos. Halstenberg zeichnet sich weniger durch Zweikampfstärke, sondern viel mehr durch seine Spielmacherqualitäten aus der Innenverteidigung heraus aus.

Er ist einer der besten Akteure ligaweit, wenn es um lange Bälle und das Überspielen von gegnerischen Reihen geht. Er gibt den Niedersachsen damit neben der Kernaufgabe des Verteidigens eine weitere Dimension im Spielaufbau.

Generell auffällig: Es sind vor allem die Defensivspieler unter den Neuzugängen, die im bisherigen Saisonverlauf mit starken Leistungen überzeugen. Das gilt auch für die Rechtsverteidiger Ignace van der Brempt vom HSV oder Philipp Treu von Spitzenreiter FC St. Pauli.

St. Pauli setzt vor allem auf seine "alte" Achse

Dass vom Ligaprimus so wenig Neuzugänge vorne in diesem Ranking auftauchen, liegt vor allem an der Eingespieltheit der Mannschaft von Coach Fabian Hürzeler, die bereits in die erste Jahreshälfte zurückreicht.

Mit Eric Smith, Marcel Hartel, Jackson Irvine bis hin zu Johannes Eggestein sind viele der Top-Performer der Hamburger bereits länger im Club. Dass Neuzugänge wie Simon Zoller oder Daniel Sinani (noch) keine Spitzenwerte erzielen, liegt auch an ihren geringen Einsatzzeiten.

Deutlich mehr Minuten auf dem Feld haben beispielsweise die Mittelfeldspieler Michael Cuisance von Schlusslicht Osnabrück und Sebastian Vasiliadis von Hansa Rostock sowie Stürmer Andreas Voglsammer von Hannover 96. Alle drei eint, dass ihre bisherigen Leistungen - betrachtet man den Performance-Score - eher enttäuschen.

Auf ihren jeweiligen Positionen erreichen sie im Ligavergleich jeweils nur einen Rang rund um Position 40 - eigentlich zu wenig für Spieler, die mit ordentlich Bundesliga-Erfahrung im Gepäck in die 2. Liga kamen.

Kleine-Bekel und Amyn mit großem Potenzial

Dabei ist Cuisance einer der Spieler in der Liga, die laut GSN-Index noch deutliches Entwicklungspotenzial haben. Sein aktueller Wert liegt bei knapp 69 - eine Einstufung als "Durchschnittlicher Bundesligaspieler". Cuisance könnte aber bei optimaler Entwicklung bis auf über 75 hochgehen, was ihn zu einem Spieler der "Internationalen Klasse" machen würde.

Was ist der GSN-Index?

Vier-Säulen-Prinzip:

  • 1. "fußballerische Eigenschaften": Technik, Spielübersicht oder der erste Kontakt: Einschätzungen über 130 fußballspezifische Eigenschaften von mehr als 300 Scouts weltweit. 2. "fußballerisches Potenzial": Wo werden Spieler besser, wo stagnieren sie oder entwickeln sich zurück? Ein Algorithmus analysiert Daten aus der ersten Säule und vergleicht Spielertypen.
  • 3. "Performance auf dem Spielfeld": Tore, Pässe, Fouls, Schüsse oder auch Abseitspositionen: die Spiel-Basisdaten und weiterführende Analysen wie "Expected goals" oder "Action scores" werden durch einen Algorithmus in einen übergeordneten Kontext gesetzt - zum Beispiel positionsbezogen.
  • 4. "Spielniveau": Jede Mannschaft oder Liga hat einen Zahlenwert, der ihre Stärke bemisst. Oberliga oder Champions League: Umso höher das Spielniveau des Gegners, desto positiver wirkt es sich auf den GSN-Index aus.

Bewertungs-Skala:

  • 85 - 100: Weltklasse
  • 70 - 85: internationale Klasse
  • 60 - 70: Durchschnitt Bundesliga bzw. der Top 5 Ligen
  • 50 - 60: Durchschnitt 2. Bundesliga
  • 40 - 50: Durchschnitt 3. Liga
  • 30 - 40: Durchschnitt Regionalliga

Zwei GSN-Index-Werte:

  • aktueller GSN-Index: zeigt die aktuelle, allumfassende Qualität eines Spielers basierend auf den Daten der vier Säulen und Algorithmus-Berechnungen.
  • möglicher GSN-Index: Künstliche Intelligenz ermittelt anhand der Daten das bestmögliche, zukünftige Leistungsniveau eines Spielers.

Die größten Entwicklungsschritte in diesem Ranking könnten Kiels Innenverteidiger Colin Kleine-Bekel sowie Braunschweigs Linksaußen Youssef Amyn gehen. Kleine-Bekel wird ein Sprung von aktuell rund 58 (Einstufung als "durchschnittlicher Zweitligaspieler") um 15 Punkte auf 73 zugetraut, Amyn von derzeit 62 ebenfalls auf über 73.

Van der Brempt bereits "Internationale Klasse"

Den höchsten totalen Wert unter allen Neuzugängen der Nordclubs könnte dem möglichen GSN-Wert zufolge HSV-Rechtsverteidiger van der Brempt mit 78 erreichen. Er steht allerdings aufgrund der bisherigen Leistungen trotz seiner noch jungen 21 Jahre bereits bei einem Wert von 71 - und damit schon knapp innerhalb der "Internationalen Klasse".

Auch seine Teamkollegen Immanuel Pherai und Lukasz Poreba sowie Rostocks Innenverteidiger van der Werff und Jonas David könnten sich - bei idealer Entwicklung - in diese Sphären hineinbewegen. Ein Indiz dafür, dass die zweitstärkste Fußball-Liga des Landes durchaus attraktiv für junge, entwicklungsfähige Spieler ist.

Fünf Neuzugänge mit großem Entwicklungspotenzial
Name Verein Position Aktueller GSN-Index Möglicher GSN-Index
Ignace van der Brempt Hamburger SV Rechtsverteidiger 71,04 78,34
Immanuel Pherai Hamburger SV Offensives Mittelfeld 68,44 74,68
Youssef Amyn Eintracht Braunschweig Linksaußen 62,01 73,46
Colin Kleine-Bekel Holstein Kiel Innenverteidiger 58,45 73,29
Jonas David Hansa Rostock Innenverteidiger 65,58 72,5