Thomas Bach
kommentar

Russen bei Olympia 2024 Bachs Friedensmission und die Realität

Stand: 08.12.2023 19:00 Uhr

Die IOC-Entscheidung, Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus für Olympia 2024 unter Auflagen zuzulassen, ist keine Überraschung. Ein Kommentar.

So war es am Ende nur eine Frage der Zeit, wann das Internationale Olympische Komitee grünes Licht für die Athleten aus Russland und Belarus geben würde. Wer sich Mitte Oktober bei der Generalversammlung des IOC im indischen Mumbai umhörte, dem war schnell klar, wohin die Reise für die Sportler aus Russland und Belarus gehen würde: im kommenden Sommer nach Paris, als neutrale Einzelsportler ohne Hymnen und Flaggen.

Dauerkrise für Bach

Zu groß der Wille der IOC-Führung unter seinem deutschen Präsidenten Thomas Bach, der gebetsmühlenartig für die Friedensmission der Olympischen Bewegung wirbt: Olympias einende Kraft habe sich schon immer über Konflikte hinweggesetzt und Türen für Verständigung geöffnet, so Bach. Außerdem dürfe kein Sportler für die Handlungen seiner Regierung bestraft werden. Mit beidem liegt er nicht falsch.

Aber zur Wahrheit gehört auch, dass selten ein Konflikt mit solcher Wucht den Olympischen Frieden erschüttert hat wie der nun knapp 22 Monate andauernde Konflikt in der Ukraine. Doch die Stimmen, die gegen eine Zulassung waren, wurden zum Schluss immer weniger.

Sogar der Deutsche Olympische Sportbund schwenkte am vergangenen Wochenende auf den IOC-Kurs, übrigens kritisiert von der Sportlervertretung "Athleten Deutschland". Und auch international gibt es noch Sportfachverbände, die sich gegen die Zulassung von Athleten aus Russland und Belarus sträuben, allen voran die Leichtathletik unter seinem Präsidenten Sebastian Coe. Das sorgt für einen Flickenteppich im internationalen Sport mit Verbänden, die Athleten aus Russland und Belarus zulassen und solchen, die da noch ein paar Fragen haben: Wie lässt sich nachweisen, dass Sportler den Krieg gegen die Ukraine nicht unterstützen oder mit dem Militär verwoben sind? Sind Russlands Sportler, in Dopingfragen seit einem Jahrzehnt dauerhaft in Verruf, sauber?

Einheit und Frieden oder Krach und Zwietracht?

Doping, Kritik an Gigantismus und Korruption, Corona und jetzt der Krieg in der Ukraine. Das Olympia des Thomas Bach steckt seit seinem Amtsantritt vor zehn Jahren in einer Art Dauerkrise, zum Teil auch hausgemacht. Verständlich der Wunsch des hundertprozentigen Olympioniken Thomas Bach, nach glanzvollen Spielen im kommenden Sommer in Paris als Krönung seiner Amtszeit oder vielleicht auch als Bewerbung, über 2025 hinaus weiterzumachen.

Paris wird zeigen, ob der heutige IOC-Beschluss wirklich der Einheit und dem Frieden in der Olympischen Familie dient oder ob er nicht doch ein Keim für Krach und Zwietracht ist.

Zerreißprobe für den Sport

Robert Kempe, Sport inside, 01.10.2023 22:45 Uhr