Robert Farken (SC DHfK Leipzig)

Leichtathletik | Leipzig Rehlingen soll nur der Anfang gewesen sein – Robert Farken auf dem Weg nach oben

Stand: 15.07.2023 14:15 Uhr

Robert Farken peilt bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften im August in Budapest das Finale über die 1.500 Meter an. Auf längere Sicht ist das dem 25-Jährigen aber zu wenig. Der Leipziger will nach ganz oben. Deshalb geht er neue Wege – als Profisportler.

Von Steffen Reichert

Ende Mai brachte Robert Farken die Leichtathletikwelt ins Staunen und Schwärmen. Bei einem Sportfest in Rehlingen schaffte der 25-jährige Blondschopf die 1.500 Meter in 3:32,10 min. Das ist nur eine halbe Sekunde langsamer als der Westfale Thomas Wessinghage, der vor 43 Jahren den ältesten noch gültigen deutschen Rekord in den olympischen Laufdisziplinen aufstellte.

Fabelzeit nach 14 Monaten ohne Wettkampf

Es war auch deshalb eine Sensationszeit, weil Farken zuvor 14 Monate lang keinen einzigen Wettkampf bestreiten konnte. Eine langwierige Hüftverletzung am Oberschenkelhals hatte das Laufen unmöglich gemacht. Lange rätselten die Ärzte, bis die Ursache gefunden wurde: Genetisch bedingter Vitamin-D-Mangel. Als der Leipziger das Vitamin nun in deutlich höherer Menge als andere Sportler zu sich nahm, konnte er endlich wieder loslaufen.

Robert Farken will aber nicht nur Mitläufer sein, er will ganz vorn um internationale Titel und Platzierungen kämpfen. Dafür geht er zusammen mit seinem langjährigen Trainer Thomas Dreißigacker neue Wege. Der Schweizer Sportartikelhersteller ON hat vor einem Jahr Europas erste Elite-Läufer-Trainingsgruppe gebildet. Im "ON Athletics Club Europe" (OAC) pushen sich unter Dreißigacker hochtalentierte 1.500-Meter-Läufer aus fünf Ländern in neue Dimensionen – so der Plan. Mittendrin beim OAC: Robert Farken. "Es ist einfach ein superprofessionelles Konzept, wo es jetzt auch keine Ausreden mehr gibt. Das ist jetzt ein richtiger Profisport und jetzt gilt es abzuliefern", sagt Farken im Interview mit Sport im Osten.

Schweizer Sportartikelfirma ermöglicht Profi-Bedingungen

Solche Elite-Teams gab es bislang nur in den USA. Das bekannteste war das sogenannte "Nike Oregon Project", dem sich kurzzeitig auch 5.000-Meter Europameisterin Constanze Klosterhalften angeschlossen hatte. Nach schwerwiegenden Dopingverstößen des daraufhin gesperrten Cheftrainers Alberto Salazar beendete der Sportartikelriese Nike Ende 2019 das Projekt.

Die ON AG, ein 2010 gegründeter Sportartikelhersteller und Laufschuhspezialist aus Zürich mit weltweit 1.700 Mitarbeitern, steckt nun beträchtliche Mittel in seine AOC-Gruppen in den USA und seit gut einem Jahr auch in und für Europa. In der OAC Europe zu trainieren, heißt für Farken und die neun anderen zwischen 19 und 25 Jahre alten Talente aus der Schweiz, Spanien, Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden größtmögliche Unabhängigkeit und hundertprozentige Konzentration auf das Training.

Kaum noch in Leipzig, aber tief verbunden

"Die haben alle ein Gehalt und können damit leben, werden unterstützt in allen Trainingslagern, müssen sich um die Finanzierung nicht kümmern. Physiotherapie ist immer dabei, wir haben Mentaltrainer. Der Trainer ist für alle bezahlt. Und es ist ja auch der Reiz, in so einer internationalen Gruppe zu trainieren. Konkurrent ist man eigentlich erst, wenn man bei einer WM gegeneinander läuft", erklärt Dreißigacker, vormals Leitender Bundestrainer Laufen und Gehen beim Deutschen Leichtathletikverband (DLV).

Ich bin in Leipzig geboren, hier groß geworden und der Stadt tief verbunden. Das ist also keine Konkurrenz: Ich habe ein ON-Trikot an und ein SC-DHfK-Logo drauf. Robert Farken | Sport im Osten

Jetzt ist der 34-Jährige Cheftrainer der Profi-Läufer-Gruppe, mit der er zum Beispiel ohne finanzielle Sorgen in der Schweiz und Südafrika Höhentrainingslager durchführt, wann immer es die Trainingspläne erfordern. Robert Farken ist deshalb nur noch selten in seiner Heimatstadt, läuft viel mehr in den Höhen der Schweizer Alpen. Seiner Heimatverbundenheit tut das aber keinen Abbruch: "Ich bin in Leipzig geboren, hier groß geworden und der Stadt tief verbunden. Das ist also keine Konkurrenz: Ich habe ein ON-Trikot an und ein SC-DHfK-Logo drauf."

Ingebrigtsen "aktuell eine Welt für sich"

Und wohin geht die Reise? Möglichst in die Sphären des Norwegers Jakob Ingebrigtsen, der als Olympiasieger und Europameister derzeit das Maß aller Dinge ist – und vier Sekunden schneller als Farken läuft. "Jakob ist aktuell eine Welt für sich, so ehrlich muss man sein. Und er legt die Latte immer höher. Die danach kommen, versuchen so nah wie möglich ranzukommen. Ich glaube, wenn wir alle nicht versuchen würden, mit ihm mitzuhalten, wären wir keine richtigen Sportler", umreißt der Leipziger seine Vision. Auch aus den Worten von Trainer Dreißigacker klingt Selbstbewusstsein: "Es gibt ja auch noch nach der Nummer 1 ein paar Plätze, die interessant sind. Und es muss ja nicht immer so bleiben."

Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch noch Luft nach oben ist. Farken-Trainer Thomas Dreißigacker | Sport im Osten

Robert Farkens Fabellauf Ende Mai in Rehlingen passt da auch noch aus einem anderen Grund ins Bild: "Dieses Rennen ist er ja alleine 500 Meter von vorn gelaufen", erinnert Dreißigacker und unterstreicht: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch noch Luft nach oben ist." Bei hochkarätigen internationalen Wettkämpfen wie der Diamonds League pusht sich meistens eine ganze Gruppe zu solchen Ausnahmezeiten wie den 3:32,10 min. Solo schafft das kaum einer.

Grünes Licht für WM nach Finals-"Vorsichtsmaßnahme"

Nun also die Weltmeisterschaften Mitte August in der ungarischen Hauptstadt. Farken ist trotz seines kurzfristigen Verzichts des Finals bei den Deutschen Meisterschaften vor einer Woche in Kassel optimistisch. "Es war eine Vorsichtsmaßnahme, da es Probleme mit der Achillessehne gab." Für Budapest gibt er grünes Licht. Das Erreichen des Finales wäre ein toller Erfolg, der aber noch nicht das Ende der sportlichen Träume von Robert Farken sein soll.