Uli Hoeneß

WM 2006 Sommermärchen-Prozess: Hoeneß als Zeuge vorgeladen

Stand: 07.03.2024 14:55 Uhr

Uli Hoeneß soll im Sommermärchen-Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt/Main aussagen.

Richterin Eva-Marie Distler sagte zum Auftakt des zweiten Prozesstages am Donnerstag (07.03.2024), dass der Ehrenpräsident des Rekordmeisters Bayern München für den 15. April als Zeuge geladen wurde. Grund dafür sind Aussagen von Hoeneß aus den Jahren 2020 und 2021.

Damals deutete der mittlerweile 72-Jährige in einem TV-Interview und einem Podcast an, dass er wisse, warum es die dubiosen Millionenzahlungen rund um die Fußball-WM 2006 in Deutschland gegeben habe. "Wenn man sich so prominent einlässt, muss man das vielleicht auch vor Gericht erläutern", begründete Distler ihre Maßnahme.

Zwanziger kritisiert erneut Justizbehörden

Der Prozess wird am 28. März fortgesetzt, dann werden die Anwälte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu Wort kommen. Am vierten Prozesstag soll dann Hoeneß erscheinen. "Ich höre mir Hoeneß in aller Ruhe an", sagte der angeklagte Theo Zwanziger, der erneut die Justizbehörden scharf angriff: "Wir werden zum Schluss aber das Ergebnis hören, dass es 2006 keine Steuerverkürzung gegeben hat - geschweige denn eine Steuerhinterziehung." Süffisant ergänzte Zwanziger, dass er demnächst Lothar Matthäus als Zeugen vorschlagen werde.

Am Donnerstag sagten neben Zwanziger auch die anderen angeklagten früheren DFB-Spitzenfunktionäre aus. Den ehemaligen Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie dem langjährigen Generalsekretär Horst R. Schmidt werden "Hinterziehung bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB" zur Last gelegt.

Im Fokus: die ominösen 6,7 Millionen Euro

Niersbach, Zwanziger und Schmidt, die wie der verstorbene Franz Beckenbauer dem WM-Organisationskomitee angehörten, weisen die Vorwürfe zurück. Die Ermittlungen zu den undurchsichtigen Geldflüssen rund um die WM 2006 ziehen sich bereits mehrere Jahre hin. In Frankfurt geht es um die ominösen 6,7 Millionen Euro, die als Betriebsausgabe für eine Gala deklariert wurden.

Das Geld wurde 2005 vom Organisationskomitee über den Weltverband FIFA mutmaßlich an den früheren adidas-Chef und inzwischen verstorbenen Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren FIFA-Funktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.

Niersbach-Anwalt beantragt Einstellung des Prozesses

Schmidt erläuterte noch einmal seine bereits bekannte Version, wonach die 6,7 Millionen Euro erst fließen mussten, um den WM-Zuschuss der FIFA in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken zu erhalten. Niersbach betonte, in den ganzen Ablauf nicht involviert gewesen zu sein: "Niemals hätte ich den Erfolg dieser großartigen Veranstaltung durch ein Verhalten gefährdet, wie es mir hier vorgeworfen wird."

Die Anwälte von Niersbach und Schmidt hatten am Ende des ersten Prozesstages die Verfahrens-Einstellung beantragt. Sollte es dazu kommen, will die Staatsanwaltschaft voraussichtlich den weiteren juristischen Weg beschreiten.

Zuvor hatte sich die Staatsanwaltschaft offen für eine außergerichtliche Einigung gezeigt. Distler gab zu Protokoll, dass sie sich einem vorzeitigen Prozess-Ende "nicht verschließe", der "richtige Zeitpunkt" dafür aber noch nicht gekommen sei. Deshalb sind weiterhin 24 Verhandlungstage bis zum 28. Oktober angesetzt.

Der "Sommermärchen-Prozess"

Den drei Angeklagten Theo Zwanziger, Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach wird Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall zur Last gelegt. Sie hatten eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung des DFB für das Jahr 2006 als Betriebsausgabe angegeben. Damit hätte sie eine geringere Steuerschuld zur Folge gehabt. Die Staatsanwaltschaft geht jedoch davon aus, dass der Grund der Zahlung (Zuschuss für eine Gala der FIFA, die nie stattfand) den wahren Zweck verschleiern sollte. Sie erkennt die gewinnmindernde Ausgabe nicht als solche an und geht daher von Steuerhinterziehung aus.

Die Angeklagten beteuern ihre Unschuld.