Olympia | DEB-Team Eishockey vor Olympia: Tage zählen, Luft anhalten

Stand: 14.01.2022 13:40 Uhr

Christian Künast freut sich als Sportdirektor des Deutschen Eishockey Bundes (DEB) auf die Pandemie-Spiele von Peking. Allen Bedenken und Sorgen zum Trotz. Und dennoch muss der ehemalige Nationaltorhüter noch einige Tage lang die Luft anhalten - im übertragenen Sinne.

Vor ziemlich genau 20 Jahren flog die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft zu den Olympischen Winterspielen nach Salt Lake City. Das war vielen Spielern damals nicht geheuer, denn die Terroranschläge des 11. September 2001 lagen noch nicht weit zurück. Die USA waren verwundet und verunsichert. Und jedem war klar: Diese Spiele konnten nur unter extremen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.

Kontrollen wurden Alltag

Damals saß Christian Künast an Bord des deutschen Olympiafliegers. Es waren seine ersten Spiele. Er war damals knapp 30 und in der Form seines Lebens. 20 Jahre später ist es Zeit für das Murmeltiergefühl. "Daran habe ich noch gar nicht gedacht", sagt Künast nach einer kurzen Pause. "Aber es stimmt: Die Sicherheitsvorkehrungen in den USA waren damals extrem." Und nach einer weiteren Pause: "Aber auch diese täglichen, intensiven Kontrollen waren dann irgendwann Alltag."

Nervosität steigt langsam

Im aktuellen Alltag als DEB-Sportdirektor zählt Künast im Moment die Tage. Noch etwas mehr als zwei Wochen, dann endlich ist die so genannte Vorbereitungsphase erreicht. Dann werden sich die Olympiafahrer in Mannheim treffen, und nach einem Kurz-Trainingslager geht es weiter in die chinesische Hauptstadt. "Wahrscheinlich werde ich immer nervöser je näher der Tag des Abflugs kommt", sagt Künast, der sich im Moment noch recht gelassen gibt.

Der Worst Case ist dabei kein dystopisches Szenario: Eine Teamquarantäne etwa für Berlin, Mannheim oder München und die Nationalmannschaft hinge, im übertragenen Sinne, am Tropf der zuständigen Gesundheitsämter. "Seit zwei Jahren mache ich nichts anderes als für alle Trainingslager oder Turniere einen Plan B oder einen Plan C zu entwickeln", beschwichtigt Künast. "Wir sind auf alles vorbereitet."

Nur eine Olympia-Absage

Einmal pro Woche schalten sich Trainer, Sportdirektor und Spieler in einer Videokonferenz zusammen, um einander auf den neuesten Stand zu bringen. Aktuell befinden sich 35 Namen auf der nicht-öffentlichen Olympialiste des DEB. Zehn Spieler werden noch gestrichen, niemand wird jetzt mehr freiwillig verzichten.

"Wir haben seit dem Sommer nur einen einzigen Spieler gehabt, der nicht mit nach Peking kommen wollte“, sagt Künast und berichtet von der wachsenden Vorfreude im Trainerstab und im Team. "Es ist und bleibt eine großartige Bühne für unseren Sport, die wir unbedingt nutzen wollen."

Enge Testung vor den Spielen

Mit Corona-Problemen in Peking rechnet Künast nicht. Vier und drei Tage vor dem Abflug müssen die Spieler noch einen PCR-Test absolvieren, direkt nach der Ankunft den nächsten. "Wenn wir erst einmal da sind, dann wird nicht mehr viel passieren", hofft der DEB-Sportdirektor. Und falls doch, dann würden die Betroffenen ein angemessenes Quarantäne-Quartier vorfinden. "Ein Apartment mit 25 Quadratmetern, Frischluftzufuhr, drei bis vier Mahlzeiten und englisch sprachiger Betreuung."

Rodel-Generalprobe als Warnung

Das wäre dann ein deutlicher Fortschritt gegenüber Tokio und auch gegenüber der olympischen Rodel-Generalprobe, als der vierfache Olympiasieger Tobias Arlt nach einem fehlerhaften Test in eine Kakerlaken-Kammer gesperrt wurde. "Dafür ist eine Generalprobe ja auch da, dass man die Dinge danach besser machen kann", sagt Christian Künast mit einem Optimismus, den man sich früher als Torhüter der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft zulegen musste. "Ich habe jedenfalls keine Angst vor irgendwas."

Und doch bleibt die Frage: Muss das wirklich alles sein? Wäre eine Absage oder zumindest eine Verschiebung nicht sinnvoller gewesen? Vor allem, nachdem die National Hockey League ihren Spielern kurz vor Weihnachten die Freigabe verweigert hatte? Vielleicht, sagt Künast nachdenklich. "Es ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann." Dann denkt er noch mal zurück an 2002, an die Hochsicherheitsspiele von Salt Lake City. "Am Ende haben alle Aktiven gesagt, dass es einzigartig und großartig war."

"Und so wird’s auch jetzt wieder sein", schiebt er noch hinterher. Das Prinzip Hoffnung hatte im deutschen Eishockey schon immer ein wärmendes Zuhause.