Wilma Rudolph gewinnt das 200-m-Rennen bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom

"Schneller als der Wind" Wilma Rudolph - die Sprint-Königin von Rom

Stand: 03.06.2024 10:27 Uhr

Schnell und grazil: Mit leichtfüßiger Eleganz erobert US-Sprinterin Wilma Rudolph bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom die Herzen der Fans - und drei Goldmedaillen. Die eigentliche Sensation: Von ihren Schicksalsschlägen in Kindertagen ist dabei nichts mehr zu sehen.

Unter den Zuschauern im Olympiastadion von Rom ahnt wohl keiner, welchen Leidensweg der 20 Jahre alte Sprintstar hinter sich hat. Rudolph kommt am 23. Juni 1940 als kränkliches "Frühchen" zur Welt, wiegt gerade einmal zwei Kilogramm. Sie erkrankt an Kinderlähmung, Lungenentzündung und schließlich auch noch an Scharlach. Zwei Jahre ihrer Kindheit verbringt die kleine Wilma im Bett. Erst mit sechs kann das 20. von 22 Kindern einer ärmlichen Familie in Tennessee wieder laufen - aber nur mit einer Schiene.

Im Laufrausch zum Weltrekord

Langsam und dank aufopfernder Hilfe ihrer Geschwister, die sie Tag für Tag massieren, kann sich Wilma von ihrem Handicap befreien. Sie ist elf Jahre alt, als ihre Mutter sie eines Tages Basketball spielen sieht - und erstaunt ist von den Fähigkeiten der jungen Wilma. Diese macht nicht nur unter dem Korb eine gute Figur - sie entdeckt dabei auch ihre Lust am Laufen. Die erkennt auch Leichtathletik-Coach Ed Temple, der die Schülerin betreut und ihre Stärken fördert. Für Wilma wird Laufen zur Befreiung, regelrecht zum Rausch. Im Alter von 16 Jahren holt sie über 4x100 Meter Staffel-Bronze bei den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne.

Erste Frau unter 23 Sekunden über 200 Meter

Schon vor ihrem Triple-Gold in Rom schreibt Wilma Sportgeschichte: Bei den US-Meisterschaften am 9. Juli 1960 in Corpus Christi (Texas) pulverisiert sie den 200-Meter-Weltrekord von Betty Cuthbert (23,2 Sekunden) und erzielt als erste Frau der Welt in 22,9 eine Zeit unter 23 Sekunden.

Wenige Wochen später wird sie bei den Spielen in der "Ewigen Stadt" ihrer Favoritenrolle mit der spielerischen Leichtigkeit gerecht, die die Menschen an ihr fasziniert. Rudolph holt Gold über 100 und 200 Meter und führt die 4x100-Meter-Staffel der USA als Schlussläuferin zum Sieg - vor dem deutschen Quartett.

Am Vorabend des 100-Meter-Finals verstaucht sie sich noch den Knöchel - und triumphiert trotzdem im Finale. In 11,0 Sekunden. Weltrekord, hätte der Wind nicht mit 2,47 Metern pro Sekunde heftiger geblasen, als es die Regeln erlauben (2 m/s). Doch das ficht Wilma Rudolph nicht an: "War ich nicht schneller als der Wind?", fragt sie mit einem Lächeln.

Ruhmreiche Sozialarbeit

Ein Jahr nach ihrem 100-Meter-Weltrekord von Stuttgart (11,2) und nur zwei Jahre nach den Spielen von Rom beendet Wilma Rudolph ihre kurze, erfolgreiche Karriere. Vier Kindern schenkt sie das Leben. 1974 wird sie als erste Schwarze in die Hall of Fame der US-Leichtathleten aufgenommen. Die von ihr ins Leben gerufene Wilma-Rudolph-Stiftung unterstützt schwarze Nachwuchsathletinnen. Am 12. November 1994 stirbt stirbt sie im Alter von 54 Jahren in Nashville (Tennessee) an einem Gehirntumor.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 07.06.2024 | 09:55 Uhr