Ben Manga

Ben Manga im exklusiven Interview Ben Manga im Exklusiv-Interview: "Das ist etwas, das ich nicht vergessen werde"

Stand: 30.01.2023 19:14 Uhr

Mehr als sechs Jahre arbeitete Ben Manga für Eintracht Frankfurt. Seit zwei Monaten ist er nun in Diensten des FC Watford. Wie es zu dem Wechsel kam, berichtet er im großen Interview.

Von Juli 2016 bis Dezember 2022 war Ben Manga für Eintracht Frankfurt tätig, erst als Chefscout, später als Direktor Profifußball. Nun wechselte er zum FC Watford in die zweite englische Liga. Wieso er diesen Schritt wagte, was er an seiner Arbeit schätzt und warum er die Hessen verließ, erklärt er im exklusiven Interview.

Manga im heimspiel!

Die Aussagen von Ben Manga sind das große Thema im heimspiel! am Montag (23.15 Uhr im hr-fernsehen, schon vorher bei Youtube und in der Mediathek). Dazu diskutieren Eintracht-Reporter Christopher Michel und Scout Lars Mrosko.

hessenschau.de: Was hat bei Ihnen den Ausschlag gegeben, zum FC Watford zu gehen?

Ben Manga: Es kommt bei mir immer auf die Aufgabe an. Ich war lange als zweiter Mann unterwegs und habe jetzt entschieden, dass ich mehr Verantwortung haben möchte.

hessenschau.de: Im Dezember haben Sie die Eintracht nach mehr als sechs Jahren verlassen. Wie kam es zu dem Abgang?

Manga: Manchmal ändern sich eben die Dinge. Bei der Eintracht war es der Fall, dass sich nach dem Abgang von Fredi Bobic die sportliche Abteilung änderte. Markus Krösche kam und es war soweit alles in Ordnung. Nur irgendwann haben wir gemerkt, dass die Ansätze unterschiedlich waren. Menschlich haben wir uns gut verstanden. Wir haben nur gemerkt, dass wir andere Ansätze haben.

hessenschau.de: Könnten Sie die unterschiedlichen Ansätze vielleicht etwas erläutern? Man hört ja, dass Markus Krösche sehr auf den Faktor Daten setzt, während Sie sich viele Spieler ansehen wollen. Ist das richtig zusammengefasst?

Manga: Ja, ich war mein Leben lang im Scouting tätig. Wir waren viel unterwegs und haben die Spieler auf dem Platz gesehen. Ich habe nichts gegen Daten, absolut nichts, aber meine Arbeitsweise ist es eben zu reisen, im Stadion zu sitzen und Sachen mitzubekommen. Das ist etwas, was ich aus meiner Sicht durch die Daten nicht habe. Ich habe eben eine andere Arbeitsweise, das ist mein Weg und der geht nun in England weiter.

hessenschau.de: Sie sind ja nicht alleine nach England gewechselt. Helena Costa ist Ihnen unter anderem gefolgt, wie auch weitere Scouts. Dafür hat die Eintracht nun wohl Scouts aus Leipzig nach Frankfurt gewechselt. Manch Eintracht-Fan hat nun Angst, dass es nicht mehr so erfolgreich weitergeht. Können Sie Ihnen diese Angst nehmen?

Manga: Eintracht Frankfurt ist ja nicht Ben Manga. Jeder Verein hat eine Scouting-Abteilung, die überall in Deutschland gut geführt wird. Auch in Leipzig. Deren Ansatz ist ja nicht verkehrt. Der Ansatz von der Eintracht zu meiner Zeit war ja auch nicht verkehrt. Am Ende führt jeder Weg zu Zielen. Ich denke, dass die Eintracht mit Markus einen guten Mann hat. Markus wird den Verein auch weiterbringen. Und meine Aufgabe ist es nun eben, Watford weiterzubringen.

hessenschau.de: Die Eintracht wurde früher für ihr Scouting belächelt. Wie war das, als Sie angefangen haben?

Manga: Das war schon sehr spaßig. Ich habe eine Abteilung vorgefunden mit einem Chefscout und einem Scout. Das war es. Ich habe mich schon gewundert, dass es so wenige Scouts waren. Ich habe Fredi Bobic gesagt, dass das aber auch gut ist, weil ich unsere Ideen komplett umsetzen konnte und auf niemanden Rücksicht nehmen musste. Ich denke, dass haben wir in all den Jahren gut gemacht.

hessenschau.de: Was muss denn eigentlich ein guter Scout können?

