WM-Sprint Lückenkemper fliegt wieder - "Das wird ziemlich geil"
Gina Lückenkemper hat es lange vermisst. Dieses Gefühl, über die Bahn zu fliegen. Nach vier harten Jahren hat die deutsche Sprinterin wieder die Elf-Sekunden-Marke geknackt. Aber was ist drin bei der WM in Eugene?
"Es wird schnell. Es wird richtig schnell", prognostizierte die 25-Jährige mit Blick auf das Treffen der besten Sprinterinnen der Welt in Eugene. In 10,99 Sekunden holte Lückenkemper vor rund drei Wochen bei den Deutschen Meisterschaften den Titel und meldete sich eindrucksvoll zurück. Schneller war sie nur bei der EM vor vier Jahren im Halbfinale und im Finale in je 10,98 Sekunden sowie bei der WM 2017 in London in 10,95 Sekunden.
"Die Kinnlade runtergefallen"
Dass sie mit dieser Zeit dennoch nur Platz 32 der Weltjahresbestenliste belegt, ficht Lückenkemper nicht an. Auch wenn ihr angesichts der Zeiten der US-Sprinterinnen bei den Trials "erst einmal die Kinnlade runtergefallen" sei.
"Ich fühle mich richtig gut und habe hier noch mal richtig geile Trainingseinheiten gehabt, mit Trainingsbestleistung", sagte sie vor ihrem ersten WM-Auftritt am Sonntag (2.10 Uhr MESZ, im Liveticker bei sportschau.de) über die 100 m. "Es läuft und macht richtig Spaß. Das wird ziemlich geil."
Die EM-Zweite von 2018 ist wieder in Topform. "Endlich sind mein Körper, mein Kopf und ich uns wieder einig", schrieb Lückenkemper Mitte Juni auf Instagram, als sie in Wetzlar 11,04 Sekunden gelaufen war. In Berlin fiel dann auch wieder die Elf-Sekunden-Marke. "Es hat sich angefühlt wie fliegen", sagte sie. Alles war im "Flow". Was so schwer ist, fühlte sich ganz leicht an. "Dann merkt man: geil", schwärmte Lückenkemper.
Es schwang eine gehörige Portion Erleichterung mit - nach einigen Verletzungen, Anfeindungen und Beleidigungen in den sozialen Medien in den vergangenen Jahren. Das sei schon "krass" gewesen.
Seit 2019 in Florida - "Jedes Training tut weh"
Der Anlauf zurück in die erweiterte Weltspitze war weit und hat Lückenkemper in die USA geführt. Seit November 2019 trainiert sie bei Lance Braumann in Florida und hat an der Seite von Stars wie 200-m-Weltmeister Noah Lyles oder 400-m-Olympiasiegerin Shauna Miller-Uibo andere Dimensionen der Trainingsintensität und -vielfalt kennengelernt. "Jedes Training tut weh. Laktat-Schmerz lässt grüßen", so Lückenkemper. "Da will man sich keine Blöße geben und zeigen, dass man zu Recht in der Gruppe ist."
Die Schinderei in Florida zahlt sich jetzt aus. In Eugene will die deutsche Sprinthoffnung zeigen, dass sie noch zulegen kann. Ihre Bestzeit von 10,95 Sekunden würde immerhin für Rang 19 in der Weltjahresbestenliste reichen.
Vielleicht geht was mit der Staffel
Ohnehin sei ein Rennen unter elf Sekunden "noch immer etwas Besonderes", versicherte sie. Auch wenn die Weltelite um Jamaikas Dauersiegerin und Gold-Favoritin Shelly-Ann Fraser-Pryce, die mit 10,67 Sekunden das Maß der Dinge ist, in anderen Sphären sprintet. Die Qualifikation für das WM-Finale wäre ein kleines Wunder.
Aber vielleicht geht ja was mit der Staffel. Mit jeweils Rang fünf bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr sowie bei der WM 2019 in Doha hat das DLV-Quartett bei den jüngsten Großereignissen eine gute Rolle gespielt. Das könnte auch diesmal so sein. Vor allem, wenn Lückenkemper wieder über die Bahn fliegt.