Auf dem Weg zum Stammspieler Eintracht Frankfurt: Mo Dahoud auf dem Weg zum Stammspieler
In letzter Minute stößt Mo Dahoud im Sommer zur Eintracht. Er gilt anfangs als reiner Ergänzungsspieler. Nach eineinhalb Monaten in Frankfurt aber drängt er darauf, diesen Status abzulegen.
Man könnte meinen, Mo Dahoud sei jemand, der in der Masse an professionellen Fußballspielern unterzugehen droht. Eher schmächtig gebaut, wenig kernig, auch öffentliche Auftritte meidet er, hat in seinem Sportlerleben überhaupt nur eine Pressekonferenz gegeben. Ein zurückhaltender Bursche, auf den ersten Blick. Auf den zweiten aber sollte dieses Bild vom Mittelfeldspieler Eintracht Frankfurts zumindest angepasst werden.
Denn wer beim Training des hessischen Bundesligisten hinschaut und zuhört, dem fällt eines auf: Mo Dahoud ist dort so ziemlich der Mittelpunkt der fußballerischen Darbietungen. Zumindest dann, wenn wie zuletzt das Gros der Frankfurter Leistungsträger auf Länderspiel-Mission rund um den Globus verteilt ist.
Was Dahoud an sich selbst nervt
Am Dienstag also ließ Eintracht-Trainer Dino Toppmöller zwei volle Stunden schuften. Mittendrin Dahoud. Hier eine laute Anweisung, dort viele, viele Ballkontakte. Immer wieder wurde der 28-Jährige von seinen Mitspielern gesucht. Dahoud, der sommerliche Last-Day-Transfer der Eintracht, stibitzte Bälle, leitete Angriffe ein, und wenn einer seiner Kollegen einen Treffer erzielte, schrie er seine Freude heraus. "Auf dem Feld bin ich laut, rede viel, manchmal nervt mich das selbst", scherzte er nach der Einheit während einer Medienrunde. Er müsse kommunizieren, um den Fokus aufrecht zu halten. "Sonst werde ich inaktiv."
Es soll an dieser Stelle nicht übertrieben werden. Dahoud ist gewiss nicht der alles überragende Mann beim Bundesliga-Dritten, da stechen andere weitaus mehr heraus. Dennoch nimmt er eine wichtigere Rolle ein, als es ihm viele bei seiner Ankunft zugetraut hatten. Ersatzspieler in Dortmund, Ersatzspieler in Brighton, Ersatzspieler in Stuttgart. Die naheliegende Erwartung: Ersatzspieler in Frankfurt.
Dahoud macht Druck auf Skhiri
Nach eineinhalb Monaten ist Dahoud jedoch auf dem Weg, diesen Status abzulegen. Auf fünf Pflichtspieleinsätze kommt er bisher, zweimal stand er in der Startelf. Das hat zum einen mit den eigenen Leistungen zu tun, die gut waren, von Selbstbewusstsein geprägt. Im Istanbuler Hexenkessel etwa dribbelte er als letzter Mann gewagt wie listig am heraneilenden Besiktas-Stürmer Ciro Immobile vorbei. Gegen die Bayern spielte er in der Schlussphase kluge Pässe. Mit einer manierlichen Technik ist der in Syrien geborene und in Deutschland aufgewachsene Dahoud zudem schon immer aufgefallen.
Zum anderen aber lassen ihn die Leistungen des internen Konkurrenten, Ellyes Skhiri, auf mehr Spielminuten hoffen. Der Tunesier hält die Form der vergangenen Saison, es ist eine höchst durchwachsene. Auch war er mit seiner Nationalmannschaft noch am Dienstagabend gegen die Komoren gefordert. Wahrscheinlich ist daher, dass Dahoud am Samstag beim Spiel in Leverkusen in der Frankfurter Startelf steht. "Ich fühle mich wohl, wir sind im Flow. Aber wenn alle gesund bleiben, geht noch mehr."
Dahoud will "etwas in der Hand haben"
Beim amtierenden Meister rechnet der "tiefe Spielmacher", wie ihn Manager Markus Krösche bezeichnete, mit einer ähnlich komplexen Aufgabe wie gegen die Bayern, trotzdem sei diese "machbar". Was deutlich wird: Dahoud traut sich und seiner Mannschaft einiges zu. Als Profi sei man sowieso stets darauf aus, am Ende einer Saison "etwas in der Hand zu haben". Was genau das sein soll, ließ er offen.
Der bis 2026 an die Hessen vertraglich gebundene Dahoud hat in seinem Fußballerleben diverse Rückschläge verdauen müssen – siehe Ersatzspieler-Status. Gerade die Zeit in der vermeintlichen Sehnsuchtsliga auf der Insel scheint ihn nicht wirklich erfüllt zu haben. "Das ist eine andere Welt", man sei in England sehr auf sich allein gestellt. "Ich bin glücklich, wieder deutschen Boden unter den Füßen zu haben. Wir sind gerade in Sachen Atmosphäre in der Bundesliga verwöhnt."
Er selbst sei in der Vergangenheit dazu gedrängt worden, seinen risikoreichen Spielstil zu verändern, was er zwischenzeitlich versucht habe. Doch: "Jeder hat auf dem Platz seine eigene Fantasie. Und die möchte ich mir nicht mehr nehmen lassen." Worte eines selbstbewussten Fußballers.