Manga: Naja, man ist dann ein guter Scout, wenn die Mannschaft Erfolg hat. Es ist natürlich aber auch viel Vertrauenssache. Man muss sich fragen, was für einen Fußball der Verein sehen will. Ein Beispiel: Ajax Amsterdam spielt immer Offensiv-Fußball im 4-3-3. Da muss der Scout schauen, was in dieses System passt. Atletico Madrid andererseits spielt beispielsweise aggressiven Fußball. Da muss ein Scout andere Spielertypen scouten. In Frankfurt wollten wir unter Fredi Bobic vor allem Mentalitäts-Fußball sehen. Danach haben wir Spieler gesucht. Es galt: Mentalität vor Talent.

hessenschau.de: Wie bekommt man denn raus, ob ein Spieler Mentalität hat?

Manga: Indem man die Spieler eben häufig im Stadion sieht und indem man sie und ihre Familien vorher schon kennt. Solche Sachen sehe ich eben nicht im Video, so etwas muss ich live vor Ort sehen. Wie macht der Spieler sich warm? Wie sind seine Gesten? Wie reagiert er bei verschiedenen Spielsituationen? Daher bleibe ich auch bei meinem Weg - der Erfolg gibt uns ja auch nicht Unrecht. Klar ist aber auch: Auch der andere Weg ist erfolgreich.

hessenschau.de: Wie sah Ihre Arbeit bei der Entdeckung von Randal Kolo Muani aus?

Manga: Randal hatte ich schon lange vorher auf dem Zettel. Scouting findet ja immer vorher statt. Mit seinem Berater war ich daher schon eineinhalb Jahre vorher in Kontakt.

hessenschau.de: Können Sie sich denn noch an den ersten Kontakt mit Randal erinnern?

Manga: Das weiß ich noch, das werde ich aber hier nicht erzählen.

hessenschau.de: Ok, akzeptiert. Dann eben anders gefragt: Wie kommen Sie auf solche Spieler?

Manga: Durch Netzwerk und viele Informationen. Deswegen habe ich auch ein so großes Scouting-Team. Man ist ja nicht alleine auf der Welt. Viele Spieler verfolgen wir dann schon seit der Jugend und irgendwann ist der Zeitpunkt da, wo man sie verpflichten kann.

hessenschau.de: Lassen Sie uns noch einmal bei Kolo Muani bleiben. Was trauen Sie ihm noch zu? Kann er einmal das Prädikat Weltklasse besitzen?

Manga: Er hat auf jeden Fall das Zeug dazu. Er ist ein kompletter Stürmer, dazu noch jung und noch nicht fertig. Er hat die richtige Mentalität und sportlich alles, was man braucht. Ich traue ihm Vieles zu. Er muss halt das, was er gerade leistet, bestätigen. Das ist noch ein ganz weiter Weg für ihn.

hessenschau.de: Was würden Sie ihm raten? Soll er im Sommer noch bei der Eintracht bleiben? Oder sollte er den Schritt zu einem noch größeren Verein wagen?

Manga: Das muss er selbst entscheiden. Ob ich ihm das zutraue? Ja. Wenn er sich das aber selbst noch nicht zutraut, sollte er bei der Eintracht bleiben. Nur er kann sagen, wie stark er sich fühlt und ob er den Konkurrenzkampf annehmen möchte.

hessenschau.de: Dann lassen Sie uns zum Schluss doch noch einmal zurück auf Ihre Zeit in Frankfurt schauen. Wie würden Sie die Jahre bewerten und was werden Sie vermissen?

Manga: Es war eine sehr schöne Zeit mit beispielsweise den beiden Pokalen, aber auch den Menschen im Verein. Der Verein ist sehr, sehr gewachsen. Was ich vermissen werde, sind die Eintracht-Fans. Sie haben mir immer die vollste Unterstützung gegeben, dafür möchte ich ihnen danken. Auch als ich gegangen bin, habe ich keine negativen Rückmeldungen bekommen. Das ist etwas, das ich nicht vergessen werde.

Das Gespräch führte Sebastian Rieth