Die US-amerikanische Läuferin Nikki Hiltz

Start bei der Leichtathletik-WM Nikki Hiltz - ohne Geschlechtsidentität, aber mit Leidenschaft für Anerkennung

Stand: 20.08.2023 07:15 Uhr

Mit Nikki Hiltz aus den USA startet ein Mensch ohne Geschlechtsidentität bei der WM. Hiltz kämpft auch um Anerkennung queerer Menschen.

Nikki Hiltz startet über die 1.500 m der Frauen. Hiltz wurde bei der Geburt weiblich zugeordnet, identifiziert sich jedoch nicht mit einem der beiden binären Geschlechter, sondern sieht sich als nicht-binär. 2021 machte Hiltz das öffentlich und sagte: "Es fühlt sich an, als wäre eine Last von mir gefallen."

Nun ist Hiltz bei der WM 2023 in Budapest dabei - auch für die LGBTQIA+-Gemeinschaft. Am Sonntag (20.08.2023) startet Hiltz um 17.17 Uhr im zweiten von zwei Halbfinalläufen. In einem Vorlauf kam Hiltz in 4:03,76 Minuten auf Platz drei.

Transfrauen dürfen nur starten, wenn sie keine männliche Pubertät hatten

Der Start von transgender und nicht-binären Menschen hat den Sport insgesamt in den vergangenen Monaten beschäftigt. Die Annahme in vielen Verbänden: Wenn eine Transfrau eine männliche Pubertät durchlebt hat, hat sie möglicherweise Vorteile bei einem Start in der Frauen-Kategorie. Gleichzeitig darf Sport nicht diskriminierend sein. Fairness und Inklusion zu vereinigen, ist eine schwierige Aufgabe für die Verbände.

Der Leichtathletik-Weltverband ging strikt vor. Seit März gilt faktisch ein Startverbot für Transfrauen in den Frauen-Wettbewerben. Wer die männliche Pubertät durchläuft, darf nicht starten. Die Transition von Mann zu Frau müsste theoretisch also vorher abgeschlossen sein, um starten zu können. Eine ähnliche Regelung erließ der Schwimm-Weltverband.

Das Council des Verbands sei sich einig gewesen, dass es geleitet sein müsse von "unserem übergeordneten Prinzip, die Frauen-Wettbewerbe zu schützen", sagte Verbandspräsident Sebastian Coe. Er kündigte eine Arbeitsgruppe an, die sich weiterhin mit der Forschung zum Thema Transgender beschäftigen werde.

Weltverbands-Präsident Sebastian Coe

Weltverbands-Präsident Sebastian Coe.

Hiltz bei der WM 2019 auf Platz 19

Nikki Hiltz lief schon bei der WM 2019 über 1.500 m und belegte damals in 4:01,52 Minuten Platz 19. Am 10. Juli gewann Hiltz in Eugene (Oregon) die US-Meisterschaft in 4:03,10 Minuten - es war die Qualifikation für die WM. "Ich habe einfach das Gefühl gehabt, dass die LGBTQ+-Community einen Sieg braucht", sagte Hiltz nach dem Rennen.

Am 21. Juli lief Hiltz über eine Meile in Monaco in der Diamond League in 4:16,35 amerikanischen Rekord und schrieb bei X: "Dieser Rekord ist für meine Trans-Familie. Ihr gehört überall dazu." Dies sei in einem Jahr passiert, in dem die USA einen Rekord in der Verabschiedung von LGBTQ+- und transfeindlichen Gesetzen aufgestellt hätten, schrieb Hiltz. Der Verweis gilt mehreren Gesetzen in verschiedenen Bundesstaaten, die beispielsweise Operationen zur Geschlechtsangleichung verbieten oder die Unterstützung von Transkindern durch ihre Eltern als Misshandlung unter Strafe stellen.

Noch keine Geschlechtsangleichung - Olympia ist das Ziel

Die neue Regelung des Weltverbands betrifft auch Hiltz. Eine Geschlechtsangleichung ist das Ziel, doch dafür bräuchte es eine Behandlung mit Testosteron. Und eine weitere Neuregelung des Weltverbands besagt, dass Menschen mit Variationen in der Geschlechtsentwicklung ihren Testosteronwert im Blut auf 2,5 mmol pro Liter absenken müssen.

Für Hiltz kommt eine Geschlechtsangleichung daher noch nicht in Frage, denn Olympia 2024 ist das Ziel. "Im Moment fühlt es sich für mich noch in Ordnung an, in der Frauenkategorie zu starten", sagte Hiltz der New York Times. "Aber in dem Moment, in dem das nicht der Fall ist, werde ich mich nicht für meinen Sport opfern. Ich werde die Beziehung zu mir selbst vor meine Beziehung zur Leichtathletik stellen."

Die US-amerikanische Läuferin Nikki Hiltz in Budapest während der Leichtathletik-WM 2023.

Ungarn: Schwieriges Umfeld für queere Menschen

Nun gilt der Fokus aber der WM in Budapest. Für queere Menschen ist Ungarn kein einfacher Ort. 2021 hatte Ungarns Parlament ein Gesetz "zur Informationsbeschränkung für Homosexualität" beschlossen, die EU-Kommission klagt dagegen. In Budapest werden neben Hiltz mindestens acht queere Menschen bei der WM antreten.

"In allen Sportarten gibt es queere Sportler", sagte Hiltz der Nachrichtenagentur AP. Es sei "schade", dass solche Länder immer wieder Veranstaltungen zugesprochen bekämen. Hiltz wünscht sich in dieser Hinsicht "Bedingungen bei der Vergabe an die Gastgeber" für den Umgang mit queeren Menschen. "Aber das ist nicht der Fall."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 20.08.2023 | 07:00 Uhr